60 Jahre deutsch-französische Freundschaft

Der lange Weg zur guten Nachbarschaft

08:24 Minuten
Der französische Staatspräsident Charles de Gaulle und der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer am 9. Februar 1961, beide in schwarzen Anzügen, vor der offenen Tür des Pariser Elysee Palastes.
Charles de Gaulle und Konrad Adenauer, 1961. Knapp zwei Jahre später unterzeichneten der französische Staatspräsident und der Bundeskanzler den Élysée-Vertrag. © picture-alliance / dpa / Rohwedder
Andreas Wirsching im Gespräch mit Stephan Karkowsky |
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Deutschland und Frankreich verbindet eine schwierige Beziehung, geprägt durch Krieg und gegenseitige Ressentiments. Der Élysée-Vertrag von 1963 war ein großer Schritt hin zur Freundschaft. Könnte das auch irgendwann der Ukraine und Russland gelingen?
Niemand wagt derzeit, belastbare Prognosen abzugeben, wie lange der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine noch andauern wird. Und gesetzt den Fall, er wird in absehbarer Zeit beendet sein: Was kommt dann?
Kann es jemals eine Versöhnung und wieder ein friedliches Nebeneinander, geschweige denn Miteinander zwischen beiden Ländern geben? Wenn es gelänge, würde dieser Prozess wohl dennoch viele Jahrzehnte dauern.

Es braucht viel Zeit

Zwei andere Länder, nämlich Deutschland und Frankreich, haben es geschafft. Aber auch in ihrem Fall brauchte es viel Zeit. Vor 60 Jahren wurde die deutsch-französische Freundschaft mit dem Elysee-Vertrag besiegelt.

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Aus ehemaligen Feinden sollten Partner, gar Freunde werden. Das war das Ziel des Vertrags „über die deutsch-französische Zusammenarbeit“ vom 22. Januar 1963, unterzeichnet von dem damaligen CDU-Bundeskanzler Konrad Adenauer und dem französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle. Nur 18 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der NS-Herrschaft.

Deutschland war der Aggressor

Es war kein einfacher Weg, sagt der Historiker Andreas Wirsching, Leiter des Instituts für Zeitgeschichte in München. Denn lange Zeit waren die Deutschen für Frankreich schlicht die Aggressoren: „Das löste das Bild vom Land der Dichter und Denker ab.“
Von jahrhundertelanger „Erbfeindschaft“ ist im Zusammenhang mit dem komplizierten Verhältnis zwischen Frankreich und Deutschland oft die Rede.
Beide Seiten nahmen sich in früheren Jahrhunderten nicht viel, was Macht- und Eroberungswillen über die eigenen Landesgrenzen hinaus anbelangte:
Napoleons Truppen kamen im frühen 19. Jahrhundert nach Deutschland, die Deutschen wiederum erklärten Frankreich 1870 den Krieg, verleibten sich Elsass und Lothringen ein.

Viele Gründe, die Nachbarn zu hassen

Die Franzosen besetzten nach dem Ersten Weltkrieg Teile des Ruhrgebiets. Und was während des Zweiten Weltkriegs passierte, ist bekannt. Unsere französischen Nachbarn hatten nach den Gräueltaten des NS-Regimes allen Grund, Deutschland zu hassen.
Für Menschen, die erst Jahrzehnte später geboren wurden, ist gutes Einvernehmen mit dem EU-Nachbarn eine Selbstverständlichkeit. Viele haben einige Zeit als Austauschschülerin, als Student oder als junge Berufstätige in Paris, Lyon oder anderenorts verbracht, und für ebenso viele wurde daraus eine lebenslange innige Beziehung zu Frankreich und umgekehrt.

Das Bild vom "boche" hat ausgedient

Viele Millennials wissen vermutlich gar nicht mehr, dass die Deutschen auch Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg für viel Franzosen nur die „boches“ waren – was sich wohl von dem Begriff „caboche“, deutsch: Dickschädel oder auch Holzkopf, herleitet. Doch das wurde zunehmend seltener.
Wirsching selbst war von 1989 bis 1992 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Historischen Institut Paris. „Ich persönlich habe so etwas nicht erlebt", sagt er. "Ich kann mich an kein einziges solches Ereignis erinnern.“ Allerdings habe ihm eine französische Bekannte, die mit einem Stipendium Ende der 80er-Jahre nach Deutschland kam, folgenden Satz von ihrer Mutter überliefert: „Wenn du einen Deutschen heiratest, dann bringst du mich um.“

Die Feindschaft ist Vergangenheit

Die Wiedervereinigung, die wider Erwarten im Ergebnis „kein viertes Reich war, wie manche der Franzosen das befürchtet hatten, hat dann ein Übriges getan, dass sich das alles geändert hat“, sagt der Historiker.
Und: „Ich bin optimistisch genug zu sagen: Die Feindschaft, die gehört der Vergangenheit an, wenn sie nicht durch nationalistische Kräfte neu geschürt wird.“
(mkn)
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