Politische Stücke klar im Vorteil
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Der österreichische Autor Thomas Köck ist zum zweiten Mal in Folge mit dem Dramatikerpreis der Mülheimer Theatertage ausgezeichnet worden. Unser Kritiker sieht eine Entwicklung des deutschsprachigen Dramas: weg vom Psychologischen hin zum Politischen.
Nach einer gut zweistündigen öffentlichen Jury-Debatte fiel am späten Samstagabend die Entscheidung für Thomas Köcks Stück "atlas". Der Dramatikerpreis ist mit 15.000 Euro dotiert. Zum diesjährigen Wettbewerb waren sieben Autorinnen und Autoren eingeladen. 2018 hatte Köck für sein Stück "paradies spielen (abendland. ein abgesang)" ebenfalls den Preis gewonnen.
Köck gewann auch den Publikumspreis 2019
Köck, dem mit nur einer Gegenstimme der Preis zugesprochen wurde, gewann auch den diesjährigen Publikumspreis, wie unser Theaterkritiker Bernhard Doppler berichtet. Im letzten Jahr war das nicht so. Da landete der österreichische Autor in der Gunst des Publikums auf dem letzten Platz.
Sein Stück sei eigentlich eines, das ganz auf Leipzig zugeschnitten scheine: Es thematisiere die Wende '89 und das Schicksal vietnamesischer Gastarbeiter zum Zeitpunkt der Wende, so Doppler. Dennoch wirke dieses scheinbar historische Stück ungeheuer aktuell.
Vor allem sei es ein sehr poetisches, berührendes und musikalisches Stück, das nicht moralisiere. Es überzeuge vor allem durch diesen historischen Ansatz, dieses Aus-der-Zeit-fallen, erklärt Doppler.
Ebenfalls hoch im Kurs: "Mitwisser" von Enis Maci
Ebenfalls Hoffnungen auf den Dramatikerpreis konnte sich Enis Maci für ihr Werk "Mitwisser" machen. Dieses sei von der Form her sehr interessant, erklärt Doppler. Drei Mordfälle würden nämlich zum Anlass genommen, um sich auf die Mitwisser, die im Netz die Geschehnisse kommentieren, zu konzentrieren. Damit gebe Maci zu verstehen: Diese Mitwisser sind auch wir, so Doppler weiter.
Der Dramatikerpreis gilt als eine der wichtigsten Auszeichnungen für Theaterautoren. Er wird seit 1976 jährlich verliehen, sodass man an der Preisverleihung gewisse Tendenzen der Entwicklung des deutschsprachigen Dramas ablesen könne. In diesem Jahr seien weniger psychologische Familiengeschichten beachtet worden, als vielmehr Stücke mit politischen und Zukunftsthemen, berichtet unser Theaterkritiker.