Visionär des Soul
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Marvin Gaye war einer der Superstars der Soul-Hitschmiede "Motown". Aber mit "What's going on" wandelte sich der Schmusesänger in den 70ern zum ernst zu nehmenden visionären Künstler. Heute wäre er 80 Jahre alt geworden.
Marvin Gaye gilt als einer der talentiertesten und visionärsten Künstler, die von der Hitmaschine Motown hervorgebracht wurden. Hits wie "I Heard it through the Grapevine" machten ihn zum Superstar, 39 seiner Songs erreichten die Top-40-Charts.
Der Tod seiner Gesangspartnerin Tammi Terrell und die Scheidung von seiner ersten Frau trafen ihn schwer. Anfang der 70er-Jahre änderte er den Fokus seiner Musik. Mit "What’s going on" schuf Gaye 1971 einen Meilenstein der Musikgeschichte – er sang über Armut, Diskriminierung und Drogenmissbrauch.
Immer wieder zog sich Gaye wegen persönlicher Probleme aus der Öffentlichkeit zurück, ihn plagten Steuerschulden und Drogenabhängigkeit. Sein Leben endete mit gerade mal 44 Jahren auf besonders tragische Weise, als ihn sein Vater erschoss. Marvin Gaye wollte einen Streit zwischen seinen Eltern schlichten.
Von Suizidgedanken geplagt
Als Marvin Gaye 1984 in einem Interview gefragt wird, ob es stimmt, dass er Suizidgedanken hatte, sagt der Sänger:
"Ich mag es eigentlich nicht, auf diese Frage zu antworten. Die Antwort könnte mich schwach aussehen lassen. Aber ich bin eine ehrliche Seele – und ja, ich war in den letzten Jahren nah an diesem Punkt."
Warum, wird er gefragt. Marvin Gaye antwortet: "Weil ich mich nicht geliebt gefühlt habe. Und weil ich mich ungeliebt fühlte, dachte ich, ich sei nutzlos."
Wenige Monate nach diesen Aufnahmen stirbt der Sänger bei einer Auseinandersetzung mit seinem Vater. Erschossen mit einer Waffe, die Marvin Gaye einst seinem Vater zur Selbstverteidigung geschenkt hatte.
Monatelang hatten zuvor Geschichten die Runde gemacht, dass Marvin Gaye psychische Probleme habe, Angstzustände und Verfolgungswahn und mit Depressionen kämpfe. Zu dem Zeitpunkt war er einer der bedeutendsten Sänger, den das Plattenlabel Motown hervorgebracht hatte.
Gefragter Duettpartner
Gaye wuchs in Washington D.C. auf, er sang schon mit drei im Kirchenchor. Sein Vater war Pfarrer – und ein zorniger Mann, der seinen Sohn fast täglich schlug. Der suchte seine Zuflucht in der Musik, spielte Klavier und Schlagzeug. Er verdient später Geld als Backgroundsänger, dabei wird er von Berry Gordy Jr. entdeckt.
Der Gründer von Motown bindet ihn 1961 mit einem Vertrag an die Plattenfirma. In den Jahren darauf erste kleinere Erfolge, 1965 gelangen ihm gleich drei Platzierungen in den Top 10, unter anderem mit "How Sweet It Is (to Be Loved by You)".
Marvin Gaye wird zu einem der meist beschäftigten Duettpartner. Besonders seine Zusammenarbeit mit der jungen Sängerin Tammi Terrell führt zu einer wahren Serie von Hits, darunter "Ain’t no Mountain high enough"
Terrell stirbt 1970 an Krebs, ein Tiefschlag für den Sänger, der gleichzeitig mit privaten Problemen kämpft. Die Ehe mit der Schwester von Motown-Chef Gordy bricht auseinander. Trotz seiner musikalischen Erfolge wie "I Heard it through the Grapevine" zieht sich Marvin Gaye aus der Öffentlichkeit zurück. Er kehrt wieder mit einem Meisterwerk: "What’s going on".
Politische Positionierung
Darauf positioniert er sich politisch, prangert Diskriminierung und Gewalt, Ungleichheit und Korruption an. Erzählt werden die Songs aus der Perspektive seines Bruders Frankie, der kurz zuvor aus dem Vietnamkrieg heimgekehrt war:
Marvin Gaye veränderte die Musiklandschaft für immer: Sänger, selbst so anmutige wie er, können auch Aktivisten sein. Zwei Jahre später verändert sich sein Fokus erneut mit dem sexuell aufgeladenen Album "Let’s Get in on". Liebe hielt er für elendig, glaubte, dass er nach der Scheidung ewig Single bleiben würde.
Nicht nur Frauen machten ihm zu schaffen, auch mit den US-Steuerbehörden lag er im Dauerclinch, hing mit Unterhaltszahlungen hinterher. Ein Gericht entschied 1976, dass die Einnahmen seines nächsten Albums seiner Exfrau zukommen sollten. Marvin Gaye nannte das Album sarkastisch "Here, my Dear".
1982 unterzeichnet er einen neuen Plattenvertrag mit Columbia, der Erfolg von "Sexual Healing" besiegelt sein Comeback.
Neues Album erschienen
Nun, zum 80. Geburtstag erscheint das sogenannte "vergessene Album" von Marvin Gaye. "You’re the Man", aufgenommen 1972, aber nie veröffentlicht. Die Songs sind fast alle mal als Bonusmaterial oder ähnliches veröffentlicht worden. Doch nun gibt es das Album so, wie vom Sänger geplant.
"Es hat zwar 47 Jahre gedauert, bis es so wie beabsichtigt veröffentlicht wird," schreibt der Sender NPR. "Aber 'You’re the Man' ist eine mächtige, klangvolle Erinnerung an die Großartigkeit des Marvin Gaye."