Shitstorm wegen Pose vor Obdachlosen-Schlafplatz
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Mit einer 550-Euro-Designer-Tasche im Aldi-Look hat Schauspieler Lars Eidinger vor einem Obdachlosen-Nachtlager posiert und dafür Kritik im Netz bezogen. "Da ist er ins Fettnäpfchen getreten", meint auch "Hinz und Kunzt"-Chefredakteurin Birgit Müller.
Sie sieht aus wie eine Aldi-Tüte, ist aber aus Rindsleder und kostet 550 Euro. Diese Nobel-Tasche im Discounterlook hat Schauspieler Lars Eidinger ziemlich viel Kritik eingebracht.
Gemeinsam mit dem Designer Philipp Bree hat Eidinger die "LE 1" entworfen – und im Netz mit umstrittenen Fotos dafür geworben: Dort sind Fotos zu sehen, auf denen Eidinger mit der limitierten 550-Euro-Tasche vor einem Obdachlosen-Nachtlager posiert.
Die Empörung in den sozialen Medien ist groß. "In Berlin sind Tausende von Menschen obdachlos und müssen zuweilen bei Minusgraden in der Kälte schlafen. Lars Eidinger hat nichts Besseres zu tun, als ein Fotoshooting vor dem Schlafsack eines Obdachlosen zu veranstalten und mit seinem 'Taschendesign' Armut zu ästhetisieren", schreibt beispielsweise die Journalistin Nhi Le auf Twitter.
"Die Aldi-Tasche für 550 Euro in Zusammenhang zu stellen mit den Obdachlosen, das ist natürlich eine gewisse Geschmacklosigkeit", meint auch Birgit Müller, Chefredakteurin der Hamburger Obdachlosenzeitung "Hinz und Kunzt". "Da ist er ins Fettnäpfchen getreten."
Die Würde jedes Menschen im Auge behalten
Die Tasche selbst fände sie "vielleicht noch witzig", sich vor dem Nachtlager eines Obdachlosen damit fotografieren zu lassen, eher weniger. Die Redakteure und Fotografen ihrer Zeitungen "Hinz und Kunzt" würden grundsätzlich in einen starken Kontakt mit den Obdachlosen gehen, selbstverständlich bei Fotos deren Einwilligung einholen, sie eben genauso behandeln wie jeden anderen auch. "Wir bemühen uns immer, sehr stark die Würde von Obdachlosen im Auge zu behalten. Das hat Lars Eidinger hier leider nicht getan."
Dass Eidinger sich über Obdachlose lustig machen oder Schaden anrichten wollte, glaubt sie aber nicht. Deswegen würde sie sich auch über eine Diskussion mit dem von ihr ansonsten geschätzten Schauspieler freuen, so Müller.
Eidinger selbst reagierte erst einmal auf die Kritik in den sozialen Medien nicht direkt. Auf seinem Instagram-Account hieß es zuvor: "Oft messen wir Luxusartikeln, die wir vielleicht ein, zwei Mal im Jahr benutzen, einen höheren Wert zu als Dingen des täglichen Gebrauchs. Es ist eine Verneigung und Wertschätzung dem Alltäglichen gegenüber. Eine Hommage an den Alltag. Natürlich spielt es auch damit, ein Wegwerfprodukt nachhaltig zu machen."
(lkn)