Ensemble Spectrum Concerts Berlin:
Boris Brovtsyn und Clara-Jumi Kang, Violine
Gareth Lubbe, Viola
Torleif Thedéen, Violoncello
Eldar Nebolsin, Klavier
Vom Wiener Musikleben in Richtung Moskau
Erich Wolfgang Korngold wird gerade wiederentdeckt: Zum Abschluss der 30. Saison der Kammermusikreihe "Spectrum Concerts Berlin" gab es Werke aus der Wiener Zeit des Komponisten - und ein Klavierquintett des russischen Spätromantikers Sergei Tanejew.
"Er wusste, wie man für die Instrumente schreibt", sagt der Dramaturg der Reihe Habakuk Traber und meint damit das Kompositionsvermögen von Erich Wolfgang Korngold, dessen musikalische Ideen immer wieder so gestaltet sind, dass jeder einzelne Musiker überrascht feststellt, dass die Musik aus der Spielbarkeit eines jeden einzelnen Instrumentes heraus erdacht ist - außer der Klavierpart, der meist hoch virtuos gesetzt ist.
Musikdramaturg Habakuk Traber erörtert im Gespräch mit Stefan Lang die Programmgestaltung des Abends:
Für den großen Bühnenregisseur Max Reinhard komponierte Korngold in den Jahren von 1918 bis 1920 Musik für die Wiener Inszenierung von "Viel Lärm um Nichts". Der Ansturm des Publikums war so groß, dass man nach einigen Vorstellungen vom Wiener Volkstheater ins größere Burgtheater umzog.
Der 22-jährige Komponist filterte eine Suite aus dem Material, die er noch vor der Premiere dem Publikum vorstellte. Vier der fünf Sätze bearbeitete er zudem für Violine und Klavier. Zu dieser Fassung griff das Wiener Publikum beim Notenhändler und spielte diese Musik in den heimischen Salons und Musikstuben. So gelangte die Suite zu einer ganz eigenen Popularität, auch, weil diese Musik so gut "in den Fingern" lag und zudem in jedem der Sätze die Stationen der Figuren mit einem gewissen Zauber eingefangen ist.
Der erste Satz, apart eröffnet mit Arpeggien, charakterisiert das "Mädchen im Brautgemacht". "Holzapfel und Schlehwein" sind zwei derbe, betrunkene Gerichtsdiener, die schwankend und lallend durch die Szenerie torkeln. In der "Gartenszene" nähern sich die beiden Figuren in romantisch, fast operettenhafter Übertreibung einander an, die sich zuvor nur Hohn und Spott einschenkten. Zum Schluss der "Mummenschanz" - der launige Rausschmeißer aus der Komödien-Handlung.
Brahms-Verehrer durch und durch
Das Klavierquintett Korngolds entstand etwas später. Als Wunderkind fand er seine musikalischen Vorbilder in Mozart und Haydn, etwas später weckte die Kammermusik von Johannes Brahms sein Interesse, das sich in diesem Quintett widerspiegeln sollte. Ganz erstaunlich, wie er Klangflächen in großer Breite aufbaut und zum Schweben bringt. Eine Fähigkeit, die ihn sehr viel später fern der Heimat, in Hollywood, zu einem der begehrtesten Filmkomponisten werden lassen wird.
Russische Spätromantik
Kombiniert wird das Programm mit Musik eines Spätromantikers der russischen Szene. Sergei Tanejew, der als begnadeter Pianist und anerkannter Komponist das Konservatorium in Moskau als Schüler von Tschaikowsky beschloss, selbst Professor am Institut wurde als Lehrer berühmter Schüler wie Rachmaninow oder Skrjabin. Sein Sextett entstand 1910/11 als großangelegtes Werk. Der erste Satz allein umgreift 20 Minuten.
Tanejew wählt eine ganz ungewöhnliche Satzfolge: er steigt mit einer Introduktion ein, die Adagio mesto, also langsam im traurigen Ton sich entwickelt. Flott und eingängig schließt sich ein schneller Scherzo-Satz an. Das Largo färbt die Stimmung wieder ins Dunkel. Im letzten Finale ist das russische Idiom nicht zu überhören.
Und weiter für die nächsten 30 Jahre
Frank Dodge gründete die Konzertreihe "spectrum concerts berlin" vor 30 Jahren. Berlin war damals eine kammermusikarme Stadt, umschlossen von einer Mauer, von studentischen Unruhen durchzogen.
Dem wollte der Cellist einen Kontrapunkt entgegensetzen und versammelte Freunde und Kollegen, die er für seine Programme gewinnen konnte: vor allem durch den eigenen Enthusiasmus und weniger mit vielversprechenden Gagenversprechungen. Dabei ist das Ensemble immer in Bewegung und verharrt nicht in einer festen Besetzung.
So konnte und kann Dodge das Programm in Besetzung und Stil in unterschiedliche Richtungen treiben lassen. Wichtig ist ihm dabei immer, einen Brückenschlag zu ermöglichen, wie in diesem Programm: vom Wiener Musikleben Richtung Moskau.
Dass die Reihe noch heute existiert, liegt daran, dass viele der Berliner Kammermusik-Größen gern kommen, um mit Gleichgesinnten zu musizieren und hinterher auch immer die Musik zu feiern. Und das auch noch in weiterer, ferner Zukunft.
Dass die Reihe noch heute existiert, liegt daran, dass viele der Berliner Kammermusik-Größen gern kommen, um mit Gleichgesinnten zu musizieren und hinterher auch immer die Musik zu feiern. Und das auch noch in weiterer, ferner Zukunft.
Eine Aufzeichnung des Konzertes vom 19. Juni 2018 im Kammermusiksaal der Philharmonie Berlin
Erich Wolfgang Korngold
"Viel Lärm um Nichts", Suite aus der Bühnenmusik
für Violine und Klavier op. 11
"Viel Lärm um Nichts", Suite aus der Bühnenmusik
für Violine und Klavier op. 11
Klavierquintett E-Dur op. 15
Sergei Tanejew
Klavierquintett g-Moll op. 30
Klavierquintett g-Moll op. 30