70 Jahre Telefonseelsorge

    Lebensberatung per Telefon

    Eine ehrenamtliche Mitarbeiterin der evangelischen Telefonseelsorge München hält einen Telefonhörer an einem Arbeitsplatz für Seelsorger, während die Homepage der Telefonseelsorge auf einem Monitor zu sehen ist.
    Schnelle, anonyme und kostenfreie Hilfe bei Depressionen, Suizidgedanken und anderen Krisen bietet die Seelsorge seit 70 Jahren. Nicht nur per Telefon, auch per Chat, Mail oder App können Hilfesuchende selbst über das Tempo und die Nähe zu Seelsorgern entscheiden. © picture alliance / Tobias Hase
    Der tragische Tod einer Teenagerin bewegte einen englischen Pfarrer, eine Telefonnummer für Hilfesuchende einzurichten – die Telefonseelsorge war geboren. Der Bedarf an telefonischer Hilfestellung ist auch hierzulande groß, nicht nur in Krisenzeiten.
    Eine Teenagerin nimmt sich das Leben, weil sie glaubt, dass sie eine unheilbare Krankheit hat – dabei hatte sie nur zum ersten Mal ihre Monatsblutung.
    Dieses tragische Schicksal erschüttert den jungen Priester Chad Varah. Er ist fest davon überzeugt, dass er ihren Tod hätte verhindert können, wenn sie jemanden zum Reden gehabt hätte. Um anderen Menschen mit Suizidgedanken zu helfen, richtet er gemeinsam mit dem Kirchengemeinderat eine Notfallnummer ein, und wirbt dafür mit einer Annonce in einer Zeitung: „Bevor Sie sich das Leben nehmen, rufen Sie mich an!“
    Zwei Männer halten ein altes Kabeltelefon in den Händen
    Aufnahme vom Februar 1975: Der anglikanische Pfarrer Chad Varah (links) gilt als Gründer der Telefonseelsorge© imago / ZUMA / Keystone / imago stock&people
    Am 2. November 1953 öffnet die Leitung. Das Angebot stößt auf rege Nachfrage, sodass sich immer mehr Freiwillige engagieren, um dem Bedarf nachzukommen. Die Telefonseelsorge war geboren. Heute wird sie 70 Jahre alt.

    Telefonseelsorge in Deutschland

    Auch in Deutschland gibt es seit 1956 ein ähnliches Angebot. In Zeiten von Krieg und Krisen ist die Telefonseelsorge gefragter denn je. Die ehrenamtlichen Helfer arbeiten permanent unter Volllast, berichtet Pfarrer Frank Ertel. Er ist Co-Vorsitzender der Telefonseelsorge Deutschland und sagt: Krisen und Kriege verunsichern Menschen, die ohnehin schon mit Problemen in ihrem Leben zu kämpfen haben.
    Aber es sind nicht immer Selbstmordgedanken, die sie dazu bewegen, Hilfe zu suchen: „Das andere große Thema ist Einsamkeit. Menschen wollen gesehen werden, sie wollen Menschen haben, die ihnen zuhören, die sie erreichen können, und das ist in Krisenzeiten etwas schwieriger .“

    Seelsorge ist ein Ehrenamt

    Die Telefonseelsorge ist ein Netzwerk mit 104 Standorten in Deutschland. Dahinter stehen die beiden großen Kirchen als Träger. 8.000 ehrenamtliche Mitarbeitende bundesweit führen rund 1,2 Mio. Gespräche pro Jahr. Für Anrufer kostenlos. Daneben gibt es auch ein Angebot via Chat und per Mail. Gerade weil das verbale Ausdrücken von Anliegen für manche eine größere Hürde darstelle, begrüßt Ertel das Zusatzangebot.
    15 Prozent der Anfragen, die per Chat- und Mail eingehen, drehen sich um Suizidgedanken. Per Telefon sind es hingegen fünf Prozent. Rund zwei Drittel der Anrufenden sind weiblich.

    Telefonseelsorge per KI?

    Mit dem Krisenkompass bietet die Telefonseelsorge auch eine App mit Hilfe zur Selbsthilfe an. Auch das Künstliche-Intelligenz-Sprachprogramm ChatGPT rückt als Ansprechpartner für Hilfen ins Licht. Die Open-AI-Managerin Lilian Wenig vergleicht das Tool sogar mit Psychotherapie. Experten warnen jedoch davor, sich auf das Programm zu verlassen, da es auch immer wieder zu Fehlern kommt.

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    Hilfsangebote für Menschen mit Depressionen: Wer das Gefühl hat, an einer Depression zu leiden oder sich in einer scheinbar ausweglosen Lebenssituation zu befinden, sollte nicht zögern, Hilfe anzunehmen. Hilfe bieten zum Beispiel auch die Telefonseelsorge in Deutschland unter 0800 111 0 111, das Info-Telefon Depression unter 0800 3344533 oder die Stiftung Deutsche Depressionshilfe auf ihrer Website.

    Weitere Hilfenummern

    Neben der Telefonseelsorge von den kirchlichen Trägern gibt es noch weitere Beratungsangebote. Die Nummer gegen Kummer richtet sich neben Jugendlichen und Erwachsenen auch an Kinder. Der Krisenchat ist ein Beratungsangebot, was sofort und ohne Hürden helfen möchte. Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ ist eine Anlaufstelle, die sich insbesondere an die weibliche Zielgruppe richtet.
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