Früher war mehr Aktivismus im Film
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Das "Internationale Forum des Jungen Films" ist so etwas wie die "aufmüpfige Schwester" der Berlinale. Seit 1971 werden hier explizit politische und experimentelle Filme gezeigt. Der erste Jahrgang ist bis heute für viele inspirierend.
Nicht nur die Berlinale feiert Geburtstag, sondern auch das Internationale Forum des jungen Films. Die Berlinale wird 70, das Forum wurde in diesem Jahr 50 Jahre alt. Gefeiert wurde das Jubiläum mit Filmen aus dem ersten Jahrgang von 1971 und einer Veranstaltung, bei der auf insgesamt sechs Podien eine Standortbestimmung versucht wurde.
Die vielleicht überraschendste Erkenntnis des vielen und öfter auch routinierten Redens: Die Filme von 1971 wurden mehrfach als Inspirationsquelle für die Auseinandersetzung mit der Gegenwart genannt.
Die Geschichte ist also nicht Vergangenheit – und der Bezug auf sie mehr als Nostalgie, wie die neue Leiterin des Forums, Cristina Nord, sagte:
"Heute neigen die Filme ja dazu, politisch zu sein, indem sie reflektieren, und gleichzeitig geht ja das Moment des Aktivistischen, das gerade die Filme über die US-amerikanische Bürgerrechtsbewegung auf jeden Fall haben, ein wenig verloren."
Dokumentation einer nicht geführten Debatte
Ein Beispiel für das Wiederfinden lieferte die österreichische Filmemacherin Ruth Beckermann, die 2018 mit "Waldheims Walzer" auf der Berlinale war. In dem Film hat Beckermann in den Achtzigerjahren gedrehtes Material ihres eigenen Aktivismus in einen neuen Zusammengang gesetzt.
Damals ging es ihr und ihren Mitstreitern um eine in Österreich nicht geführte Debatte: über die Nazi-Vergangenheit des kommenden Bundespräsidenten Kurt Waldheim. Woraus sich für die Gegenwart ein Verständnis von Politik kristallisierte, nach dem, so Beckermann, "diese Mechanismen, die ich ja versucht habe, rauszuarbeiten – wie gewinne ich Wahlen, in dem Fall mit Antisemitismus, heutzutage mit Ausländerfeindlichkeit und Rassismus –, immer funktionieren".