50 Jahre Schwulenbewegung

Mehr als nur cis-männlich weiß

05:09 Minuten
Eine Gruppe schwuler Männer unterhält sich auf einem Bett.
Mit seinem Film "Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt" sorgte Rosa von Praunheim für Aufsehen. Zum 50-jährigen Jubiläum wird der Schwulenklassiker im WDR wiederholt. © WDR
Dominik Djialeu im Gespräch mit Johannes Nichelmann |
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Die Schwulenbewegung hat Rosa von Praunheim viel zu verdanken. Doch dessen Blick war zu einseitig, findet der Schauspieler und Podcaster Dominik Djialeu. Die Bewegung müsse um die Kategorie "queer" erweitert und intersektional gedacht werden.
50 Jahre ist es nun her, dass Rosa von Praunheim seinen Film "Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt" auf der Berlinale zeigte. Eine Provokation damals, die auch so etwas wie die Geburtsstunde der westdeutschen Schwulenbewegung war. Seitdem ist viel passiert: Schwule können mittlerweile heiraten und Kinder adoptieren.
"Menschen wie Rosa von Praunheim haben wichtige Arbeit geleistet in der Vergangenheit. Ich denke jedoch, dass die Debatten, die damals geführt wurden, noch sehr cis-männlich weiß waren. Und ich glaube, wir können heute ein Stück weiter denken und eben noch andere Menschen aus der queeren Community, noch andere Lebensrealitäten miteinbeziehen und intersektionaler denken."

Queersein ist auch eine politische Einstellung

Das sagt Dominik Djialeu, er betreibt den Black Brown Queeren Podcast und ist Moderator der Deutschlandfunk-Kultur-Reihe Voice Versa. Djialeu beschäftigt sich mit Intersektionalität, der Überschneidung und Gleichzeitigkeit verschiedener Diskriminierungskategorien gegenüber einer Person. Das bedeutet zum Beispiel: Wenn diese Person schwarz, lesbisch und ein Arbeiterkind ist, wird sie sehr wahrscheinlich auf verschiedenen miteinander verwobenen Ebenen diskriminiert.Die Schwulenbewegung hat Rosa von Praunheim zweifellos viel zu verdanken, doch heute muss diese Bewegung um die Kategorie "queer" erweitert werden, fordert Djialeu. Unter diesem Begriff versammeln sich nicht nur Schwule und Lesben, sondern auch Bi-, Trans- und Intersexuelle, aber auch alle Menschen, die sich keinem Geschlecht zuordnen. Das bedeutet, queere Menschen stellen die heteronormative "Geschlechterordnung" infrage. Queersein ist also auch eine politische Einstellung, wie Djialeu sagt.

Andere Charaktere, andere Geschichten

"Ich glaube, wir haben genügend Stoffe gesehen, die von dem weißen schwulen Mann handeln. Ich glaube, wir sollten auch anfangen, Geschichten von BiPoC – Menschen of Color – zu erzählen und von queeren Menschen aus anderen Kulturkreisen, vielleicht aus Kulturkreisen, in denen Homosexualität noch nicht so 'anerkannt' ist wie bei uns."
So eine queere Geschichte erzählt uns Faraz Shariat in seinem Kinofilm "Futur Drei", der momentan in den Kinos zu sehen ist. Im Mittelpunkt steht ein deutsch-iranischer schwuler Mann in Hildesheim. Solche Filme wünscht sich Djialeu als Ergänzung, denn es gibt nicht nur diese eine cis-männlich weiße Realität, wie er sagt. Die Charaktere in dem Film sind teilweise migriert, leben in der Diaspora und "das bringt ganz andere Gedanken, ganz andere Geschichten mit sich".

Rosa von Praunheims Film "Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt" gibt es am Sonntagabend (4. Juli 2021) im WDR und schon jetzt online zu sehen.

(ckr)
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