"Ich bin ausgeschöpft bis zum Grunde"
Charlotte Brontë wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Ihre Erfahrungen als Erzieherin und einer unglücklichen Liebe verarbeitete sie in mehreren Romanen. Erst mit "Jane Eyre" gelang ihr der späte Durchbruch - und das späte Glück. Vor 200 Jahren wurde Charlotte Brontë geboren.
O-Ton Ausschnitt aus dem Hörspiel "Jane Eyre":
Jane Eyre: "Ich werde nicht die Ihre sein, Mr. Rochester."
Mr. Rochester: "Du verdammst mich zu einem Leben im Unglück und zu einem Tod als Verfluchter?"
Jane Eyre: "Wir sind dazu geboren, um zu kämpfen und zu dulden. Sie genauso wie ich. Also tun Sie's!"
Mr. Rochester: "Du verdammst mich zu einem Leben im Unglück und zu einem Tod als Verfluchter?"
Jane Eyre: "Wir sind dazu geboren, um zu kämpfen und zu dulden. Sie genauso wie ich. Also tun Sie's!"
"Jane Eyre" gilt bis heute als einer der beliebtesten Romane der Weltliteratur. Er erzählt die Geschichte einer Waise, die in einem Internat mit Rohheit und religiösem Eifer zu Demut erzogen werden soll. Zäh und selbstbewusst kämpft sie um ihr Überleben und verschafft sich später als Gouvernante Respekt und Anerkennung als Frau und Persönlichkeit.
Sie verlässt ihren Arbeitgeber Mr. Rochester, den sie liebt, weil der – wenn auch zutiefst unglücklich – schon verheiratet ist.
Die Autorin Charlotte Brontë löste mit ihrem in großen Teilen autobiografischen Buch, Empörung und Begeisterung zugleich aus. Während christliche Zeitschriften es als unmoralisch brandmarkten, lobten bedeutende Kritiker dieses fortschrittliche Werk. Andrew Johnston, Literaturwissenschaftler an der FU Berlin:
"Die Verbindung von Elementen des Schauerromans mit einer sehr großen romantischen Liebe, dass die Frau ihre eigene Rolle dabei auch finden muss und um diese eigene Rolle kämpft, das, würde ich sagen, erklärt bis zu einem nicht geringen Teil den Erfolg. Das ist ganz, ganz wichtig, dass der Frau das Recht zu legitimer Leidenschaft zugestanden wird. Und dass diese Art der Leidenschaft auch in Anspruch genommen wird. Das heißt: Ich darf das! Ich will das!"
1842 ging Charlotte Brontë als Erzieherin nach Brüssel
Charlotte Brontë wurde am 21. April 1816 als drittes von sechs Kindern eines irischen Pfarrers in Thornton in Yorkshire geboren. Als sie fünf war, starben ihre Mutter und die beiden älteren Schwestern an Tuberkulose.
Charlotte und ihre jüngeren Geschwister Branwell, Emily und Anne blieben beim Vater und wurden im Pfarrhaus unterrichtet. Dort waren die Wände feucht, die Ernährung mangelhaft und das Trinkwasser vermutlich vom angrenzenden Friedhof verseucht.
"Die Pfarrstelle, in der die Brontës lebten, war sehr armselig, was auch damit zu tun hat, dass der Vater der Familie eben in erster Generation Pfarrer war, also ein Bildungsaufsteiger, der die gesellschaftlichen Verbindungen nicht hatte. Was aber trotzdem offenbar nicht verhindert hat, dass der Vater sehr großzügig umgegangen ist mit den intellektuellen Bedürfnissen seiner Kinder. Der hat ihnen also beispielsweise die führenden intellektuellen Zeitschriften ins Haus bestellt. Was bedeutete, dass sie für ein so provinzielles und unwirtliches Leben in West Yorkshire relativ intensiv teilnahmen an dem intellektuellen Leben ihrer Zeit."
Schon als Kinder begannen die Geschwister zu schreiben. Sie erfanden Geschichten aus dem Fantasie-Königreich Angria, die sie über Jahre in selbst gebastelte, winzig kleine Bücher kritzelten.
Charlotte Brontë erhielt eine Ausbildung als Erzieherin und ging 1842 nach Brüssel, um an einem Mädchenpensionat ihr Französisch zu verbessern, weil sie mit ihren Schwestern eine eigene Schule gründen wollte.
Der Erfolg von "Jane Eyre" veränderte das Leben der unglücklichen Gouvernante
Dort verliebte sie sich unglücklich in den Sprachlehrer und Ehemann der Leiterin, Constantin Héger, eine Erfahrung, die sie später in ihren Romanen "Der Professor" und "Villette" verarbeitete.
Nach zwei Jahren kehrte sie in ihr Elternhaus zurück und verfasste mit ihren Schwestern einen Gedichtband, der sich jedoch nicht verkaufte. Auch das geplante Schulprojekt kam nie zustande.
Charlotte Brontë: "Ich bin ganz grau, alt, verbraucht, ausgeschöpft bis zum Grunde. Ich werde bald einunddreißig Jahre alt. Meine Jugend ist wie ein Traum verschwunden, und ich habe sie nutzlos verstreichen lassen."
Der einflussreiche Literaturkritiker George Henry Lewes tat sie als provinzielle, kränklich aussehende alte Jungfer ab. Erst der Erfolg von "Jane Eyre" 1847 veränderte das Leben der unglücklichen Gouvernante:
"Charlotte Brontë taucht ja gewissermaßen plötzlich als literarische Sensation in London auf und verkehrt auch in den entsprechenden Kreisen, ist aber gesellschaftlich so unerfahren, dass es ihr durchaus schwer fällt, in gesellschaftliche Beziehungen mit diesen Leuten einzutreten."
Charlotte Brontë wurde keine alte Jungfer. Nach dem frühen Tod ihrer Schwestern Emily und Anne heiratete sie den Hilfspfarrer ihres Vaters Arthur Bell Nicholls. Ein Jahr später starb sie, schwanger, mit knapp 39 Jahren an Tuberkulose.