Langes Warten auf eine faire Vergütung
Über Fragen des Urheberrechts machen sich Kreative, Verlage und Politiker seit Jahren Gedanken. Zum 50-jährigen Bestehen des Urheberrechts in seiner alten Form hat sich eine Tagung der Akademie der Künste in Berlin an einer Bestandsaufnahme probiert. Die Stimmung ist eher verhalten.
"Raubkopierer werden mit bis zu fünf Jahren Freiheitentzug bestraft"
"Mama, wann kommt Papa wieder?"
"Noch vier Mal singen..."
"Mama, wann kommt Papa wieder?"
"Noch vier Mal singen..."
So warb die Kreativindustrie vor über zehn Jahren für die Einhaltung der Urheberrechte. Seitdem es viele Streamingdienste gibt, sind die illegalen Downloads zwar zurückgegangen, aber: Bei den Kreativen kommt dennoch kaum etwas an. Ein Klagelied, das seit Jahren gesungen wird, so auch auf der zweitägigen Konferenz.
Grundtenor war: Das weitgehend unregulierte Internet überrollt uns alle. Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, meint auch, dass die Politik in den letzten zehn Jahren zu zögerlich war:
"Sie hat ja auch gesagt, dass man erstmal abwarten soll, wie sich die technischen Entwicklungen im Normalbetrieb dann auch auswirken, ..., das bedeutet aber nicht, dass wir dort nicht auch neue Regeln brauchen würden, weil das Urheberrecht sich noch nicht an die digitale Welt angepasst hat."
Schutz vor der Übermacht amerikanischer Medien
22 Jahre nach dem Urknall des Internets, als das World Wide Web für Privatnutzer zugänglich wurde, ist das eigentlich ein Skandal. Justizminister Maas, der gestern eine Rede für die Stärkung des Urheberrechts und der Kreativen hielt, ist umtriebig bei dem Thema. Er forderte schon mal die Zerschlagung von Google oder die Offenlegung des Such-Algorithmus.
Zufällig traf er sich nach seiner gestrigen Rede erneut mit Google-Chef Eric Schmitt. Maas muss sich immer wieder mit kleinen Schritten zufrieden geben angesichts der staatenübergreifenden Problematik. Es geht eben nicht nur um europäische Regelungen, sondern auch, Stichwort TTIP, um den Schutz vor der Übermacht amerikanischer Medien - und Internetunternehmen.
Ein Problem des nationalen, deutschen Urheberrechts ist bislang, dass es Vergütungsmodelle kaum gesetzlich vorschreiben kann. Für die Kreativen ist das aber eine unbefriedigende Situation, so beschreibt es der Filmkomponist Matthias Hornschuh. Wenn einer der Filme mit seiner Musik bei YouTube oder anderen Plattformen eingestellt wird, dann bekommt er davon keinen einzigen Cent.
"Es ist dann andererseits so, dass diese Plattform YouTube sich weigert einen Lizenzvertrag mit der Gema abzuschließen, das heißt: Ich bekomme an der Stelle keine Werbung, die mich geschäftlich weiterbringen würde. Ich bekomme keinen Lizenzerlös und keine Nutzungsvergütung. Das sind die wesentlichen Punkte, mit denen in diesem Zusammenhang argumentiert wird, und das heißt ich habe da gar nichts von, aber möglicherweise dass Leute, die sich interessieren, eine DVD mit meinem Film zu kaufen mit meiner Musik da drauf, das nicht mehr tun werden, weil sie es auf YouTube umsonst finden."
Zwar machen manche YouTube-Stars viel Geld im Netz, aber das gilt eben nur für eigenproduzierte Videos.
Probleme bei der internationalen Harmonisierung
Clevere Ideen sind gefragt, die sowohl Geschäftsmodelle im Netz ermöglichen, als auch die Urheber fair entlohnen. Eines könnte so aussehen: Jeder Nutzer eines Breitbandanschlusses zahlt rund 50 Euro im Jahr, die an die Kreativen verteilt werden könnten. 1,2 Milliarden Euro kämen so zusammen.
Vor Jahren schon haben die Grünen oder der Chaos Computer Club eine solche Abgabe diskutiert. Klingt nach einem guten Deal – die Internetbranche würde sich aber mit Sicherheit dagegen wehren, immerhin würde sie nicht umhin kommen, sich daran zu beteiligen.
Auf EU-Ebene sitzt man derzeit an einer Harmonisierung des Urheberrechts. Problem dabei: In vielen osteuropäischen Staaten beispielsweise ist das Urheberrecht sehr weich und vage – das anzugleichen an westliche, strengere Regeln wird schwierig werden. Auch die amerikanische Regel des "Fair Use" ist bei uns noch unbekannt – diese beinhaltet, dass man Werke kommentieren oder parodieren und Ausschnitte verwenden darf, ohne dass dafür Gebühren anfallen.
Günther Oettinger, EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft, stellt nächste Woche ein Reform-Papier zur Harmonisierung des Urheberrechts vor. Eines der Themen darin: Die sogenannte Portabilität über die Landesgrenzen hinweg, also die Nutzung von kulturellen Werken im Netz außerhalb von Deutschland. Oettinger gibt ein Beispiel:
"Wenn ich in Deutschland das Recht erwerbe, eine digitale Dienstleistung zu nutzen, zum Beispiel Bundesliga, und habe es bezahlt und bin auf Urlaub oder dienstlich in Belgien, Italien, Rumänien, kann ich es nicht mehr sehen. Das heißt, ich glaube, dass Portabilität, die Mitnahme eines erworbenen Rechtes auf Zeit, zwingend der Mobilität und Freizügigkeit unserer Bürger und unserem Arbeitsmarkt entspricht, deswegen wollen wir moderne Regeln für Portabilität - umgekehrt muss klar sein: Wie sichern wir Exklusivrechte, wie sichern wir geistige Arbeit?"
Doch hier wird die Initiative zur Harmonisierung des Urheberrechts in Europa nichts verändern, an die Frage der Marktmacht der großen Portale wie YouTube oder spotify wagt man sich gar nicht erst heran. Viele Kreative werden also weiterhin auf eine faire Vergütung warten.