Peymann erinnert an Skandal-Aufführung
Tumulte und Prügeleien – all das gab es 1966 bei der Uraufführung des Dramas "Publikumsbeschimpfung" von Peter Handke. Regisseur Claus Peymann denkt gerne an diese Inszenierung zurück: Damals habe er sich mit seiner Truppe wie die Beatles oder die Rolling Stones gefühlt.
Am 8. Juni 1966 wurde Peter Handkes skandalträchtiges Stück "Publikumsbeschimpfung" im Frankfurter Theater am Turm uraufgeführt - in der Inszenierung von Claus Peymann.
"Es war ein legendärer Tag", so erinnert sich der Regisseur im Deutschlandradio Kultur an das Datum der Uraufführung. Die Beschäftigung mit Handkes Drama sei für ihn eine "Liebe auf den ersten Blick" gewesen:
"Ich war ja jung. Wir waren alle jung. Es war wirklich so die Zeit der Beatles und der Rolling Stones. Und eigentlich hatten wir das Gefühl, dass wir das fortsetzen, was diese proletarischen Sänger uns zeigten. Nämlich Revolte gegen das Bestehende, Revolte gegen das Schlagergeschäft. Und im Grunde ist die 'Publikumsbeschimpfung' ja das Stück der 68er gewesen, das heißt der Aufstand gegen das Bestehende."
Der Beginn des modernen Theaters
Bei der Premiere habe es heftige Tumulte gegeben, erzählte Peymann. Die zweite, für das Fernsehen aufgezeichnete Aufführung enthalte sogar Prügelszenen:
"Günther Rühle, ein nicht unwichtiger Theaterhistoriker und Theaterkritiker, hat gesagt: 'Mit diesem Termin fing das moderne Theater an. Heute sind wir natürlich ganz harte Sachen gewöhnt. Aber wir hatten das Gefühl: Wir sind jetzt die Beatles oder die Rolling Stones."
Wie Peter Handke zum Pop-Star der Dichter wurde
Aus dem jungen, noch weitgehend unbekannten Handke wurde zum Pop-Star unter den Dichtern. Das sei dann auch mit dessen Auftritt im April 1966 bei der "Gruppe 47" in Princeton verbunden gewesen, meinte Peymann:
"Handke war über Nacht wirklich der große österreichische, deutschsprachige Revoluzzer. Es war der Beginn seiner großartigen schriftstellerischen Karriere, die hoffentlich doch eines Tages beim Nobelpreis endet."
"Wir haben es nicht auf Skandal angelegt"
Peymann ging auch auf die heutige Situation des Theaters und die Erwartungen des Publikums ein. Die damalige Frankfurter Aufführung habe "gewaltiges Entertainment" geboten:
"Und zwar auf musikalisch-szenische Art. Es war ein Schmerzensschrei, aber zugleich auch eine große Freude. Aber es war auch ein Theaterfest. Wir haben es ja nicht auf Skandal angelegt. Das ist ein großer Irrtum. Der Handke hat klar gemacht, dass die bestehende Beziehung des Theaters auch mal hinterfragt werden soll."