20 Jahre Wikipedia

Wissen für alle - aus westlicher Perspektive

09:25 Minuten
Durch eine Lupe ist das Logo der Online-Enzyklopädie Wikipedia zu sehen.
Wikipedia wurde am 15. Januar 2001 als gemeinnütziges Projekt zur freien Wissensvermittlung gegründet. © picture alliance / Eibner-Pressefoto | Fleig / Eibner-Pressefoto
Jascha Hannover im Gespräch mit Dieter Kassel |
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Am 15. Januar feiert die Online-Enzyklopädie Wikipedia ihren 20. Geburtstag. Hat sie ihr Versprechen einer uneingeschränkten Wissensvermittlung eingelöst? Nur zum Teil, erklärt Jascha Hannover, Co-Autor eines Dokumentarfilms über Wikipedia.
Bis heute steht Wikipedia für die frühe Utopie des Internets, das Wissen der Welt für alle verfügbar zu machen. Realität geworden ist dieses Versprechen aber nur zum Teil, berichtet Jascha Hannover. Zusammen mit Lorenza Castella hat er eine Dokumentation über die Online-Enzyklopädie gedreht, die anlässlich des 20. Geburtstags von Wikipedia auf Arte ausgestrahlt wird.

Quellen über Afrika von weißen Kolonialisten

Zum einen hätten die Menschen in verschiedenen Teilen der Welt unterschiedliche Zugangsmöglichkeiten zum Internet und damit auch zu Wikipedia, so Hannover. Problematisch sei zum anderen aber auch die Struktur der Online-Enzyklopädie - "was sie für relevant erachtet und welche Quellen sie akzeptiert. In diesen Fragen ist die Wikipedia dann doch nach einem sehr westlichen Verständnis aufgebaut."


So gebe es beispielsweise das Dilemma der strengen Qualitätssicherung, die nur schriftliche Quellen akzeptiere. Im afrikanischen Raum lägen jedoch oftmals nur mündliche Überlieferungen vor, weshalb die Geschichte bestimmter Kulturen auf Wikipedia nicht richtig erzählt werden könne, hat Hannover bei der Recherche herausgefunden - "weil dann sind die einzigen Quellen, die vorliegen, die der weißen Kolonialisten sind" - mit entsprechend eingeschränkter Perspektive.

Rassistische Wissensproduktion

Jascha Hannover folgert: "Wenn die Wikipedia diesen Rucksack der Geschichte und der Geschichtsschreibung und der eurozentristischen, oftmals auch rassistischen Wissensproduktion überkommen will, dann muss sie dieses Problem mit der Oralität irgendwie lösen. Da kann man jetzt gespannt sein, was sich die Community und auch die Wikimedia Foundation in den kommenden Jahren überlegt."
Ein Erfolgsprojekt sei Wikipedia aber dennoch, sagt der Filmemacher. Unter den meistgeklickten Websites der Welt sei sie "sicherlich die sympathischste Form, weil es ja kein großer Konzern ist, sondern nach wie vor ein Non-Profit-Unternehmen". Auch habe die Enzyklopädie inzwischen alle Teile des Alltags durchdrungen. Sie stehe nun vor der massiven Herausforderung, sich zu modernisieren, um "diesem hohen Anspruch, den sie hat - dem Wikipedia-Versprechen - gerecht zu werden".
(cmk)
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