Die Website der Freimaurerloge Minerva zu den drei Palmen in Leipzig
Geschichte und Gegenwart einer Freimaurerloge in Leipzig
Mit dem Begriff Freimaurer geht auch heute noch etwas Geheimnisvolles einher. Die Loge "Minerva zu den drei Palmen" in Leipzig aber hat eine Website und ihre Vertreter kommen sogar in den Schulunterricht. Also kein Geheimnis? Ein Besuch zum 275. Geburtstag.
Das Logenhaus der "Minerva zu den drei Palmen" liegt in einer ruhigen Gegend im Leipziger Osten. Schräg gegenüber ein Sportplatz, die Straßen sind von Bäumen und breiten Gehwegen gesäumt. Seit 1996 gehört die Villa im Stadtteil Stötteritz der Minerva. Hier treffen sich wöchentlich die etwa 40 Mitglieder der Loge zu Versammlungen. erzählt Klaus Kieswimmer. Seit 2006 ist er Meister vom Stuhl der Minerva, also eine Art Vereinsvorsitzender:
"Dieses Haus hat keinen freimaurerischen Bezug. Wir hatten als Ersatz zuerst die Musikbibliothek in der Ferdinand-Lassalle-Straße. Das Haus hatte 1.000 Quadratmeter, das ist natürlich schön, aber die zehn Brüder, die es anfänglich mit der Wiedergründung gab, konnten das nicht bewältigen. Man hat das Haus verkauft und dieses erworben und nach den Bedürfnissen und Belangen umgebaut."
Auf ihrem Höhepunkt Anfang des 20. Jahrhunderts residierte die Minerva in einem prachtvollen neoklassizistischen Bau mit Fenstern aus farbigem Glas, einem großzügigen Treppenhaus und einem Tempel im ägyptischen Stil. Zu dieser Zeit zählte die Loge über 500 Mitglieder. Nach dem Verbot der Freimaurerei 1936 durch die Nationalsozialisten wurde das Haus an die Stadt Leipzig zwangsverkauft, berichtet Bastian Sailer von der Minerva:
"Es ist eigentlich alles konfisziert worden, was der Loge gehörte. Bis auf einige Gegenstände, die Brüder an sich genommen haben oder die dann später auf dem Wege, den nach dem Krieg das Archiv genommen hat, in alle Welt verstreut wurden."
1991 wurde die Minverva wiedergegründet
In der DDR war die Freimaurerei zwar nicht ausdrücklich verboten, eine Wiederzulassung wurde jedoch auch nicht gewährt, da sie als der sozialistischen Gesellschaft wesensfremd angesehen wurde. 1991 wurde die Minerva wiedergegründet, ihre ursprüngliche Geschichte reicht bis ins 18.Jahrhundert zurück. 1741 hat sich die Loge gegründet, damals französischsprachig und unter dem schlichten Namen "Loge de Leipsic". Nach Zusammenschlüssen mit den Logen "Minerva zum Zirkel" und "Zu den drei Palmen" wurde sie 1766 zur "Minerva zu den drei Palmen". Innerhalb der Loge wird nicht über Religion gestritten, gleiches galt von Anfang an für Parteipolitik. Das ist auch heute noch ein Grundgesetz der Freimaurerei, sagt Klaus Kieswimmer:
"Persönliche Religion ist kein Thema. Man hat damals schon erkannt, dass in diesen Themen die Grundsäulen der Freimaurerei, wie Toleranz, schwer aufrecht zu erhalten sind, denn Brüder sind auch nur Menschen. Dort gibt's wenig Konsens, wenn's wirklich an das Eingemachte geht. Das ist ja auch nicht rational zu begründen, sondern emotional. Um den Logenfrieden zu bewahren, hat man diese Themen auch damals schon ausgeklammert."
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität - die Grundideale der Freimaurer sind nicht dogmatisch. Es geht um Selbsterkenntnis und kritisches Hinterfragen, einen wachen Geist. Werte, die in totalitären Herrschaftssystemen nicht gefragt sind. Die meisten Rituale der Freimaurer sind entgegen der landläufigen Meinung aber nicht geheim:
"Die Rituale kann man nachlesen, aber man erfährt sie nicht. Das Lesen ist nicht das maurerische Geheimnis der Kontemplation und der steten Iteration, wenn man so will. Wenn man schwimmen lernt, dann übt man das im Trocknen und dann geht man ins Wasser und geht trotzdem unter. Bis zu dem Moment, in dem das Geheimnis sich offenbart, dass das Wasser einen trägt. So ähnlich ist das."
Freimaurer sind wegen früherer Verfolgung verschwiegen
Die Freimaurer sind kein verschwörerischer Geheimbund und sie streben auch nicht nach Weltherrschaft. Theorien dieser Art wurden insbesondere in der Weimarer Republik verbreitet. Vor allem General Erich Ludendorff tat sich als scharfer Kritiker der Freimaurer hervor und betrieb einen regelrechten Propagandafeldzug gegen die "überstaatlichen Mächte" aus "Juden, Jesuiten und Freimaurern". Vor diesem Hintergrund ist das Versprechen zur Verschwiegenheit der Freimaurer durchaus nachvollziehbar. Es soll vor allem die Privatsphäre schützen, sagt Klaus Kieswimmer:
"Früher war man verfolgt, ist es in manchen Ländern heute noch. Man musste sozusagen "in Deckung" arbeiten. Jeder Bruder kann seine eigene Deckung selbst aufgeben und kann offenbaren, dass er Mitglied ist. Aber nie über einen anderen, von dem er es auch weiß. Um da nicht, etwa als Beamter, Ressentiments ausgesetzt zu sein, spricht man nicht darüber, wer dabei ist."
Mit Webseite und Kontaktadresse ist die Minerva für jeden auffindbar, der sich für das Thema Freimaurerei interessiert. Vor einigen Jahren waren das zum Beispiel zwei Gymnasiasten, die eine Facharbeit schreiben mussten:
"Einige Wochen später wurde ich von den Schülern eingeladen, sie mussten ein Referat über ihre Arbeit halten. Die Lehrer haben das sehr argwöhnisch beobachtet. Am Ende dieses Referats hatten sie als Appell an ihre Mitschüler gesagt: Ich kann allen nur empfehlen, mal so eine Freimaurerloge zu besuchen. Denn so offen und herzlich aufgenommen zu werden - und das von so viel älteren Menschen - und mit ihnen interessante Gespräche zu führen, das haben sie noch nirgends erlebt. Das war ein schönes Gefühl. Dann stimmt unser Zusammenhalt, und unsere Art auch nach außen."