50 Jahre "Sticky Fingers" von den Rolling Stones

Mit Zunge und Sexismus

06:30 Minuten
Die britische Rockband The Rolling Stones bei einem Konzert in London 1971. Von links: Mick Jagger (Gesang), Mick Taylor (Gitarre), Keith Richards (Gitarre), Charlie Watts (Schlagzeug)
Der Text des Songs "Brown Sugar" vom Album "Sticky Fingers" – adressiert an Mick Jaggers Freundin, die Sängerin Marsha Hunt – strotzt vor Chauvinismus. © picture alliance / AP / J. Maum
Von Goetz Steeger |
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Das Album "Sticky Fingers" von 1971 ist ein markanter Punkt in der Geschichte der Rolling Stones: erste Veröffentlichung auf dem eigenen Label, erstmals mit Zungenlogo. Doch es zeigt auch die frauenverachtende Seite des Rock ’n‘ Roll.
Das Intro von "Brown Sugar", dem ersten Track auf "Sticky Fingers", ist markig – und der ganze Song einer der großen Stones-Evergreens: prägnant und rockend, ohne dabei erdrückend heavy zu wirken, sondern immer mit diesem lässigen Blues-Unterton. Das Album erschien am 23. April 1971.
Der krude Text des Songs allerdings – adressiert an Jaggers Freundin, die Sängerin Marsha Hunt – strotzt vor sexistischem Chauvinismus, damals nichts wirklich Besonderes. Mit der Emanzipation war es 1971 noch nicht weit her, vor allem im Rock ’n‘ Roll.
Musikalisch strahlen die Stones auf "Sticky Fingers" eine erstaunlich tiefe Verwachsenheit mit US-amerikanischer Kultur aus: mit sparsam und pointiert gesetztem Balladen-Soul wie in "I Got The Blues", aber auch mit einem sicheren Händchen für Country-artige Songs. Das bekannteste Beispiel ist "Wild Horses".
Die aller Wahrscheinlichkeit nach in "Wild Horses" besungene Marianne Faithfull war selbst an dem Album beteiligt: Von ihr stammt der Text von "Sister Morphine", über die dunkle Seite von Sex, Drugs and Rock ’n' Roll.
Ihr Name kam allerdings erst Jahre später auf das Cover – nachdem sie vor Gericht gegangen war. Eine Band wie die Stones ist eben eine Männerdynastie.

Erste Veröffentlichung auf "Rolling Stones Records"

Insgesamt bildet das Album "Sticky Fingers" in mehrerlei Hinsicht einen Eckpunkt in der Stones-Geschichte. Inmitten der Aufnahmen zum Album performte die Band auf dem Altamont Festival, auf dem der 18-jährige Meredith Hunter direkt vor der Bühne von Hells Angels erstochen wurde, während die Stones gerade spielten. Vorher der Tod von Brian Jones, für den der mehr im Blues verhaftete Mick Taylor eingestiegen war.
Auch rein geschäftlich war "Sticky Fingers" ein Neuanfang: als erste Veröffentlichung auf dem eigenen Label "Rolling Stones Records".

Spektakuläres Cover von Andy Warhol

Hier tauchte zum ersten Mal auch das Zungenlogo auf: John Pasche heißt der Designer. Spektakulär war auch das Cover, eine 15.000-Pfund-Auftragsarbeit von Andy Warhol höchstpersönlich – die Jeans in der ersten Version mit echt eingenähtem Reißverschluss und provokant sichtbarer Männlichkeit am Schritt.
Das Covermotiv von Sticky Fingers bei einer Andy Warhol-Asstellung
Nur echt mit Reißverschluss: Das Covermotiv von Sticky Fingers bei einer Andy Warhol-Asstellung.© imago / ZUMA press
Sinnbild einer überholten Rock-’n‘-Roll-Attitüde. Wenn man die außer Acht lässt, entdeckt man den Reichtum einer hingebungsvoll musizierenden Band mit tollen Songs. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
(abr)
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