50. Art Cologne

"Man sollte Kunst aus Liebe kaufen"

Der Leiter der Kunstmesse Art Cologne, Hug Daniel, eröffnet am 15.04.2015 in Köln (Nordrhein-Westfalen) die Messe (16. bis 19.04.2015). Foto: Oliver Berg/dpa
Daniel Hug, Direktor der Art Cologne - die heute beginnende Kunstmesse feiert ihr 50jähriges Bestehen © dpa / picture alliance / Oliver Berg
Daniel Hug im Gespräch mit Nana Brink · 13.04.2016
Heute beginnt die 50. Art Cologne. Doch wie sinnvoll sind Kunstmessen im digitalen Zeitalter? Für Daniel Hug, Direktor der Art Cologne, sind sie unverzichtbar: Kunst brauche Räume und müsse mit eigenen Augen erlebt werden.
Sie ist ein Mekka für Sammler und Kunstliebhaber, die heute beginnende Art Cologne. 218 Galerien aus 25 Ländern sind bei der ältesten Kunstmesse der Welt vertreten. Die größte deutsche Kunstmesse feiert in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen.
Der Direktor der Art Cologne, Daniel Hug, sieht auch im digitalen Zeitalter eine große Existenzberechtigung für Kunstmessen, so seine Einschätzung im Deutschlandradio Kultur:
"Man braucht Galerien, man braucht Räume. Man muss die Kunst mit eigenen Augen und vor Ort erleben. Und deswegen wird es auch weiterhin Kunstmessen geben."

Der Hype auf dem Kunstmarkt

Hug sprach auch über die Situation auf dem Kunstmarkt und über den oft preistreibenden Hype von Sammlern um junge, Erfolg versprechende Künstler:
"Wenn Spekulation stattfindet und das bei einem guten Künstler stattfindet: Toll, da hat man gewonnen! Wenn das bei einem schwachen Künstler ist, dann hat man ein Problem. Die Hauptsache ist: Man sollte Kunst aus Liebe kaufen."
Auf dem Kunstmarkt gebe es nach wie vor die Werthaltigkeit der Klassischen Moderne, sagte Hug:
"Auf der anderen Seite gibt es manche bekannte Künstler der Klassischen Moderne oder Nachkriegskünstler, die in allen Museen vertreten sind. Die kosten natürlich auch mehr. Aber das ist eine sicherere Geldanlage als die Spekulation mit sehr jungen Künstlern."

"Was ist die Kunst wert?" Um diese Frage geht es auch in unserer Sendung "Kompressor" ab 14.07. Wir senden live von der Vernissage der Art Cologne und begeben uns dann auf einen ersten Messerundgang.



Das Interview im Wortlaut:

Nana Brink: Die Art Cologne ist die älteste Kunstmesse der Welt und findet zum 50. Mal statt. Das allein ist schon ein Erfolg. Das war 1967 nicht vorauszusehen, als gerade mal 18 deutsche Galeristen entschieden, dem Kunstmarkt in Köln ein Forum zu geben. Heute ist die Art Cologne ein Muss für Sammler und Galeristen aus aller Welt, und als sie begann, machte sie eine Million D-Mark Umsatz, ein Betrag, der sich heute im internationalen Kunsthandel geradezu rührend anhört. Der US-amerikanische Kunsthändler Daniel Hug ist seit 2008 Chef der Art Cologne. Ich grüße Sie!
Daniel Hug: Hallo!
Brink: Für das Geld, also umgerechnet 500.000 Euro bekommt man heute vielleicht ein Bild von Günter Uecker. Sieht man daran nicht, wie sehr sich Kunstmesse und Kunsthandel in diesem halben Jahrhundert verändert haben?
Hug: Ja, klar. Ich meine, es waren nur 18 Galerien 1967, und heute haben wir 218, also die Zeit hat sich schon ein bisschen geändert.

"Es wird weiterhin Kunstmessen geben"

Brink: Sind Kunstmessen dann überhaupt noch zeitgemäß? Gerade in der heutigen Zeit ist es doch ganz einfach auch, Bilder online kaufen zu gehen. Ich muss doch eigentlich überhaupt gar nicht mehr auf eine Messe gehen, um etwas zu kaufen.
Hug: Es kommt darauf an, was für Bilder. Es ist sehr eingeschränkt, was man über das Internet, also über ein digitales Foto kommunizieren kann über die Kunst. Man braucht Galerien, man braucht Räume, man muss auch die Kunst mit den eigenen Augen vor Ort erleben, und deswegen wird es auch weiterhin Kunstmessen geben.
Brink: Das sagt natürlich jemand wie Sie, der fasziniert ist, der leidenschaftlich ja auch bei der Sache ist und mit Kunst handelt. Aber für viele ist es ja nicht das Betrachten eines Bildes, sondern ein Bild ist ein Finanzgegenstand, ein Spekulationsobjekt. Also man kauft es nicht, um es sich unbedingt hinzuhängen, sondern weil es eine Anlageform ist. Trägt dem diese Messe, diese Form der Messe dann noch Rechnung?
Hug: Ja und nein. Wenn ich ein Auto kaufe, dann will ich natürlich einmal in dem Auto mal sitzen und um den Block fahren, um sicherzustellen, ob ich das Auto überhaupt gern habe. Als ich ein Galerist war, als ich angefangen habe, das ist fast 20 Jahre her, haben wir Kunden immer Fotos geschickt. Das hieß, man musste einen Fotografen beauftragen, der dann in die Galerie kam. Fotos, Dias wurden gemacht, dann Kopien davon, und dann wurden die Kopien an Kunden verschickt, mit Kurierservice.
Das Ganze hat enorm viel Geld gekostet. Heute kann man sehr einfach ein digitales Foto davon machen und das per E-Mail schicken, und innerhalb von fünf Minuten hat man eine Antwort. Das hat die Rolle von Galerien schon erleichtert.
Brink: Na sehen Sie, und die gucken sich die Bilder ja aber dann auch nicht live an, sondern nur das Foto.
Hug: Das klappt nur mit einzelnen Bildern und von Künstlern, wo der Kunde schon damit vertraut ist, wie die Arbeit live aussieht.

Wie der Kunstmarkt mit jungen Künstlern spekuliert

Brink: Aber trotzdem treiben Sie ja Handel, also Kunst muss sich verkaufen, es muss sich auch lohnen, auch für die, die sie kaufen. Ist da nicht auch die Gefahr, dass die Preise dann – dass es einen Hype gibt, dass sich das immer weiter treibt, dass es dann auch nicht mehr realistisch das abbildet, was Kunst wirklich wert ist?
Hug: In manchen Fällen ja, klar. Es gibt das. Das ist unvermeidbar. Auf der Art Cologne haben wir zum Beispiel 2.000 Künstler vertreten. Ich meine, wie viele Künstler gibt es? Ein paar Millionen. Sind die alle gut? Sind die alle Picasso, sind die alle Gerhard Richters? Nein, natürlich nicht. Wenn Spekulation stattfindet, wenn das bei einem guten Künstler ist, toll, dann hat man gewonnen. Wenn das bei einem schwachen Künstler ist, hat man ein Problem. Hauptsache, man sollte Kunst aus Liebe kaufen.
Auf der anderen Seite gibt es manche bekannte Künstler der Klassischen Moderne oder Nachkriegskünstler, die mittlerweile in den Museen sind, in allen Museen vertreten sind. Die kosten natürlich auch mehr, aber das ist eine sicherere Geldanlage, als wenn man jetzt mit einem sehr jungen Künstler spekuliert.

Eine frühe Christo-Arbeit als Lieblingsstück

Brink: Dann reden wir mal nicht vom Geld, oder mal nicht ausschließlich vom Geld. Welches Bild möchten Sie denn gern auf der Messe verkaufen, oder vielleicht sogar für sich selbst kaufen, aus Leidenschaft?
Hug: Es gibt sehr viel dieses Jahr, die Qualität ist deutlich gestiegen. Aber ein sehr großes Highlight – also, wenn ich jetzt ein Portemonnaie ohne Grenzen hätte, dann würde ich bei der Galerie Schwarz aus Düsseldorf (kaufen) – dort gibt es einen Jean-Claude Christo-Arbeit von einem eingewickelten Fahrrad von 1963, der hängt auf einem Gepäckträger. Christo hatte den Reichstag in Berlin komplett umwickelt, also der wickelt Sachen ein, das ist seine Kunst. Aber das ist ein sehr frühes Exemplar, ein sehr großes, und der Zustand ist sehr gut. Das kam aus einer Privatsammlung in Belgien. Und ja, ich hätte das am liebsten, das würde mich unheimlich freuen.
Brink: Wen nicht?
Hug: Das andere – ich meine, es gibt ganz tolle Sachen. Ich habe den Platz leider nicht dafür, aber bei einer anderen gibt es ein enormes Bild von Katharina Grosse, der deutschen Malerin Katharina Grosse. Und das ist absolut "wow".
Brink: Der Chef der Art Cologne, Daniel Hug. Vielen Dank für das Gespräch!
Hug: Gerne!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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