Robert Walser

Schattenbilder aus einem Poetenleben

29:45 Minuten
Der Schweizer Schriftsteller Robert Walser (u.a. "Jakob von Gunten) in einer zeitgenössischen Aufnahme. Er wurde am 15. April 1878 in Biel geboren und verstarb am 25. Dezember 1956 in Herisau.
Das Werk von Robert Walser wird editiert - eine Mammutaufgabe. 50 Bände sollen erscheinen. © picture alliance / dpa / B1885_Keystone_Press
Von Jörg Plath |
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Die auf 50 Bände angelegte Edition der Romane, kleinen Formen, Briefe, Manuskripte und Mikrogramme von Robert Walser erscheint als Lesefassung, im Faksimile, auf DVD und elektronisch. Im Jahr 2036 wollen die Philologen in Basel und Zürich fertig sein.

Da mir eine stattliche Buchhandlung überaus angenehm auffiel, ich Lust spürte, ihr einen flüchtigen Besuch abzustatten, so zögerte ich nicht, mit bester Manier einzutreten, wobei ich freilich dachte, dass ich womöglich eher als strenger Bücher-Revisor, Inspektor, Neuigkeitensammler, feiner Kenner, wie als gern gesehener, beliebter, reicher Einkäufer oder guter Kunde in Frage kommen könne. Mit höflicher, durchaus vorsichtiger Stimme erkundigte ich mich in begreiflicherweise gewähltesten Ausdrücken nach dem Neuesten und Besten auf dem Gebiete schöner Literatur.

Aus: Robert Walser, Der Spaziergang. Kritische-Walser-Ausgabe I (Buchpublikationen), Band 8

"Darf ich", fragte ich schüchtern, "Gediegenstes, Ernsthaftestes, mithin selbstverständlich Meistgelesenes wie raschest Anerkanntes und Gekauftes kennen und augenblicklich hochschätzen lernen? Sie würden mich zu ungewöhnlich hohem Dank verbinden, wenn Sie die Gefälligkeit haben wollten, mir gütig das Buch vorzulegen, das, wie ja sicher niemand so genau wissen wird wie Sie, beim lesenden Publikum sowohl wie bei gefürchteter, daher wohl auch umschmeichelter Kritik die höchste Gunst gefunden hat und ferner munter findet."

Aus: Robert Walser, Der Spaziergang. Kritische-Walser-Ausgabe I (Buchpublikationen), Band 8

Sprache aus Sprache

Barbara von Reibnitz sitzt so freundlich wie energisch lächelnd am großen Konferenztisch der KWA mitten in Basels Altstadt. Sie ist Editionsphilologin und gemeinsam mit dem Züricher Germanistikprofessor Wolfram Groddeck Gesamtherausgeberin der Kritischen-Walser-Ausgabe, der KWA:
"Also, ich kann wirklich sagen, dass der Walser mich in besonderer Weise als Editorin interessiert. Es ist total wichtig, was man da macht. Es ist eben tatsächlich wichtig, ob da ein Komma steht oder ein Punkt, weil die Sätze dann anders rhythmisiert sind, weil man dann merkt, wie sich die Sprache aus sich selbst heraus wieder neu generiert."

Das verborgene Werk

In Basel und in Zürich wird das Werk des Schweizers ediert, der bis in die 1920er-Jahre hinein eine wichtige Stimme der deutschsprachigen Literatur war, dann vergessen, Ende der 1960er-Jahre wiederentdeckt wurde und heute ein moderner Klassiker ist. Die Editoren wollen ein "verborgenes Werk" sichtbar machen, das verstreut erschien und, wenn überhaupt, wohl nur von Walser selbst überblickt wurde. Bis 2036 sollen etwa 50 Bände erscheinen. Eine Mammutaufgabe.
(pla)
Das Manuskript dieser Sendung aus dem Jahr 2014 können Sie hier herunterladen.

Es sprechen Julia Brabandt und Victor Neumann
Ton: Christiane Neumann
Regie: Klaus Michael Klingsporn
Redaktion: Sigried Wesener

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