"Die Stasi riss die Plakate herunter"
Es war der erste Versuch, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen: Am 4. September 1989 wagten sich wenige hundert DDR-Oppositionelle vor der Leipziger Nikolaikirche zu versammeln. Der damalige Aktivist Siegbert Schefke sah, wie die Stasi sofort einschritt.
Die erste Leipziger Montagsdemonstration heute vor 25 Jahren kam nicht weit: vielleicht 50 oder 100 Meter. So erinnert sich der damalige Friedens- und Umweltaktivist Siegbert Schefke. Und doch: Es war, wie er sagt, der erste Versuch, sich nach dem Friedensgebet in der Nikolaikirche überhaupt erst einmal zu formieren.
Vor den Augen der Westkameras
Die Gelegenheit sei den Bürgerrechtlern günstig erschienen: Zu der Zeit fand in Leipzig die Herbstmesse statt, und die anwesende West-Presse bedeutete einen gewissen Schutz für die wenigen hundert Teilnehmer. Alles spielte sich, so beobachtete es Schefke, auf dem Nikolaikirchhof ab: Die "Stasi-Schergen" hätten sich sogleich auf seine Freunde gestürzt und deren Plakate heruntergerissen - vor den Augen der Westkameras. Als "Eigentor" des Staates empfand das Schefke damals, wie er sagt: "Irgendwie dachte ich mir: Die sind ziemlich blöd."
Hastig, nervös, angsterfüllt
Alles sei hastig, sehr nervös und angsterfüllt gewesen. Zu den Demonstranten kamen Ausreisewillige dazu, die "Wir wollen raus!" riefen. Alles in allem ein "ziemliches Durcheinander", so Schefke: Passanten, Interessierte und zufällig anwesende Messetouristen habe man kaum voneinander unterscheiden können. Eingesperrt habe die Stasi damals noch keinen: Erst vier, fünf Tage später, als die Westpresse abgereist war, seien Aktivisten verhaftet worden.
Aufnahmen in den Westen geschmuggelt
Schefke filmte wenige Wochen später die legendäre Montagsdemonstration in Leipzig am 9. Oktober 1989. Die Aufnahmen ließ er über einen Spiegel-Journalisten in den Westen schmuggeln. Sie wurden weltberühmt. Heute arbeitet Schefke selbst als Journalist für die ARD in Leipzig.