Die Rockband, die zu Herzen geht
Mit Mitte 20 begann der Kölner Kunststudent Wolfgang Niedecken, Lieder in seinem Heimatdialekt zu schreiben. Innerhalb weniger Jahre stieg die Rockband "BAP" vom Geheimtipp zur gefeierten Kultband auf. Heute vor 40 Jahren wurde "BAP" gegründet.
"Verdamp lang her" ist für die Fans von "BAP" eine Hymne und ein Höhepunkt bei jedem Konzert. Innerhalb weniger Jahre wurde die Rockband um den Sänger Wolfgang Niedecken vom Geheimtipp zum Massen-Phänomen.
Die Wurzeln von "BAP" liegen im Herzen von Köln, wo Wolfgang Niedecken 1951 geboren wurde. Im dichten Straßengewirr der Südstadt mit ihren vielen Tante-Emma-Läden und Eckkneipen wuchs er auf, ging zur Schule und zur Kommunion. Das Viertel, das damals noch vom typisch kölnisch-katholischen Kleinbürgertum geprägt war, wurde in den 1970er Jahren ein Hort der links-alternativen Szene. Mit Mitte Zwanzig ist Niedecken Kunststudent und ein Teil dieser Szene.
An das Gründungsdatum kann sich der Sänger gut erinnern
"Neben dem Malen, neben dem Kunst studieren, ab und zu, wenn die Finger zu schlaff wurden oder etwas verkrampft wurden, dann haben wir den Pinsel weggelegt und ein bisschen rumgeklimpert. Als dann auf Feten immer mehr Leute dazu kamen, die das gut fanden oder die Lust hatten mal mitzuklampfen, wurde es irgendwann in unserem gemeinsamen Atelier, Wohnraum, … da wurde es zu klein und dann haben wir uns einen Probenraum gesucht, wo das Ziel auch eigentlich nur mal war, ein paar Kästen Bier leer zu proben."
Die Entscheidung einen geeigneten Proberaum zu suchen, bezeichnet Niedecken später als den Startschuss für seine Band. An das Datum kann sich der fußballbegeisterte Sänger gut erinnern. Es ist der 21. Juni 1976, der Tag nach dem EM-Endspiel gegen die CSSR, das Deutschland beim Elfmeterschießen verliert. Mit "Bapp", Niedeckens Spitzname, dem Kölner Dialektwort für Vater, hat man auch bald den passenden Namen für die neue Band gefunden.
"BAP" wird zum Sprachrohr der Machtlosen
Wolfgang Niedecken singt in einfachen Worten und in seinem Heimatdialekt. Meist Geschichten, die er selbst erlebt hat. Der Sänger und seine Band wirken glaubwürdig. Sie treten in Kneipen, kleinen Hallen und bei Bürgerfesten auf. Als in der Kölner Südstadt ein altes Fabrikgebäude abgerissen und nicht in billigen Wohnraum umgewandelt werden soll, ist "Wolfgang Niedecken’s BAP" zur Stelle. Das "Stollwerk"-Lied wird zum Protestsong gegen Spekulantentum und Klüngel.
"BAP" wird zum Sprachrohr der Machtlosen und zur Lieblingsband der Intellektuellen, ihr Sänger mit seinen Texten gegen Atomkraft und Wettrüsten zum "Bob Dylan der Südstadt". Auch als bei einem kleinen Kölner Musik-Label die ersten Langspielplatten von seiner Band erscheinen, bleibt Niedecken seinem Heimatdialekt kompromisslos treu.
"Dass wir natürlich Übersetzungen zu den Stücken absolut brauchten, war uns damals noch nicht so klar, denn damals haben wir gedacht, Kölner Raum und dann hat sich der Fall."
Doch der Kultsound aus Köln zieht weite Kreise. Die Band wechselt zu einer großen Schallplattenfirma. 1981 wird das dritte "BAP"-Album veröffentlicht. Es kommt auf Platz Eins der deutschen Charts und wird eine Million Mal gekauft. Aus der Lokalband wird ein überregionales Phänomen. "BAP" geht auf Konzertreise nach Holland, Belgien, Luxemburg, Österreich und in die Schweiz.
Niedecken initiiert ein Open-Air-Konzert gegen rechte Gewalt
"Die singen jedes Wort mit in der Schweiz. Das muss man sich mal überlegen. Die wissen auch, worum es geht. Du frägst einen nach dem Weg, wo es zur Halle geht, du verstehst seine Antwort nicht und dann kommst du anschließend in die Halle und dreitausend Leute singen jedes Wort mit. Das ist unfassbar!"
1992 nutzt Wolfgang Niedecken seine Popularität und initiiert in Köln ein spektakuläres Open-Air-Konzert gegen rechte Gewalt und Fremdenhass. Die Resonanz ist gewaltig. 100.000 Besucher kommen zu dieser musikalischen Protestaktion.
Neben Wolfgang Niedecken ist Gitarrist Klaus Heuser lange Zeit prägend für den "BAP"-Sound. Doch der verlässt 1999 die Band. Seitdem hat sich die Besetzung ständig gewandelt. Nur Wolfgang Niedecken ist seit vier Jahrzehnten die Konstante geblieben. Als der Sänger vor fünf Jahren einen Schlaganfall erleidet, sorgt das lediglich für eine kurze Arbeitspause.
"Jeden Tag woanders spielen, das macht einfach Spaß! Wenn man in einer Rock’n’Roll-Band spielt und hat keine Lust mehr, vor die Leute zu gehen und Konzerte zu spielen, dann soll man, glaube ich, aufhören."