70 Jahre Europarat

Einhaltung der Menschenrechte als unbedingtes Ziel

Flaggen der Mitgliedsstaaten vor dem Europaratsgebäude in Straßburg
Europaratsgebäude in Straßburg – dem Europarat gehören mittlerweile 47 Staaten an. © picture alliance/imageBROKER/Stefan Obermeier
Von Wolfgang Stenke |
Die Wahrung der Menschenrechte, die Sicherung von Demokratie und Rechtsstaat, die Bekämpfung des Terrorismus – das sind wichtige Ziele des Europarates. Am 5. Mai 1949 von zehn Staaten gegründet, ist er institutionell unabhängig von der Europäischen Union.
Europa lag in Trümmern, als Winston Churchill 1946 an der Universität Zürich sein Rezept für den Wiederaufstieg des geschundenen Kontinents verkündete:
"Worin besteht dieses Heilmittel? In der Wiedererschaffung der europäischen Familie. Und indem wir ihr eine Struktur geben, in der sie in Frieden, Sicherheit und Freiheit leben kann. Wir müssen eine Art Vereinigte Staaten von Europa schaffen."
Churchill, nach der Abwahl als Premierminister Oppositionsführer im britischen Unterhaus, griff Ideen auf, die schon die paneuropäische Bewegung nach dem Ersten Weltkrieg vertreten hatte. Im Zweiten Weltkrieg waren es linke Résistanceleute aus Belgien, Frankreich, Holland und Italien, die für die Zeit nach den Kämpfen die europäische Einigung in ihre Programme schrieben.
Auch bürgerliche und christliche Kreise sahen nach der Katastrophe des Krieges Europas Zukunft in einer gemeinsamen Föderation. So fiel Churchills "Zürcher Rede" auf fruchtbaren Boden. Auf Kongressen in der Schweiz und den Niederlanden verständigten sich die Anhänger der Europäischen Bewegung und machten öffentlich Druck.
Die Mitglieder des Brüsseler Paktes - einer Beistandsverpflichtung von Großbritannien, Frankreich und den Benelux-Staaten - ergriffen 1949 die Initiative zur Gründung einer gemeinsamen europäischen Institution. Norwegen, Schweden, Dänemark, Irland und Italien kamen hinzu. Am 5. Mai 1949 unterschrieben die Außenminister dieser Länder in London das "Statut des Europarates". Drei Monate später eröffnete Edouard Herriot, ehemaliger französischer Regierungschef und überzeugter Europäer, in der Aula der Straßburger Universität die erste Sitzung der "Beratenden Versammlung des Europarates".

Mittlerweile 47 Staaten im Europarat

Der Europarat, der seit 1949 in Straßburg residiert, darf nicht verwechselt werden mit den beiden fast gleichnamigen Organen der EU. Als Institution ist er nicht mit der Europäischen Union verbunden. Schließlich wurde die zwischenstaatliche Organisation schon gut zwei Jahre vor der Montanunion gegründet, die als Keimzelle der Europäischen Union gilt. Mit der EU teilt der Europarat die Flagge und die Hymne.
Der damalige britische Außenminister Ernest Bevin bei der Unterzeichung des "Statuts des Europarats" im Londoner St. James Palace
Der britische Außenminister Ernest Bevin bei der Unterzeichung des "Statuts des Europarats" im Londoner St. James Palace© AP Images
Dem Europarat gehören mittlerweile 47 Staaten an, die dort durch ihre Außenminister im Ministerkomitee und durch Abgeordnete der Länderparlamente in der Parlamentarischen Versammlung vertreten sind. Ziel des Rates sind u.a. die Wahrung der Menschenrechte, die Sicherung von Demokratie und Rechtsstaat sowie die Bekämpfung des Terrorismus. Die Bundesrepublik Deutschland war zunächst nur assoziiert, erst im Mai 1951 erlangte sie die volle Mitgliedschaft. Erster deutscher Redner in der Parlamentarischen Versammlung in Straßburg war der CDU-Politiker Eugen Gerstenmeier:
"Durch Ihre Einladung an uns haben Sie uns Deutschen eine Möglichkeit gegeben, uns selbst wiederzufinden und aus der Wüste und der Zerstörung, in die wir durch eine verbrecherische Tyrannei verbannt waren, wieder herauszukommen."

Rat schuf "Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte"

Zur neuen Ordnung des vom Krieg gezeichneten Kontinents gehörte nach dem Willen der Gründer des Europarats unbedingt die Einhaltung der Menschenrechte. Sie wurden nicht nur in einer Konvention proklamiert: Der Rat schuf in Straßburg den "Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte". Die viel beachteten Urteile lauten in der Regel auf Schadensersatzansprüche gegen die Heimatländer der Kläger.
Dass der Europarat und seine Parlamentarische Versammlung selbst nicht frei sind von Rechtsverstößen, zeigen die Skandale um die CDU/CSU-Abgeordneten Strenz und Lintner, die sich für Lobbyarbeit im Dienste des autokratischen Regimes in Aserbaidschan bezahlen ließen. Die beiden haben mittlerweile lebenslanges Hausverbot in Straßburg.
Schwere Belastungen für den Europarat brachte auch der Streit der beiden Mitgliedsländer Ukraine und Russland um die Krim. Nach der Annektion der Halbinsel 2014 entzog die Parlamentarische Versammlung den russischen Abgeordneten das Stimmrecht. Russland stellte die Zahlung seiner Beiträge ein. Gleichwohl möchte der Europarat die Türe für die Rückkehr der russischen Delegation weiter offenhalten.
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