70 Jahre Lügendetektor

Der Glaube an die Unfehlbarkeit

Polizeibeamte im kalifornischen Berkeley testen einen Lügendetektor beim Verhör eines Gefängnisinsassen.
Polizeibeamte im kalifornischen Berkeley testen einen Lügendetektor beim Verhör eines Gefängnisinsassen. © imago/UIG
Von Laf Überland |
Wegen seiner Unzuverlässigkeit ist er in amerikanischen Gerichten verboten, doch bei Bewerbungsgesprächen und Vorermittlungen zu Strafgerichtsprozessen ist der Lügendetektor nach wie vor beliebt. Im Jahr 1935 wurde er zum ersten Mal getestet, er sollte brutale Verhörmethoden ersetzen.
Fernsehton NCIS: "So’n Polygraph lässt sich auch überlisten. – Nein das geht nicht. – Ich hab das schon gemacht, hab’s beim Mossad gelernt."
Ja, indem man zum Beispiel bei völlig harmlosen Testfragen Ausschläge des Geräts provoziert: sich auf die Zunge beißt, hektisch atmet, die Pobacken zusammenkneift usw.
Die Grundidee zum Lügendetektor ging auf die zunehmenden Erkenntnisse darüber zurück, dass emotionale Bewegung beim Menschen physiologische Auswirkungen hat: Und wenn jemand eine Lüge erzählt, ist das eine gefährliche Situation für die Person, deshalb schüttet ihr Körper Adrenalin aus.
Wenn nun während eines Verhörs vier elementare physiologische Parameter des Probanden aufgezeichnet würden: Blutdruck, Puls, Atemfrequenz und elektrischen Hautwiderstand – so die Idee –, dann würde man erkennen, ob der Verhörte lügt oder nicht.
Zu Beginn: Ruf der Unfehlbarkeit
1921 wurde der erste Polygraph (wie der sogenannte Lügendetektor exakt heißt) in Amerika gebaut, erstmals offiziell bei Verhören getestet wurde er allerdings erst am 2. Februar 1935 – vom Techniker (und Hobbyzauberer!) Leonarde Keeler in Kalifornien.
Die Idee war eigentlich sehr anständig: Leonarde Keeler wollte (zumindest ursprünglich) die brutalen Verhörmethoden, mit denen die Polizei Informationen aus verdächtigen Personen herauszuquetschen pflegte, durch die harmlosen Tests ersetzen. Aber die vermeintliche Unfehlbarkeit der Maschine erzeugte bereits im Vorfeld so große Angst, dass die Polizei sogar mit einer leeren Schachtel anstelle eines Lügendetektors Geständnisse erwirkte.
Fernsehton NCIS: "Tja, wenn du kein Spion bist, McGee, wovor hast du dann Schiss? – Er hat Prüfungsangst, so ist das."
Die Macht des Lügendetektors beruht auf dem Glauben an die Macht des Lügendetektors! Unter Wissenschaftlern gilt die den Polygraphen zugrunde liegende Theorie nämlich als pseudowissenschaftlich, und es ist bekannt, dass die Geräte eine Fehlerquote von mindestens 10 bis zu 47 Prozent aufweisen.
An Erhöhung der Trefferquote wird gearbeitet
Nach dem 11. September 2001 gab es deshalb angestrengte Versuche, die Trefferquote zu verbessern: mit Hirnstromwellenmessung (EEG), Messen der Magenbewegungen, mit Mimik-Scannern oder Wärmebildkameras, die den Gesichtsbereich um die Augen beobachten. Derzeit wird eine Lügendetektortechnik mit Magnetresonanztomographen propagiert, die bei Verhör das Gehirn beobachten.
Fernsehton NCIS: "Gar nicht gut ..."
Die Hoffnung stirbt zuletzt. Dabei hatte bereits 1966 der CIA-Mann Cleve Backster bewiesen, dass die Ergebnisse dieser technischen Geräte mitunter etwas mystisch ausfallen. Dieser Backster war – schon seit den Fünfzigern – ein zuverlässiger Ausbilder am Lügendetektor, und am Morgen des 2. Februar 1966 schloss er seinen Lügendetektor an seine Büropflanze an – einen Drachenbaum: Dracaena, der zur Familie der Mäusedorngewächse gehört.
Und Backster beobachtete, wie die Pflanze sich offensichtlich freute, als er sie goss. Erstaunt nahm er ein Feuerzeug und hielt es an die Blätter: Aber der Pegel schlug schon aus, bevor das Feuer die Blätter berührte. Ganz offensichtlich hatte seine Dracaena die Bedrohung aus Backsters Gedanken gelesen. Also untersuchte der CIA-Mann den Schmerz, den Eier beim Kochen empfinden, und fand – so heißt es – heraus, dass seinem Drachenbaum die Eier leid taten ...
Nun ja – auf der Homepage der CIA findet man Backsters Namen nicht mehr: Dafür aber auf denen etlicher Esoterik-Zirkel.
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