Hägar der Schreckliche wird 50

Ein politisch inkorrekter Lebensphilosoph

05:40 Minuten
Schwarz-Weiß-Foto von Chris Browne, der einen Wikingerhelm trägt und einen Comicband von Hägar dem Schrecklichen signiert.
"Hägar der Schreckliche" begann in den 1970er-Jahren als Gemeinschaftsprojekt des Comiczeichners Chris Browne und seines Vaters Dik Browne. © imago images / teutopress
Elmar Krämer |
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Grob, unkultiviert und einfach klasse: Der Comic-Wikinger Hägar wird 50. Die Comic-Strips vermögen es bis heute, Leser für wenige Sekunden aus dem Alltag zu reißen. Und sie sorgen für kleine Aha-Erlebnisse und große Lacher.
Es ist der vierte Februar 1973, als "Hägar der Schreckliche" in mehreren amerikanischen Zeitungen und Zeitschriften zum ersten Mal auftaucht. Ungewöhnlich ist hier: Die "Club-Tour" überspringt er und geht gleich auf die große Bühne.
Rund 200 Verlage kaufen die Abdruckrechte schon vor dem ersten Erscheinen, denn Zeichner Dik Browne war zuvor für die grafische Seite von "Hi and Lois" einem der bis dato erfolgreichsten Comic-Strips Amerikas verantwortlich. Doch Dik Browne wollte etwas Eigenes, wie er in einem Zeitungsinterview berichtet:
"Abgesehen von meinen finanziellen Gründen dafür, mit dem Strip anzufangen, habe ich immer davon geträumt, eine Art Familienbetrieb zu haben, so was wie Produktion in Heimarbeit. Das ist keine originelle Idee, weiß Gott – aber weißt du, das Großartige ist: Es hat geklappt."

Fußstapfen, in die keiner will

Und wie es klappt: Zwei Jahre nach dem Debüt präsentieren bereits 600 Zeitungen ihrem Publikum "Hägar, der Schreckliche", der sozusagen im Homeoffice entsteht. Browns Sohn Chris, selbst Vegetarier, dient als Vorlage für Hamlet, Hägars Sohn, der als Vegetarier, Pazifist und Bücherwurm, anders als seine Schwester Honi, eine Amazone im besten Sinne, so gar nicht in die Fußstapfen Hägars treten will.
Brownes Sohn Chris zeichnet von Anfang an mit und übernimmt 1989 die Serie. Heute erscheint Hägar in ca. 2000 Publikationen überall auf der Welt. Hägar tritt dem Publikum oft simpel und schnörkellos und in sympathischer Selbstverliebtheit entgegen. Das kommt auch in Deutschland gut an.
Das vermeintlich Einfache der Zeichnungen motiviert den einen oder anderen, selbst den Stift in die Hand zu nehmen. So auch Felix Görmann, der heute als „Flix“ ein gefeierter Comic-Zeichner ist:
"Bei mir hat das damals dieses Gefühl ausgelöst: Das kann ich auch! Und das finde ich gerade für junge Künstler eine Supermotivation, sich selber hinzusetzen. Da war Hägar auf einmal nicht mehr Hägar, sondern einer unserer Chemielehrer an der Schule, der ganz ähnlich aussah, und den hab ich dann in unserer Schule eigene Abenteuer erleben lassen. Das war einer der Anfänge meiner Zeichnerkarriere."

Die Kunst der Punktgenauigkeit

Flix stellt schnell fest: Comic-Strips, die qua Definition aus wenigen Bildfenstern bestehen, verlangen zwar keine ellenlangen Story-Boards, dafür aber Punktgenauigkeit. Und wenn das einem Zeichner wie Dik Browne über Jahrzehnte erfolgreich gelingt, verdient es Respekt:
„Wie schwierig das ist, so einen Charakter eben über so viele Jahre und voll konsistent hinzubekommen und dass eben Reduktion – nur weil es wenig ist – nicht gleich einfach ist, das weiß ja jeder, der schon mal versucht hat, ein Soufflé zu kochen, also da ist viel Luft drin, aber es muss halt exakt an den richtigen Stellen sein, sonst fällt alles zusammen.“
Hägar, der im Familienbetrieb der Brownes entstand, überlebt seinen Schöpfer Dik und lebt auch weiter, als Sohn Chris gesundheitsbedingt den Stift aus der Hand legen muss. Doch nach wie vor reist der Wikinger politisch unkorrekt plündernd durch die Welt und erwartet zu Hause Vollverpflegung, wenn er nach getaner Arbeit heimkehrt:
"Ich konnte kein neues Kleid für Dich finden, also hab ich Dir das hier mitgebracht."
"Was ist das?"
"Rostentferner!"

Die Lehre der großen Hörner

Hägar ist ein Macho, dennoch bringt er den Müll raus, wenn seine Frau Helga das anordnet. Denn Sie hat die größten Hörner auf dem Helm – und "je größer die Hörner, desto wichtiger der Wikinger".
„Heute gefällt mir an Hägar am besten, dass es eben nicht eine reine Wikingergeschichte ist, sondern dass es ja im Kern ein Familien-Strip ist, ein Gesellschafts-Strip, der eben diese Wikinger-Patina hat.
Also das ist zwar das Setting, aber im Kern verhandelt es moderne Gesellschaft und auch eine ziemlich moderne Ehe, die damals dargestellt wurde und das erst mal zu begreifen und so die zweiten Ebenen in so etwas zu entdecken, finde ich ja immer großartig.“

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Auf über 280 Seiten lässt das Buch „50 Jahre Hägar der Schreckliche“ sein Publikum durch die Jahrzehnte wandern. Angereichert durch Hägars Geschichte ist es eine Reise in die Welt einer politisch unkorrekten Comic-Figur, deren einfaches Gemüt ihr das Leben erleichtert und dem Publikum diese kleinen Zwischendurchmomente mit einem Schmunzeln im Gesicht beschert. Immer wieder lesenswert:
"Mann! Wenn ich an die künftigen Männer denke, wird mir schlecht. Wir Wikinger sind die letzten echten Individualisten."
"Genau."
"Genau."
"Genau."
"Genau."
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