"69/19. Die Kunsthalle Rostock. Ein halbes Jahrhundert für die Kunst"
17. Mai 2019 bis 13. Oktober 2019
Kunsthalle Rostock
Blick auf eine bewegte Geschichte
07:52 Minuten
1969 eröffnet, ist die Kunsthalle Rostock der einzige Neubau eines Kunstmuseums in der ehemaligen DDR. Zwischenzeitlich sollte die Kunsthalle geschlossen werden, nun feiert sie Geburtstag und zeigt eine Ausstellung zu ihrer 50-jährigen Geschichte.
Die Kunsthalle war in der DDR das einzige Museum, das auch westliche Kunst zeigte, erzählt Jörg-Uwe Neumann. Er ist seit 2009 Leiter der Kunsthalle Rostock. Gebaut wurde das Museum für die Biennale der Ostseeländer und "die teilnehmenden Länder haben ausgewählt, wer gezeigt werden durfte. Dadurch sind auch abstrakte Positionen gezeigt worden, die vielleicht sonst gar nicht durchgerutscht wären", erklärt Neumann.
Publikumsmagnet in der DDR
In den 70er- und 80er-Jahren sei so eine "heterogene Sammlung" entstanden, die "sehr gut das Zeitgeschehen abdeckt", so Neumann. Das Museum war anerkannt und erfolgreich. Dann kam die Wende. Die Nachwendejahre seien für das ehemals erfolgsverwöhnte Museum schwer gewesen. Die Wendezeit war für die Museen ein "Transformationsprozess", so Neumann:
"Die Museen mussten sich erst mal die Frage stellen und beantworten: Wie viel DDR wollen wir eigentlich zeigen? Und es gab ja die sogenannte Kolonialisierung durch viele Westdirektoren, die in den Osten kamen. Und das war bei uns eben auch so.
Wir hatten eine Kollegin aus Frankreich, die natürlich erstmal andere Sichtweisen hatten. Was politisch, glaub ich, sicherlich auch korrekt war, in der damaligen Zeit Anfang der 90er. Was aber dazu führte, dass die Besucherzahlen sehr reduziert wurden und damit auch der Einkaufsetat wirklich auch reduziert wurde. Es war ein schleichender Desinteressenprozess."
Plötzlich kamen keine Besucher mehr
Neumann ist eigentlich Zahnarzt. Die schwere Krankheit und der Tod seines älteren Bruders führten dazu, dass er seine Zahnarztkarriere beendete. Der Quereinsteiger in den Kunstbetrieb war der Retter der Kunsthalle, denn die sollte 2009 geschlossen werden:
"Die besten Zeiten waren in der DDR so 180.000 Besucher im Jahr – unvorstellbar aus meiner Sicht heute. Und der Nachwende-Negativrekord war ein bisschen über 6.000. Und da können Sie sich vorstellen, dass in diesem Spannungsfeld man Fragen stellt: Müssen wir so was überhaupt erhalten? Und auf einmal kam da so ein Zahnarzt und da hieß es: 'Oh weia, jetzt geht der ganze Laden komplett an den Baum!'. Und dann haben wir es zum Glück umreißen können, gleich mit Wolfgang Joop eine Ausstellung, die großes Publikumsinteresse hatte, und dann ist es uns gelungen, das wieder aufzubauen."
Die Wende war ein Bruch
50 Jahre ist die Kunsthalle Rostock nun alt und blickt auf 20 Jahre DDR-Geschichte und 30 Jahre Deutsche Einheit zurück. "69/19. Die Kunsthalle Rostock. Ein halbes Jahrhundert für die Kunst" heißt die Ausstellung, die die Geschichte der Kunsthalle reflektiert.
Der große Bruch war für die Kunsthalle die Wende, so Neumann. Dieser Bruch sei immer noch da und werfe Fragen auf, wie man mit der Kunst aus der DDR umgehe:
"30 Jahre jetzt entfernt von diesem Ereignis ist eine größere Gelassenheit eingetreten, aber auch die Erkenntnis, dass der Kapitalismus scheinbar nicht andere Antworten auf die drängende Fragen hat. Der Sozialismus hätte sie wahrscheinlich auch nicht gehabt, aber man ist etwas mehr bereit, gesellschaftspolitische Aspekte zu diskutieren. Deswegen glaube ich, gibt es auch wieder ein bisschen mehr Gelassenheit sich der Kunst der DDR zu widmen."
Zuversichtlich in die Zukunft
Das Profil des Museums ist deswegen auch klar:
"Wir sehen uns so, dass wir uns einsetzen für die Kunst der ehemaligen DDR und auch für die des Ostblocks insgesamt. Und wir versuchen gesellschaftspolitische Fragestellungen zu diskutieren, wie zum Beispiel in der kommenden Ausstellung 'Palast der Republik. Utopie – Inspiration – Politikum'.
Und wir versuchen uns auch regional zu verwurzeln. Das machen wir zum Beispiel mit 'Rostock kreativ', ein sehr erfolgreiches Format, bei dem Hobbykünstler der Region ihre Arbeiten abgeben können und wir zeigen die dann eine Woche. Das ist immer wieder ein riesiges Volksfest der Kunst, was sehr schön ist.
Und ich stehe dazu: Ich will ein offenes Haus für alle Bevölkerungsgruppen haben."
Trotzdem wird die Kunsthalle demnächst schließen, für rund zwei Jahre, da sie saniert werden muss. Der im September 2018 eröffnete Anbau, das Schaudepot, wird in dieser Zeit kleinere Ausstellungen zeigen.
(nho)