50 Jahre Rockgeschichte in Ost und West

Von Alexandra Gerlach |
50 Jahre Rockgeschichte in Ost- und Westdeutschland zeigt ab Samstag eine Ausstellung im Haus der Geschichte in Leipzig. Die Schau "Rock! Jugend und Musik in Deutschland" stellt die Vielfalt der Rockmusik ebenso dar wie die Alltagskultur ihrer Anhänger in beiden Teilen des einst geteilten Deutschlands.
Bernd Lindner: "Wir haben hier eine Musikbox, die funktioniert, die Besucher können 20 Cent einwerfen, und dann werden Musiken aus den 50er Jahren aufgerufen, die kommen aus dem Westen die meisten, Rock n´Roll, auch mein Lipsi-Platte ist drin, hier auf dem Fußboden sehen Sie Lipsi-Schritte, aber auch Rock n'Roll Schritte, und man kann einfach nachtanzen"
Der Lipsi - das war die Antwort der SED auf den Rockn'Roll. Vor mehr als 50 Jahren begann dieser seinen Siegeszug von den USA aus in die ganze Welt. Auch in Deutschland fand er schnell eine große Fan-Gemeinde unter den Jugendlichen. Doch
die Partei- und Staatsführung der DDR sah die Musik aus den USA als Bedrohung für ihre Jugend. Es galt einen Kontrapunkt zu setzen, das gelang nur mit mäßigem Erfolg, wie Prof. Bernd Lindner, Projektleiter der neuen Leipziger Ausstellung erläutert:

Lindner: "Wir stehen direkt vor einem Kleid von Frau Seifert, Mitinhaberin einer Tanzschule in Leipzig, mit der sie in den 50er Jahren diesen Lipsi vorgeführt hat, (...) hat sich nicht lange gehalten, aber ein Stück deutsche Musikgeschichte."

Das grün-weiß getupfte Kleid von Frau Seifert ist eines von 1200 Exponaten deutsch-deutscher Musikgeschichte, die bis April in Leipzig gezeigt werden. Die Schau zeigt wichtige Etappen der Rock- und Popgeschichte zu Zeiten der deutschen Teilung.
Denn Rockmusik stand damals wie heute für das Lebensgefühl, die Wünsche und Träume junger Menschen, in beiden Teilen Deutschlands. Gleichwohl war sie Teil unterschiedlicher Jugendkulturen. Daher versteht Bernd Lindner die Musik von einst heute als Schlüssel zum besseren Verständnis zwischen Ost- und Westdeutschen:

"Alle heute lebenden Generationen sind mit Rock-Musik groß geworden, und sie vernbindet viel mit dieser Musik, und wer einmal damit groß geworden ist, ob in Ost oder West, wird diese Musik nie wieder los, und wenn wir uns heute verstehen wollen, sollte man vielleicht auch mehr über diese Art der Herkunft erfahren wollen, (...) Gemeinsamkeiten, Unterschieden,(…) wichtig für das gegenseitige Verständnis."

Lindner: "Sie sehen hier drei Gitarren und einen Bass, von George Harrison, Bass von Paul Mc Cartney (…) von John Lennon, von Ringo eine Trommel,..."

Auch die Bassgitarre des 5. Beatle ist ausgestellt. Der Deutsche Klaus Voormann, ist eigentlich Grafiker, doch er freundet sich mit den Beatles an, und spielt mit ihnen auf der Bühne. Für sein Plattencover, das er für das Album Revolver kreiert, gewinnt er einen Grammy. Gefragt, wie er zur Rockmusik kam, gibt er sich beschieden in der Rückschau.
Voormann: "Das war Zufall, ich war eigentlich Grafiker, (…) und dann hat es mich in die Clubs gezogen, wo ich die Rockbands gesehen habe."

In der DDR hatten Rock-Musiker und ihre Fans es schwer. Argwöhnisch wurden sie von der Staatsführung beobachtet, lange Haare waren nicht gern gesehen, Bernd Lindner erinnert sich:

"Wir wollten nicht politisch sein, wir wurden politisch gemacht."

Hippies hatten es schwer, sich modisch zu kleiden, die Materialknappheit war auch hier zu spüren:

"Das ist ein Hippie-Hemd aus der DDR,(...) Blumendecke der Mutter von der Wäscheleine entwendet..."

Nur wenige ostdeutsche Rockmusiker schafften es auch im Westen Deutschlands bekannt zu werden. Nina Hagen ist eine der wenigen, die auch jenseits der Mauer erfolgreich wurde.

Für Thomas Krüger, den Präsidenten der Bundeszentrale für Politische Bildung ist diese geringe Zahl von erfolgreichen Ost-Karrieren im Westen auch darauf zurückzuführen, dass der Westen nur wenig in den Osten schaute, und dementsprechend wenig über die Alltagsrealität in der DDR wusste:

Immerhin: einen Erfolgssong gibt es auch: "Über sieben Brücken" wurde im Osten wie im Westen zum Hit, in verschiedenen Interpretationen von Ost- und Westkünstlern.

Und heute? Heute spielen die Unterschiede keine Rolle mehr, sagen die Organisatoren der Ausstellung. Bestes Beispiel die Leipziger Band die Prinzen. Heute Abend werden sie zur Eröffnung spielen.