Andreas Margara: Der Amerikanische Krieg. Erinnerungskultur in Vietnam
regiospectra-Verlag, 19,90 Euro
Zwiespalt der Erinnerung
Unsere Erinnerung an den Vietnam-Krieg ist vor allem von US-Kinofilmen geprägt. Doch der "Fall von Saigon" wird von den Vietnamesen 40 Jahre nach Kriegsende als "Befreiung Saigons" gefeiert, erklärt der Historiker Andreas Margara.
"Normalerweise schreiben nach einem Krieg immer die Sieger die Geschichte, im Fall von Vietnam haben die Verlierer die Geschichte geschrieben", sagte der Historiker und Buchautor Andreas Margara im Deutschlandradio Kultur. Dass man über die vietnamesischer Sicht viel weniger wisse, liege daran, dass sich das Land in der Nachkriegszeit stark isoliert habe und außenpolitisch lange wenig präsent gewesen sei. Die Einparteienregierung habe in dieser Zeit ein sehr undifferenziertes Bild des Vietnam-Krieges geprägt, der sehr heroisch dargestellt wurde und als "der große Befreiungskrieg". Die mehr als drei Millionen getöteten vietnamesischen Zivilisten des Krieges würden als "ehrwürdige Opfer" dargestellt.
Da wird nach vorne geblickt
Der Historiker erinnerte daran, dass zwei Drittel der Bevölkerung bereits nach dem Vietnam-Krieg geboren wurden. Das Durchschnittslager liege bei unter 30 Jahren. "Der Großteil hat das selbst nicht mehr erlebt", sagte Margara. "Trotzdem ist jeder seine Eltern- und Großelterngeneration durch den Krieg betroffen und leidet da schon noch drunter." Auf der anderen Seite müsse man auch die Mentalität berücksichtigen. "Da wird nach vorne geblickt", sagte Margara. Das Motto sei "Lebe jetzt" und heutige Vorbilder seien Amerikaner wie Bill Gates und Steve Jobs.
Touristische Angebote für US-Veteranen
Seit der Öffnung des Landes für den Tourismus seit Mitte der 90er-Jahre seien viele US-Veteranen mit ihren Familien zu "healing journeys" nach Vietnam gereist. Sie hätten zeigen wollen, wie es vor Ort aussieht und wo sie gedient hätten. Gerade an Erinnerungsorten im Süden hätten geschäftstüchtige Vietnamesen die Geschichte in einen "kitschigen Kommerz" umgewandelt. Westliche Touristen könnten dort mit einer AK47 und anderen Waffen schießen und realistische Kriegserfahrungen nachspielen.