Locarno mit starker deutscher Präsenz
Viele deutsche Schauspieler und Filme präsentieren sich beim 69. Filmfestival in Locarno. Auf der Piazza Grande wird unter anderem "Paula" über die Malerin Paula Modersohn-Becker von Regisseur Christian Schwochows gezeigt. Die Retrospektive widmet sich dem deutschen Nachkriegsfilm.
Heute Abend werden die 69. Internationalen Filmfestspiele von Locarno mit dem britischen Science-Fiction-Film "The Girl with all the Gifts" eröffnet. Im Wettbewerb konkurrieren 20 Spielfilme um den Goldenen Leoparden. Über die Gewinner entscheidet eine internationale Jury unter dem Vorsitz des mexikanischen Regisseurs Arturo Ripstein. Das Filmfestival von Locarno gilt traditionell als Sprungbrett für die Autorenfilmer von morgen.
Bereits zum Auftakt gab es gestern Abend auf der Piazza Grande eine Weltpremiere zu bestaunen, Urs Eggers Drama "Gotthard", die Geschichte des abenteuerlichen Baus des ersten Gotthard-Eisenbahntunnels, kein Zufall, so der Präsident des Filmfestivals Marco Solari:
"Normalerweise ist das Festival von Locarno kein Festival mit Thema. In diesem Fall aber haben wir eine Ausnahme gemacht, weil der neue Gotthard-Tunnel, diese 57 Kilometer, die Norden und Süden verbinden, sind ein historisches Werk."
In "Gotthard" spielt Maxim Mehmet die Hauptrolle des deutschen Ingenieurs Max Bühl, was war beim Dreh besonders schwer, wollte man gestern Abend von ihm wissen:
"Das Schwierigste war, das Schweizerdeutsch des Regisseurs zu verstehen!" (Lachen)
Filmfest im Zeichen des deutschen Films
Deutsche Schauspieler und deutsche Filme sind dieses Jahr sehr stark in Locarno vertreten. Auf der Piazza Grande werden Maria Schraders hierzulande sehr erfolgreicher Stefan-Zweig-Film "Vor der Morgenröte" und Christian Schwochows Spielfilm "Paula" - über die Künstlerin Paula Modesohn Becker - gezeigt. Letzterer feiert seine Weltpremiere.
Die deutsche Regisseurin Angela Schanelec kann sich mit "Der traumhafte Weg" Hoffnungen auf den Hauptpreis machen. Ihr Film geht nächsten Mittwoch in das Rennen um den Goldenen Leoparden. Darin beobachtet sie die schicksalshaften Lebenswege mehrerer Paare, die sich nach vielen Jahren in Berlin wiedersehen.
Schauspieler Mario Adorf den Ehrenpreis für sein Lebenswerk.
Festivalpräsident: Retrospektive lohnt Reise
Und dann ist da noch die Retrospektive deutscher Filme der Nachkriegszeit, die Kurator Olaf Möller zu verdanken ist. Klassiker wie: "Am Tag, als der Regen kam" oder "Hunde, wollt ihr ewig leben" werden gezeigt, doch Möller hat auch ganz seltene Filme ausgewählt:
"Eins meiner Lieblingskinder ist 'Der gläserne Turm' von Harald Braun. Einem der für mich unterschätztesten Filmemacher dieser Periode. Ein eigenwilliger Film über den Zusammenbruch von Geschlechterrollen in der mittleren Adenauer-Periode."
Die Retrospektive war ein Wunsch von Festivalpräsident Marco Solari, der voller Lob ist:
"Es ist die Reise wert, für diese Retrospektive extra nach Locarno zu kommen und diese Retrospektive zu genießen."
Insgesamt sind in Locarno mehr als 250 Filme zu sehen.