24 Stunden von Bayern

Beim Ausdauer-Wandern die Natur genießen

Die Stadt Mittenwald (Bayern)
Die Wanderer der 24 Stunden von Bayern starteten diesmal von Mittenwald in die Alpenwelt des Karwendel. © picture alliance / dpa / Karl-Josef Hildenbrand
Von Folkert Lenz |
Ausdauer-Wandern wird immer beliebter. Einen ganzen Tag lang auf den Beinen zu sein und dabei Dutzende von Kilometern hinter sich zu bringen: Das ist auch das Konzept der 24 Stunden von Bayern. Folkert Lenz war am Rande des Karwendelgebirges dabei.
Früh am Morgen, kurz vor acht. Ein Schulhof im oberbayerischen Mittenwald. Etwas mehr als 400 Wanderer machen sich vor der felsigen Kulisse des mächtigen Karwendelgebirges fertig für die große Tour. In wenigen Minuten geht es auf die 24-Stunden-Strecke. Die Starter haben gute Vorsätze:
"Spaß haben, die Natur genießen. Also ich habe versucht, es nicht als Wettkampf zu sehen. Sondern eher zu genießen und mich einfach überraschen zu lassen, Spaß zu haben."
"Am Anfang war der Reiz einfach, mal zu sehen, ob es geht und wie es geht."
"Und durchzuhalten natürlich auch. Wenn es bei mir nicht mehr geht, dann höre ich auf."
Ex-Biathletin Magdalena Neuner wird das Rennen starten. Die 12-fache Weltmeisterin stammt aus dem nahen Wallgau:
"Also guten Morgen. Ich freue mich wahnsinnig, dass ich die ehrenvolle Aufgabe annehmen darf, dass ich heute den Startschuss mache. Ich habe zwar schon länger keine Waffe mehr in der Hand gehabt. Mal schauen, ob ich das hinbekomme."

Schieben und Drängeln wie beim Marathon

444 Starter gehen nun im Pulk auf die Tagesetappe. Schieben und Drängeln wie bei einem Marathonlauf. Doch auf dem ersten Kilometer bremst noch die Musikkapelle Mittenwald an der Spitze das Tempo. Am ersten Anstieg in den Wald hinein streckt sich aber schon das Feld. Schnell verfällt jeder in seinen eigenen Rhythmus.
Das Dahintraben wird alle paar Kilometer unterbrochen. An 65 Stationen an der Strecke wird Kunst, Kultur und anderes Regionales geboten. Holzschnitzer, Lichtkünstler, Wasserrettung, Bergwacht, Geigenbauer – selbst der Pfarrer nutzt die Stopps inmitten von Wälder und Wiesen als Bühne.
Zwischen 70 und 90 Kilometer werden die Wanderer absolvieren. Nicht alle haben dafür trainiert:

"Ich bin schon ab und an mal wandern. Aber ich habe gedacht: Auf so viele Kilometer kann man sich gar nicht vorbereiten."
"Aus dem Stand möchte man jetzt keine 70, 75 Kilometer laufen. Aber es geht dann schon."
"Ich gehe regelmäßig wandern. Und Laufen auch. Ich mache das nicht zum ersten Mal. Das geht schon irgendwie gut."

Beeindruckendes Karwendel-Panorama

Am Nachmittag ist die Spitze vom Kranzberg erreicht. Luitpold Wurmer erklärt das Panorama des Karwendels, das sich gegenüber aufbaut:
"Von Mittenwald aus geht's jetzt 40 Kilometer bis zum Tiroler Achensee. 132 Berggipfel über 2000 Meter. Höchster Berg: Birgkarspitze, 2746 Meter ... "
Mitten in Wurmers Ausführungen platzt ein mächtiges Gewitter. Schnell sprinten die Wanderer hinab nach Mittenwald. Nicht einmal die Hälfte der Strecke haben sie hinter sich. 38 Kilometer kommen noch auf der Nachtetappe.
"Wenn man durchläuft, erwarte ich einen kleinen Tiefpunkt um ein oder zwei Uhr morgens. Und wenn es dann hell wird, dann ist es doch wunderbar."
"Wir haben alles dabei: Handschuhe, Mütze, Doppelsocken, lange Oberteile, lange Hosen. Und dann wird das schon."
"Morgen früh zum Frühstück sind wir wieder da."

Mit der Stirnlampe durchs Dunkel

Es wird dunkel, als die Pfade an der Isar entlangführen. Doch weiter, immer weiter! Vier, fünf Stunden nur im Schein der Stirnlampe. Über Almen und durch Wälder, in denen mit dem ersten Morgenlicht das Leben erwacht.
"Man hat ein ganz anderes Verhältnis zur Natur. Man sieht ja eigentlich nur noch das, was von der Taschenlampe ausgeleuchtet wird. Und alles Drumherum ist doch sehr mystisch. Die Ohren nehmen mehr wahr als am Tag. Und das ist eigentlich das Interessante."
Der himmelblaue Plastiktorbogen in Mittenwald lässt aber noch Stunden auf sich warten. Für die meisten ist der Zieleinlauf eine Erlösung – egal, ob sie das Streckenende humpelnd, wankend oder kräftig ausschreitend erreichen.
"Es war ganz schön anstrengend. Es ist ganz schön bergab gegangen. Mit der Stimmung und mit den Füßen."
"Die Füße tun weh, der Rücken tut weh, die Gelenke tun ein bisschen weh. Aber es hätte schlimmer sein können."
"Der Vorteil ist: Du hast den Kopf frei, Du musst an nichts denken. Das ist gut."
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