Hanns Eislers Widerstandswerk
Hanns Eislers „Deutsche Symphonie“ sei eine Botschaft gegen die Nazis gewesen, sagt Musikwissenschaftler Albrecht Dümling. Im amerikanischen Exil begann Eisler mit der Komposition des Werks mit Anklängen. Es wurde vor 60 Jahren uraufgeführt.
"Ich habe einen sehr interessanten Kompositionsplan und zwar will ich eine große Symphonie schreiben, die den Untertitel 'Konzentrationslagersymphonie' haben wird. Es wird auch in einigen Stellen Chor verwendet, obwohl es durchaus ein Orchesterwerk ist."
Das schrieb Hanns Eisler im Juli 1935 aus Moskau an seinen Freund und Co-Autor Bert Brecht. Beide hatten aus Deutschland fliehen müssen - und beide fanden sich einige Zeit später in Dänemark, dann im amerikanischen Exil wieder, wo sie ihre Zusammenarbeit fortsetzten.
"Der Ursprung war eine Laune"
Eisler hatte kurz zuvor die USA zum ersten Mal besucht, um eine Reihe von sogenannten Vortragskonzerten durchzuführen.
"Ich erinnere mich ganz genau, als ich von einer Tournee in Amerika müde wurde, jeden Abend über die Kulturbarbarei Deutschlands den Amerikanern was zu erzählen – ich wurde einfach müde, weil das einförmig war, beschloss ich, um wieder etwas zu arbeiten – auch an einem trüben Herbstabend, in einem Chicagoer Hotel – die ‚Deutsche Symphonie‘ zu komponieren. Der Ursprung war eine Laune. Ja, die Laune dauerte dann fünf Jahre. Fünf Jahre musste ich daran arbeiten."
Zwischen Orchesterstück, Melodram und Oratorium
Es ist ein Werk, an dem er weit länger als die erinnerten fünf Jahre arbeitet. Hatte Beethoven mit seiner Neunten zum ersten Mal Chor- und Sologesang in eine Symphonie integriert, so geht Eisler noch weiter.
Die "Deutsche Symphonie" changiert zwischen Orchesterstück, Melodram, Oratorium und Chor-Kantate. Die fast einstündige Komposition nutzt gesprochene, ja geflüsterte Texte ebenso wie das politische Lied.
Exilkunst für ein besseres Deutschland
"Das ist sein größtes Werk des Exils neben dem Hollywooder Liederbuch. Es war für ihn die Botschaft des Widerstandes, eben vom Ästhetischen, von den Brecht-Texten her und von der Aussage, dass eben das bessere Deutschland in den KZs, in den Konzentrationslagern sitzt", so der Eisler-Forscher Albrecht Dümling. "Es wurde ja damals der Name ‚Deutsch‘ von den Nazis für alles verwendet, und er sagte: Warum haben nur die Nazis den Begriff ‚Deutsch‘? Wir im Exil, wir sind das andere Deutschland, dafür hat er bewusst diesen Begriff ‚Deutsche Symphonie‘ genommen."
Das Werk gerät zu einem schwierigen Unternehmen, denn die symphonischen Vorbilder sind übergroß. Allgemeinen programmatischen Aufladungen von Musik, wie sie in der Vergangenheit häufig anzutreffen waren, steht Eisler skeptisch gegenüber.
Das Werk gerät zu einem schwierigen Unternehmen, denn die symphonischen Vorbilder sind übergroß. Allgemeinen programmatischen Aufladungen von Musik, wie sie in der Vergangenheit häufig anzutreffen waren, steht Eisler skeptisch gegenüber.
"In Symphonien um Beispiel gibt es eine Art geschwollene ‚Weltanschauung', ich sage Weltanschauung in Anführungszeichen, das heißt eben ‚durch Nacht zum Licht‘. Wobei das überhaupt nichts mehr bedeutet. Bei Beethoven hat das einen Sinn gehabt, bei uns ist das billig wie Brombeeren."
Zwischen Zwölftonmusik und Arbeiterlied
Der 1898 in Leipzig geborene Hanns Eisler hatte das musikalische Handwerk vor allem bei Arnold Schönberg erlernt, den er Zeit seines Lebens verehrte. Dennoch begann er früh, die musikalische Arbeit in den Dienst seiner politischen Überzeugung zu stellen. Als überzeugter Kommunist komponierte er in den Zwanzigerjahren Arbeiterlieder, Stücke für Laienchöre oder Musik für politisch sich links positionierende Filme.
Albrecht Dümling: "Es war damals, das heißt kurz nach 1933 die Strategie des linken Exils, eine Verbindung herzustellen zwischen Volksfront und Avantgarde. Es ging ja zunächst um die Einheitsfront, also um die Verbindung der Arbeiter zusammen und dann Volksfront, da wurden dann auch Bürgerliche einbezogen in den Widerstand gegen Hitler."
So versuchte er, die "bürgerliche Kunstmusik" in Gestalt der Zwölftontechnik mit populären Liedformen und harmonisch Gewohntem zu verbinden. Einige Texte stammen von Ignazio Silone, einem Mitbegründer der kommunistischen Partei Italiens, der sich jedoch vom stalinistischen Personenkult abgewendet hatte.
Albrecht Dümling: "Es war damals, das heißt kurz nach 1933 die Strategie des linken Exils, eine Verbindung herzustellen zwischen Volksfront und Avantgarde. Es ging ja zunächst um die Einheitsfront, also um die Verbindung der Arbeiter zusammen und dann Volksfront, da wurden dann auch Bürgerliche einbezogen in den Widerstand gegen Hitler."
So versuchte er, die "bürgerliche Kunstmusik" in Gestalt der Zwölftontechnik mit populären Liedformen und harmonisch Gewohntem zu verbinden. Einige Texte stammen von Ignazio Silone, einem Mitbegründer der kommunistischen Partei Italiens, der sich jedoch vom stalinistischen Personenkult abgewendet hatte.
Auch in der DDR saß Eisler bald zwischen allen Stühlen. Als Komponist der Nationalhymne hochgeehrt, gleichzeitig als zu wenig volksnah kritisiert, konnte seine Symphonie erst am 24. April 1959, drei Jahre vor seinem Tod, in Berlin zur Aufführung gelangen.