75 Jahre Atombombenabwurf über Hiroshima

Die Folgen sind kaum erforscht

06:37 Minuten
Eine Frau mit Mundschutz betet zwischen Blumen
Teilnehmer der Zeremonie zum 75. Jahrestag gedenken mit einer Schweigeminute um 8.15 Uhr der Opfer des Atombombenabwurfs auf Hiroshima. © Getty Images / AsiaPac / Carl Court
Alex Rosen im Gespräch mit Liane von Billerbeck |
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Die langfristigen Folgen des Atombombenabwurfs in Hiroshima sind kaum erforscht, sagt Alex Rosen von der Vereinigung Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges. Die US-Armee und auch die japanische Regierung hätten kein Interesse daran.
Vor 75 Jahren wurde eine amerikanische Atombombe über Hiroshima in Japan abgeworfen. Zehntausende Zivilisten starben sofort, bis Ende des Jahres 1945 wurden 140.000 Tote registriert. Über 90 Prozent aller Häuser in Hiroshima waren zerstört.

Keine Angaben gebe es allerdings über die unmittelbaren Folgen des Angriffs in der Zeit bis 1950. Bis heute habe man kein komplettes Bild, zumal von 200 Ärzten in Hiroshima nur 28 überlebten. Es fehlten Statistiken über Fehlgeburten und andere relevante Faktoren, sagt Alex Rosen. Er ist Vorsitzender der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges.
"Man kann davon sprechen, dass Hunderttausende von Menschen an diesen Bombardierungen starben", so Rosen. Bis heute sei das Risiko für Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Hiroshima um 50 Prozent im Vergleich zur japanischen Gesamtbevölkerung erhöht.

Chromosonale Veränderungen

Studien aus Atombombentestgebieten wie Semipalatinsk oder Nevada bestätigten chromosonale Veränderungen insbesondere bei denjenigen, die im Kindesalter Radioaktivität ausgesetzt waren. Solche Studien gebe es für Hiroshima nicht.
"Die US-Armee und auch die japanische Regierung haben kein Interesse daran, tatsächlich nachzuweisen, dass in den Nachfolgegeneration der Überlebenden genetische Schäden und erhöhte Erkrankungsraten vorliegen. Man möchte mit der Geschichte abschließen", so Rosen.

Neun Staaten besitzen Atomwaffen

Die Gefahr, dass auch heute Atomwaffen absichtlich oder unabsichtlich zum Einsatz kommen, sei heute größer denn je.
"Wir leben in einer multipolaren Welt, in der neun Staaten Atomwaffen besitzen. Die Sicherheitsarchitektur wird Schritt für Schritt abgebaut, auch hier in Europa."
Ein Atomwaffenverbotsvertrag, wie er derzeit bei den Vereinten Nationen zur Ratifizierung vorliege, werde von Staaten wie den USA, Russland, aber auch der Bundesrepublik Deutschland massiv blockiert und boykottiert.
(huc)
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