72. Filmfestspiele in Locarno

Regisseur Pedro Costa gewinnt Goldenen Leoparden

54:26 Minuten
Den Hauptpreis des 72. Internationalen Filmfestivals Locarno, den Goldenen Leoparden, hat der Spielfilm "Vitalina Varela" des Regisseurs Pedro Costa aus Portugal gewonnen. Hier mit der Schauspielerin Vitalina Varela.
Schauspielerin Vitalina Varela, die im gleichnamigen Film „Vitalina Varela“ die Hauptrolle spielt, und Regisseur Pedro Costa in Locarno. © picture alliance/dpa/URS FLUEELER
Moderation: Patrick Wellinski |
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Der portugiesische Regisseur Pedro Costa hat den Hauptpreis der Internationalen Filmfestspiele in Locarno für seinen Spielfilm „Vitalina Varela“ über das Leben im Slum gewonnen. Als beste Schauspielerin wurde Vitalina Varela geehrt.
Der Spielfilm "Vitalina Varela" von Regisseur Pedro Costa ist mit dem Goldenen Leoparden des 72. Internationalen Filmfestivals in Locarno ausgezeichnet worden. Das gab die Jury unter dem Vorsitz der französischen Regisseurin Catherine Breillat am Sonnabend bekannt. Die Studie über das Leben in einem Slum in Lissabon begeistert vor allem mit magisch schönen Bildern. Als beste Schauspieler wurden Vitalina Varela, die sich im Gewinnerfilm selbst spielt, und der Brasilianer Regis Myrupu in der brasilianisch-französisch-deutschen Gemeinschaftsproduktion "A Febre" ("Fieber") in der Rolle eines indigenen Arbeiters geehrt.

Weitere Preisträger sind:
Premio speciale della giuria (Spezialpreis der Jury) der Gemeinden von Ascona und Losone: "Pa-go" von PARK Jung-bum, Südkorea
Pardo per la migliore regia (Leopard für die beste Regie): Damien Manivel für "Les Enfants d'Isadora", Frankreich/Südkorea
Besondere Erwähnungen "Hiruk-pikuk si al-kisah" (The Science of Fictions) von Yosep Anggi Noen, Indonesien/Malaysia/Frankreich
und
"Maternal" di Maura Delpero, Italien/Argentinien

Locarno hat es nicht leicht, sich gegen die großen Festivals wie Cannes oder Venedig durchzusetzen. Da man hier kaum an die großen Autorenfilmer und ihre neusten Werke kommt, setzt das Festival seit Jahren auf den künstlerisch ambitionierten Film und öffnet sich damit für Avantgarde und andere audiovisuelle Formate. Dabei darf die große Unterhaltung auf der Piazza Grande nicht fehlen. Besonders das deutsche Kino offenbarte dieses Jahr seine Vielfalt quer durch die Sektionen.

Präzises Genre-Werk

Mit "Alles wird gut" gewann Regisseur Patrick Vollrath 2015 nicht nur den Studenten-Oscar, er erhielt gleich darauf auch noch eine Oscar-Nominierung in der Kategorie Bester Kurzfilm. Vier Jahre später hat Patrick Vollrath seinen Debütfilm fertiggestellt, "7500" mit Hollywood-Star Jason Gordon Levitt in der Hauptrolle. Er spielt einen Piloten, dessen Maschine im Flug entführt wird. Ein spannender Thriller, der sehr gekonnt die Genre-Codes bedient, und auf engstem Raum, eben nur im Cockpit, auch etwas klaustrophobisches hat. Im Interview spricht Patrick Vollrath über Hindernisse beim Dreh und erklärt, wie er mit diesem vielleicht Hollywood erobern möchte.

Black Light – Eine Retrospektive als Kurskorrektur

Für viele Cinephile ist die Retrospektive in Locarno das wahre Highlight der Festivalsaison. Diesmal widmete sich die Retro der Geschichte des Black Cinema und versuchte zu ergründen was dieser Begriff eigentlich bedeutet. Wann können wir von einem Black Cinema sprechen? Ab wann herrscht die kulturelle Aneignung der schwarzen Kultur, wann wird sie befreit? Heikle Fragen für unsere heikle Gegenwart. Welche Antworten die Filme in Locarno gaben, besprechen wir mit Filmkritikerin Anke Leweke.

Aufwachsen in der westdeutschen Provinz

"Das freiwillige Jahr" heißt die deutsche Hoffnung auf den Goldenen Leoparden in Locarno Es ist die Geschichte von Jette und ihrem Vater Urs. Als wir sie kennenlernen, soll Jette zum Flughafen gebracht werden, damit sie in Costa Rica ein freiwilliges Jahr absolvieren kann. Durch mehrere Umstände verpasst sie den Flug und flüchtet vor dem Zorn des Vaters mit ihrem Freund Mario. "Das freiwillige Jahr" erzählt sehr überzeugend und sachte von der Suche nach dem eigenen Glück in der Westdeutschen Provinz. Regisseure Henner Winckler und Ulrich Köhler haben uns verraten, was das Aufwachsen in der Provinz vom Aufwachsen in der Stadt unterscheidet.

Poetischer Strukturwandel

Neben Filmen aus dem Wettbewerb und den Publikumshits auf der Piazza Grande verschreiben sich die Nebenreihen von Locarno dem formbewussten und ästhetisch aufregenden Nachwuchskino. Dazu zählt auch "Giraffe" der DFFB-Absolventin Anna Sofie Hartmann. Darin erzählt sie von einem Tunnelprojekt in der Ostsee, einer Ethnographin, die verlorene Lebensformen sammelt und von polnischen Wanderarbeitern, die sich in der Fremde neben einer Arbeit auch eine Zukunft erträumen. Im Interview hat die Regisseurin von der ersten Idee zu ihrem Film erzählt.
Die französische Regisseurin war dieses Jahr Jurypräsidentin in Locarno und hat gemeinsam mit ihren Jurykollegen den Goldenen Leoparden zum 72. Mal verliehen. Wir analysieren die Preisträger und klären, wie stark der diesjährige Festivaljahrgang war.
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