Wie von L.A. aus Kunst in aller Welt restauriert wird
Das Getty Center in Los Angeles ist weltberühmt für sein Museum. Dort befindet sich aber auch die wichtigste Einrichtung der USA zur Restaurierung von Kunstwerken aller Art: Vor 30 Jahren gegründet ist das Getty Conservation Institute heute in der ganzen Welt aktiv.
"Wir denken anders. Uns geht es nicht darum, Kunst aus möglicherweise gefährdeten Gegenden zu entfernen, sondern sie in situ zu bewahren. Wie etwa in Tunesien, wo wir uns seit 1998 um die Restaurierung und den Erhalt römischer Mosaiken kümmern. Und das tun wir auch mit einem speziellen Trainingsprogramm."
Kunsthistoriker Thomas Roby und seine Kollegen vom Getty Conservation Institute, kurz GCI bilden in Tunesien junge Leute zu Restauratoren aus. Mit dem Ziel, dass sich das GCI vielleicht bald schon aus Tunesien verabschieden kann, weil es ja nicht mehr gebraucht wird. Das Ausbilden lokaler Kräfte zum Erhalt lokaler Kunst, darum geht es Roby und den vielen anderen Mitarbeitern des Getty Conservation Institute - der weltweit größten und wohl auch wohlhabendsten Einrichtung zur Restaurierung von Kunst.
Zwischen Beverly Hills und Pacific Palisades
Angesiedelt in einer der feinsten Gegenden von Los Angeles - zwischen Beverly Hills und Pacific Palisades, wo in den 1940er und 50er-Jahren Thomas Mann und andere hochkarätige Mitglieder der deutschen Exilgemeinde residierten, mit freiem Blick auf den Pazifischen Ozean.
Auch in Syrien wäre man nur zu gern präsent, erklärt Jeanne Marie Teutonico, stellvertretende Direktorin der verschiedenen Restaurierungsprojekte des GCI:
"Das GCI ist eine der vier Abteilungen der Getty Stiftung. Wir sind eine philanthropische Organisation, die, wenn möglich, auch in Krisengebieten helfen will. Syrien braucht jede Hilfe und so können wir es nicht abwarten, auch dort endlich präsent zu sein. Das Land wird nicht die nötigen Finanzmittel haben, um die vom Bürgerkrieg beschädigten historischen Monumente aus 2000 Jahren Geschichte wieder aufzubauen: Monumente, bildende Kunst und archäologische Stätten."
In Sachen Geld und konkreter Zahlen ist man beim Getty Institute sehr zurückhaltend. Klar scheint zu sein, dass das GCI über Mittelknappheit nicht zu klagen braucht – im Gegensatz beispielsweise zum italienischen Restaurierungsinstitut in Rom, der international größten staatlichen Einrichtung dieser Art, die seit Jahren ständig vor dem finanziellen Aus steht.
Arbeit in drei Hauptbereichen
Das Getty Conservation Institute - vor 30 Jahren gegründet - ist in drei Bereichen tätig. Wissenschaftlich-restaurative Projekte in den verschiedensten Bereichen, von antiken Mosaiken bis zum Erhalt originaler Mickey-Mouse-Comics aus der Hand von Walt Disney. Die Ausbildung des Nachwuchses in Forschung und Restaurierung, in den USA wie auch, sie Tunesien, im Ausland, spielt ebenso eine Rolle wie die sogenannten Feldprojekte: Dabei geht es um die Erforschung und den Erhalt kunsthistorisch bedeutender Orte - wie etwa die chinesischen Mogao Grotten, in denen zahllose Buddhafiguren aus der Zeit zwischen dem 4. vor- und dem 6. nachchristlichen Jahrhundert enthalten sind. Oder die prähistorischen Malereien der Sierra de San Francisco in Südkalifornien.
Geografisch und thematisch sind dem GCI keine Grenzen gesetzt. Jeanne Marie Teutonico:
"Das GCI bemüht sich darum, sämtliche Bereiche der Theorie, der konkreten Forschung und der Ausbildung zusammenzubringen, in langfristiger Zusammenarbeit mit Restauratoren aus anderen Ländern."
Sitz des GCI ist jener Hügel im Nordwesten von Los Angeles, auf dem Architekt Frank O. Gehry das wie eine Festung wirkende Getty Center errichtet hat.
Etwa ein Viertel der riesigen Gesamtanlage mit ihren Kunstsammlungen, Restaurants und Büros nimmt das Restaurierungsinstitut ein. Hier arbeiten mehrere hundert Experten an etwa 120 Projekten weltweit zusammen. Und hier werden neue Forschungsansätze getestet. Beispielsweise für die Konservierung historischer Fotografien. Der sogenannte "Atlas of Analytical Signatures of Photographic Processes" enthält die erste umfassende Analyse aller rund 150 chemischen Schritte, die für das Zustandekommen einer Fotografie nötig sind – und zwar seit deren Erfindung. Bei diesem technologisch-wissenschaftlichen Projekt entdeckten die Experten des GCI, dass in den ersten Naturfotografien aus dem frühen 19. Jahrhundert auch Bitumen, Erdpech, aus dem damaligen Palästina enthalten ist. Das Wissen um Technologien und Materialien vergangener Zeiten erleichtert es Restauratoren, historisch bedeutende Fotografien auch für die Zukunft zu erhalten.
Warten auf den Einsatz in Syrien
Erhalt und Restaurierung sind nicht von der Forschung zu trennen. Das ist das Credo des GCI. Auch wenn das GCI in Syrien noch nicht an die Arbeit gehen kann, arbeitet schon jetzt eine Gruppe von Forschern an möglichen Anwendungsfeldern für gigantische 3-D-Kopierer, mit deren Hilfe die zerbombten antiken Bauwerke neu entstehen könnten. In der vagen Hoffnung, dass sich in Syrien die politischen Verhältnisse soweit normalisieren werden, dass die Restauratoren aus Los Angeles auch dort zum Einsatz kommen können.