Der Experimentalmusiker Markus Popp komponiert seit mehr als 20 Jahren am Computer. Er zählt auch heute noch zu den sehr aktiven zeitgenössischen Electronica Musikern. In der "Tonart" sprach er auch über seine frühen Erfahrungen mit dem Atari:
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MIDI - Die Technik für Techno
Vor 30 Jahren kam eine Maschine auf den Markt, die den Hype um elektronische Musik erst möglich machte. Der Atari ST Computer war der erste, mit dem auch Musiker mit geringem Budget mehrere Synthesizer zusammenschließen konnten. Möglich wurde diese Revolution durch MIDI-Technik.
Musik auf einem Synthesizer zu spielen war in den Anfangsjahren der Technik ein spartanisches und recht einsames Vergnügen. Denn die elektronischen Klangerzeuger konnten oft nur einen Ton gleichzeitig spielen. Praktisch unmöglich war es, im Synthesizer-Ensemble zu musizieren. Das änderte sich schlagartig mit der Erfindung von MIDI, eine Abkürzung für "Musical Instruments Digital Interface". MIDI war das erste Verfahren, um Noteninformationen für Synthesizer auf einfache Weise zu notieren und mehrere Synthesizer in einem Arrangement miteinander kommunizieren zu lassen.
MIDI hat die gleiche Rollenverteilung wie ein Orchester
Dank MIDI war es möglich, per Kabel mehrere Synthesizern miteinander zu verbinden. In einem MIDI-Netz herrscht eine Rollenverteilung wie in einem Orchester: Ein Synthesizer übernimmt die Rolle des Dirigenten, der die angeschlossenen Klangerzeuger mit Noteninformationen steuert. Techniker beschreiben das weniger prosaisch als "Master-Slave"- "Herr und Sklave"-Prinzip, Um die Klänge an sich zu übertragen reicht die Geschwindigkeit des MIDI-Protokolls allerdings nicht aus. Übertragen werden nur die Noteninformationen, also die Informationen, wann welcher Klang für wie lange zu spielen ist.
Zu einem musikalischen Urknall entwickelte sich MIDI aber erst, als den Musikern nicht nur das MIDI.Protokoll, sondern auch ein Werkzeug zur Verfügung stand, mit dem sie auf einfache Weise ihre Arrangements für den Synthesizer notieren und abspielen konnten. Dieses Werkzeug kam vor 30 Jahren auf den Markt: der Atari ST war der erste Heimcomputer, der ab Werk einen MIDI Anschluss eingebaut hatte. Zudem war der Atari ST so billig, das sich auch Schüler und Studenten den Computer mit Mausbedienung und einer graphischen Steuerung leisten konnten - noch Jahre, bevor Microsoft mit Windows erste Erfolge feierte.
Der billige Heimcomputer wurde quasi Industriestandard
Ataris Heimcomputer verhalf der MIDI Technik zum kommerziellen Durchbruch. Allerdings war es mit der Hardware allein nicht getan. Der Erfolg wäre ohne leistungsfährige Arrangier- und Abspielsoftware Programme wie "Cubase" und "Notator Logic", die für den Atari entwickelt wurden, ausgeblieben. Sie waren die Schlüssel, die den "ST" für viele Jahre weltweit zur zentralen Werkbank der digitalen Musikproduktion machten. Der Erfolg war so groß, dass der billige Heimcomputer als quasi Industriestandard auch in den renommiertesten Popmusikstudios der Welt den Ton angab.