Die Tage vor der Befreiung von Auschwitz
Der Name Auschwitz ist Symbol geworden für den organisierten Massenmord an den europäischen Juden. Am 27. Januar jährt sich der Tag der Befreiung des Konzentrationslagers zum 70. Mal. Margarete Wohlan und Sabine Gerlach blicken zurück auf das, was in den Tagen davor geschah.
"Hier also sehen wir die Ruine des Krematoriums Nummer 4. Das Krematorium wurde am 7. Oktober '44 teilweise zerstört bei der Revolte von Häftlingen des Sonderkommandos."
Jacek Lech führt eine Besuchergruppe über das Gelände des ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau. Eindringlich erzählt der Mitarbeiter der Gedenkstätte, was hier vor 70 Jahren geschah.
"Die zwei größten Anlagen die wurden am 20. Januar 45, also eine Woche vor der Befreiung zerstört, in die Luft gesprengt. Und das Krematorium Nummer 5 wurde erst am 26. Januar 45 in die Luft gesprengt. Also ein Tag vor der Befreiung."
Kälte, Schnee - und drei SS-Männer mit Pistolen
Als die Krematorien und Gaskammern gesprengt werden, befinden sich die meisten Häftlinge schon auf dem Todesmarsch in Richtung Westen. Rund 56.000. Einer von ihnen ist Jozef Paczynski.
"Es war Frost, Schnee, Kälte. Ich ging am äußersten Schluss. Hinter uns drei SS-Männer mit Pistolen. Die schossen auf alle, die nicht mehr konnten und zurückblieben."
Rund 8000 Häftlinge befinden sich am 26. Januar '45 noch auf dem Lagergelände. Darunter 600 Kinder, erzählt Museumsführer Jacek Lech:
"Das sind die Schwachen, die Kranken, die Erschöpften, die nicht imstande waren, marschieren zu können. Die konnten nicht evakuiert werden. Die meisten SS-Männer haben das Lagergelände schon verlassen. Es gab noch ein paar Einheiten, die das Lagergelände kontrollierten, das heißt mobile Einheiten, die auch für die Spurenbeseitigung zuständig waren. Und diese SS-Männer haben auch sehr viele Häftlinge in den letzten Stunden getötet."
Auf dem Lagergelände liegt dichter Schnee. Es ist kalt und dunkel. Die SS hat Strom und Wasser abgestellt. Die Häftlinge hungern:
"Also, diese Häftlinge, die schon gehofft haben, dass alle SS-Männer weg sind, die versuchten ihre Baracken zu verlassen und etwas Essbares zu finden. Diese, die noch Kräfte dazu hatten versuchten das Essen nicht nur für sich selber, sondern auch für ihre Mithäftlinge zu organisieren. Also, das ist die Situation und dann in dem Moment, bei dem Versuch, wurden einige Häftlinge von den SS-Männern erwischt und erschossen, also ermordet, also in den letzten Stunden kurz vor der Befreiung, ja. Auf diese Art und Weise sind über 800 Häftlinge ermordet worden, kurz vor dem Einmarsch der Roten Armee. "
"Es war Nacht und die Lichter waren aus"
Das Morden in den Gaskammern stellt die SS Ende November 1944 ein. Zu diesem Zeitpunkt ist eins der insgesamt fünf Krematorien bereits zerstört und das Lager befindet sich in Auflösung. Teile der Vernichtungsanlagen, wie die Metalltüren der Krematoriumsöfen, werden demontiert und die arbeitsfähigen Häftlinge nach und nach in andere Konzentrationslager ins Reichsinnere verschleppt. Der Musiker Coco Schumann kommt in ein Nebenlager von Dachau. Er gehört zu den letzten Häftlingen, die Auschwitz im Januar 1945 in einem Güterwaggon verlassen:
"Als die Transporte losgingen, haben wir uns Sorgen gemacht, wo wir wohl jetzt landen werden. Wir haben keine Verbindung gehabt zu den Krematorien, die waren im Nebenlager, wir konnten die zwar sehen, aber nicht, was da vor sich ging. Wir haben ja nicht gewusst, dass wir nach Bayern kommen, wir konnten ja doch irgendwohin kommen, wo wir umgenietet werden, nicht."
Am 18. Januar 1945 nimmt die Rote Armee Krakau ein. Russische Truppen sind nur noch rund 60 Kilometer von Auschwitz entfernt. Die Front rückt unaufhaltsam näher und die SS versucht, noch möglichst viele Spuren zu beseitigen. In den Tagen, bevor die Krematorien und Gaskammern gesprengt werden, setzt die SS Baracken in Brand und vernichtet einen Großteil der Lagerdokumentation. Dazu gehören Transportlisten und die Personalakten der Häftlinge. Überall auf den Lagerstraßen brennen Scheiterhaufen.
Zu den wenigen noch lebenden Augenzeugen gehören der 86-jährige Asher Aud und der 95-jährige Jozef Paczynski. Beide haben Auschwitz und den Todesmarsch nach Mauthausen überlebt.
"Es war Nacht und die Lichter waren aus. Nur zwei große Feuer brannten, ein Feuer vor der politischen Abteilung und das andere vor der Krankenstation. Ansonsten war alles dunkel. Alles raus! Alles raus!"
"Was ich kann mich erinnern: Haben wir angefangen zu hören die Kanonen from die Russen und dann hat man uns rausgenommen from Auschwitz zu Mauthausen. Wenn wir sind gegangen Totenmarsch, da sind keine Menschen gegangen, da sind nur Skeletten gegangen. Ich kann Ihnen nicht sagen, wieso ich bin das durchgekommen."