416. Wartburgkonzert: Musikalische Lesung mit Texten von Roger Willemsen

„Landschaften“ in Wort und Musik

Geigerin Franziska Hölscher und Roger Willemsen sitzen nebeneinander und lachen in die Kamera.
Franziska Hölscher und Roger Willemsen sind sich 2012 das erste Mal über den Weg gelaufen. Für Willemsen endete dieser bereits 2016. © Irene-Zandel
Mit Maria Schrader |
Zehn literarische Stationen bietet das „Landschaften“-Programm, die meisten aus der „Deutschlandreise“, aber auch aus seinem 2011 erschienenen Reiseberichten „Die Enden der Welt“, gerahmt vom weiten Atem des „Largo“ aus Johann Sebastian Bachs c-moll-Violinsonate BWV 1017.
Die Uraufführung des „Landschaften“-Programms konnte Roger Willemsen noch selbst lesen - seine Krebserkrankung verhinderte die Mitwirkung an weitere Aufführungen. Seitdem werden die Texte von Maria Schrader vorgetragen. Roger Willemsen starb am 7. Februar 2016 in seinem Haus im schleswig-holsteinischen Wentorf bei Hamburg.

Reisetexte aus einem anderen Jahrzehnt

Als Roger Willemsens Reisecollage „Deutschlandreise“ Ende 2002 erschien, trafen der nachdenkliche Ton des Erzählers, die präzise-selbstkritische Grundhaltung sowie die immer wieder aufscheinende Frage nach der Essenz des menschlichen Daseins genau den Nerv der Zeit. Die islamistischen Terrorangriffe vom 11. September 2001 lagen damals etwas über ein Jahr zurück, in den Schock über die Monstrosität der Ereignisse mischte sich eine kritische Selbstbefragung der eigenen Lebensweise.

Im Jahr 2012 war ich zu Gast bei einer Benefiz-Gala in der Kölner Oper zugunsten des Afghanischen Frauenvereins, als dessen Schirmherr Roger Willemsen sich unermüdlich einsetzte. Das war eine erste Begegnung voller gegenseitiger Sympathie. Eine Freundschaft entwickelte sich aber erst, als wir uns in Berlin bei seinen Weltmusik­abenden in der Berliner Philharmonie wiedertrafen. Diese Berliner Abende, die wir oft bis spät in die Nacht mit gemeinsamen Künstlerfreunden feierten, wurden zu unvergesslichen künstlerischen Begegnungen. Franziska Hölscher

Die bittere Erkenntnis, wie fragil und angreifbar vermeintliche Gewissheiten doch waren, öffnete einen Rückkanal der Nachdenklichkeit und verstärkten die Verarbeitung der eigenen, auch der individuellen Verletzlichkeit. Wer sind wir, wofür stehen wir, und was macht uns eigentlich aus? Auch wenn Willemsens „Deutschlandreise“ weder eine ästhetische noch eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den historischen Ereignissen ist, so kann man seine Reiseerlebnisse doch im Zeitkontext lesen.

Heute neu gelesen

Begegnet man dem Buch nun, über 20 Jahre nach seiner Veröffentlichung, wieder, so wird man berührt von der Überzeitlichkeit von Willemsens scheinbar beiläufigen Beobachtungen, die für das große Ganze stehen können. Dass Willemsen während seiner gesamten Reise aus einer betont neutralen, manchmal sogar distanzierten Grundhaltung heraus erlebt und berichtet, macht seinen Text umso intensiver.
„In Deutschland nach Deutschland zu reisen, das ist eine Exkursion zu einer Fata Morgana. Am schönsten ist das Land als Versprechen, weit weg. (…) Das unausrottbare Schöne, doch, das gibt es, aber man darf ihm nicht zu nahe kommen“, schreibt Roger Willemsen, um sich dann doch der Schönheit hinzugeben und die Magie von Orten und ihren Menschen funkeln zu lassen.

Johann Sebastian Bach (1685-1750):
Sonate c-Moll BWV 1017 : 1. Satz: Siciliano. Largo

Roger Willemsen: Heimat

Béla Bartók (1881-1945)
Rumänische Volkstänze: Allegro moderato
 
Roger Willemsen: Serbischer Tanz

Béla Bartók
Rumänische Volkstänze: Molto moderato

Roger Willemsen: Rumänische Land Art

Richard Strauss (1864-1949)
Sonate op. 18 Es-Dur: 2. Satz: Improvisation - Andante cantabile

Roger Willemsen: Bayrische Devotionen

Maurice Ravel (1875-1937)
Sonate G-Dur: 2. Satz. Blues

Roger Willemsen: Berliner Bahnsteig

Alexander Harutyunyan (1920-2012)
Sasoun Tanz

Roger Willemsen: Unterirdisch I

Maurice Ravel
Sonate G-Dur: 3. Satz: Perpetuum mobile. Allegro

Anton Webern (1883-1945)
Stücke op. 7: 3. Satz: Sehr langsam

Roger Willemsen: Der Kreidefelsen von Rügen

Johann Sebastian Bach
Sonate c-Moll BWV 1017: 3. Satz: Adagio

Roger Willemsen: Sonntag auf der Schwäbischen Alb

Johannes Brahms (1833-1897)
Sonate A-Dur op. 100: 2. Satz: Andante tranquillo – Vivace – Andante – Vivace di più – Andante – Vivace

Roger Willemsen: Seestück

Edvard Elgar (1857-1934)
Salut d´amour, op. 12

Roger Willemsen: Heimkehr

Johann Sebastian Bach
Sonate c-Moll BWV 1017: 1. Satz: Siciliano. Largo

Maria Schrader, Rezitation der Texte von Roger Willemsen (1955 - 2016)
Franziska Hölscher, Violine
Lauma Skride, Klavier

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