Zur Feier romantische Kammermusik
Ein Kammermusikfestival in Traunstein in Oberbayern feiert ausgerechnet in diesem Jahr sein 40. Jubiläum - kleine Konzerte fanden statt, aus denen wir Auszüge präsentieren. Streichquartett, Bläserensemble, Klavier und Gesang waren involviert.
Abwechslung war auch in diesem Jahr groß geschrieben bei den Traunsteiner Sommerkonzerten. Das 40. Jubiläum konnte gefeiert werden mit Musik, die sich zwischen Früh- und Spätromantik bewegte.
Frühwerk des Operngiganten
Als erstes stand Musik des frühreifen Gustav Mahler auf dem Programm, der mit 16 Jahren ein Klavierquartett komponierte. Leider hat sich nur ein Satz daraus überliefert, obwohl der Komponist das Werk recht mochte.
Aber in den Folgejahren verlor er das Interesse an der kleinen Besetzung, sein Hauptaugenmerk richtete er schließlich auf die Oper.
Musik als Mietzins
Francis Poulenc komponierte 1933 sein Sextett op. 100. Einige Jahre später legte er noch einmal Hand an die Komposition, sodass die Uraufführung erst 1940 stattfand, mitten in der Zeit der deutschen Besatzung von Paris. Poulenc hatte für sein Werk eine "Zielperson", einen Widmungsträger vor Augen: Georges Salles, der Kurator des Musée du Louvre.
In der Widmung an ihn steckt eine große Portion Dankbarkeit, denn Poulenc durfte Salles Palais in Montmartre für einige Jahre als Wohnung nutze. Das Sextett ist auf der einen Seite erfrischend frech und auf der anderen Seite musikhistorisch beladen, weil es streckenweise streng polyphon gearbeitet ist und damit barocke Formen imitiert.
Sehnsuchtsmusik
Danach singt Sopranistin Christina Landshamer den "Liederkreis" von Robert Schumann, in dem der Komponist 12 Gedichte von Joseph von Eichendorff vertonte. Dunkle Farben dominieren, das Ferne, wehmütig Herbeigesehnte, die Vergangenheit, die Geliebte werden hier besungen. 1840 im Rausch entstanden: "Ich habe wieder so viel komponiert, dass mir‘s manchmal ganz unheimlich vorkömmt. Ach, ich kann nicht anders, ich möchte mich totsingen wie eine Nachtigall!", schreibt er an seine Clara.
In ähnlich romantischer Stimmung komponierte Aaron Copland 1950 seine 12 Gedichte nach Emily Dickinson - ganz im Sinne von Fauré und Mahler. Damals wurden die Lieder fast geächtet - zu rückwärtsgewandt erschienen sie dem Fachpublikum, obwohl es sich um ungemein gewinnende Musik handelt. So empfand es die Sopranistin ebenso und setzte sie auf das Festivalprogramm.
Werk auf langem, aber erfolgreichem Weg
Zum Abschluss - und so schließt sich der Kreis unserer heutigen Auswahl - noch ein Kammermusikwerk eines 16-Jährigen, von William Walton, der sich mit der kleinen Besetzung 1921 beschäftigte und berühmte Vorbilder vornahm: Ravel, Elgar, Vaughan Williams. Das Stück sandte er von Italien, wo er wohnte, nach England. Doch die Post ging auf dem Weg verloren und tauchte erst Jahre später wieder auf - dafür unversehrt und vollständig. Daraufhin überarbeitete Walton das Stück und reichte es beim Wettbewerb um den Carnegie Award ein, wo es ausgezeichnet wurde.
Aufzeichnungen von Konzerten der Traunsteiner Sommerkonzerte vom 1. bis 4. September 2020 im Kulturforum der Klosterkirche Traunstein
Gustav Mahler
Klavierquartettsatz
Klavierquartettsatz
Francis Poulenc
Sextett
Sextett
Nicholas Rimmer, Klavier
Azahar Ensemble
Robert Schumann
Liederkreis op. 39
Liederkreis op. 39
Aaron Copland
Twelfe Poems of Emily Dickinson (Auszüge)
Twelfe Poems of Emily Dickinson (Auszüge)
Christina Landshamer, Sopran
Gerold Huber, Klavier
William Walton
Klavierquartett d-Moll
Klavierquartett d-Moll
Notos Quartett