In unserer Sendung "Studio 9" hat sich auch der Simpsons-Kenner Jörg Magenau mit der Familie aus Springfield, USA, auseinandergesetzt:
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Eine Serie mit hellseherischen Fähigkeiten
Seit 30 Jahren gibt es die Simpsons, am 19. April 1987 hatten sie ihren ersten Auftritt im US-Fernsehen. Seitdem hat die gelb- und strichgesichtige Durchschnittsfamilie aus Springfield immer wieder treffend die amerikanische Gegenwart gespiegelt – und manchmal sogar hellseherische Fähigkeiten bewiesen.
Die Simpsons sind ohne jeden Zweifel eine Institution, echter Kult, und wer die Serie guckt, kann auch nach 30 Jahren immer noch staunen: Vor allem über die teils messerscharfe Analyse US-amerikanischer Wirklichkeit, die immer absurd und komisch dargeboten wird. Die hellsichtigen Einfälle der Simpsons-Macher haben ihnen sogar den Ruf eingetragen, in die Zukunft blicken zu können. Berühmtestes Beispiel ist die legendäre Vorhersage aus dem Jahr 2000, dass ein schwer zur Selbstüberschätzung neigender und frauenfeindlicher Immobilienunternehmer es politisch bis ganz nach oben schafft.
Bart blickt in die Zukunft
In der entsprechenden Folge blickt Bart in die Zukunft. In der ist seine Schwester Lisa Präsidentin – und spricht kurz über ihren Vorgänger. Der heißt: Trump.
Die Geschichte gab den Simpsons Recht – was sie offenbar selbst tief bedauerten. "Richtig liegen ist Mist!" ließen die Macher der Serie nach der US-Wahl im November 2016 verlauten. Die Springfield-Familie stand im anderen politischen Lager - im Wahlkampf hatten Marge und Homer für Hillary Clinton auf Youtube geworben.
Die Vorhersage der Trumpschen Präsidentschaft kam allerdings nicht ganz aus dem Nichts – Trump hatte bereits 1999 politische Ambitionen erkennen lassen und versucht, Kandidat der Reform Party zu werden, seine Bemühungen dann aber eingestellt.
Dennoch muss man erst mal drauf kommen, einen Mann ohne jedes Benehmen und einem aberwitzigen Verhältnis zur Wahrheit auf den Thron zu setzen. Die Simpsons wussten eben immer, woran ihr Heimatland krankt. Der Autor der Folge sprach im "Hollywood Reporter" später im Rückblick von einer "Warnung an Amerika".
Riesiges Gespür für Themen ...
Simpsons-Fans halten die Serie nun vorhersagensicherer als jede Kristallkugel. Wer im Internet sucht, findet offensichtlich mit Freude und Begeisterung zusammengestellte Listen über die Visionen von Homer & Co. So haben die Simpsons den Touchscreen des modernen Handys prognostiziert, als auch den 3D-Drucker, den Selfie-Hype, die Apple Watch und die Griechenlandkrise.
Die Belege dafür sind manchmal nachvollziehbar, manchmal lustig, und manchmal an den Haaren herbeigezogen. Homers Sprung auf eine Abrissbirne 1994 wird mit Miley Cyrus und ihrem "Wrecking Ball"-Video in Verbindung gebracht, und das Zeigen einer geheimdienstlichen Abhörzentrale 2007 muss als Beweis dafür herhalten, dass die Simpsons den NSA-Skandal vorausgeahnt haben. Als ob es 2007 keine Gründe gegeben hätte, sich über das Abhören von Bürgern durch den Staat Gedanken zu machen.
... und ein unerschöpfliches Reservoir an Komik
Dennoch muss man den Simpsons-Machern ein übergroßes, ja riesiges Gespür für Themen attestieren. Zudem verfügen sie offenbar über ein unerschöpfliches Reservoir an anarchischer Komik, die trotz der Seriendauer von drei Jahrzehnten noch immer frisch und aktuell wirkt.
2015 trat Trump dann auch als Figur bei den Simpsons auf – Homer segelt durch Trumps Haartolle, die hier (warum denn das?) viel dichter und kräftiger wirkt als in echt.
Dann steht Trump hinter einem Rednerpult mit der Aufschrift "AMERICA YOU CAN BE MY EX-WIFE!" und verkündet, dass er Präsident werden will. Nicht mehr geliebt, verraten und verlassen: Die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Land so in wenigen Jahren fühlen wird, ist groß.
Das wird dann ein weiterer Beleg für die Hellsichtigkeit der Simpsons sein.