962 Stätten in 157 Ländern

Von Monika Köpcke |
Ein Platz auf der Liste der UNESCO für Kultur- und Naturerbe kommt einer Adelung gleich. Er bringt internationale Aufmerksamkeit, Prestige und viele Gäste. Schnell kann er aber auch zur Belastung werden. So können Besuchermassen den Erhalt eines Gebäudes oder einer Landschaft mit ihrem Schweiß oder ihren Füssen gefährden.
Oh, Ihr Arbeiter
Ausgewählt, stark, in den Händen tüchtig,
die Ihr für mich Denkmäler errichtet in jeder Zahl
Oh, Ihr Tüchtigen und Fleißigen ...
beim Bauen von Monumenten! So lange wie sie werde ich leben.


Mit diesen Worten würdigte vor über 3000 Jahren Ramses II. seine Arbeiter, die ihm am Oberlauf des Nils einen Tempel errichteten: 30 Meter hoch und 65 Meter tief in den Felsen hineingemeißelt. Der Tempel von Abu Simbel - geschaffen für die Ewigkeit.

Doch 1971 wird der Assuan-Staudamm eröffnet, und es ist nur ein Frage der Zeit, wann Abu Simbel in den Fluten des Nils versunken sein wird. Die Unesco appelliert an die Weltgemeinschaft, das Bauwerk zu retten. Dieter Offenhäußer, stellvertretender Generalsekretär der deutschen Unesco-Kommission:

""Dieses Hilfsprogramm hat dazu geführt, dass der Tempel 60 Meter weiter in einer etwas höheren Lage wieder errichtet wurde. Und das war eine Anstrengung, an der Dutzende von Ländern weltweit beteiligt waren. Und daraus ist dann die Idee entstanden, dass das ja nun ein grundsätzliches Problem sei, dass es Zeugnisse der Menschheitskultur gibt, die alleine der Verantwortung von Einzelstaaten zu überlassen, zu wenig ist.”"


Aus diesen Überlegungen heraus verabschiedete die Unesco am 16. November 1972 die "Konvention zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt”. Bis heute sind ihr 189 Staaten beigetreten. Ihre Idee ist,

""dass Teile des Kultur- oder Naturerbes von außergewöhnlicher universeller Bedeutung sind und daher als Bestandteil des Welterbes der ganzen Menschheit erhalten werden müssen.”"

1975 trat die Konvention in Kraft. Seitdem zittern Jahr für Jahr ganze Regionen um ihre "universelle Bedeutung”, die das 21-köpfige Welterbekomitee ihnen zubilligen möge. Zeugnisse vergangener Kulturen, künstlerische und architektonische Meisterwerke oder einzigartige Naturlandschaften können es auf die Liste schaffen. Mittlerweile ist sie auf 962 Stätten angewachsen. Darunter das Wattenmeer, die amerikanische Freiheitsstatue, der Aachener Dom, Felsenzeichnungen in der Lombardei, philippinische Reisterrassen oder die Innenstädte von Krakau und Bamberg.

""Meine Kritik im Moment, und die äußere ich insbesondere in unseren Ländern hier, in den europäischen Ländern, ist, wir sind inflationär mit diesem Weltkulturerbe.”"

Marie-Theres Albert ist Inhhaberin des Unesco-Lehrstuhls für Welterbestudien an der Universität Cottbus:

""Wo ist denn da noch die universale Gültigkeit? Interessanterweise sind es die westeuropäischen Länder, die zwei Drittel aller Erbestätten auf der Liste haben. Ein Drittel sind nur die ärmeren Länder.”"

Eine Bewerbung für die Welterbe-Liste ist aufwendig und teuer. Außerdem ist der Status als Welterbe mit der Verpflichtung verknüpft, die Stätten zu pflegen und für nachfolgende Generationen zu bewahren. Viele armen Länder scheuen diese Ausgaben. Die Unesco bietet zwar fachliche und, wenn auch bescheidene, materielle Hilfe. Doch um diese Unterstützung geht es den meisten Bewerbern gar nicht. Mechthild Rössler, Leiterin der Sektion Europa und Nordamerika im Pariser Welterbezentrum:

""Wir haben in einigen Stätten in Europa innerhalb eines Jahres nach der Einschreibung bis zu 30 Prozent mehr Touristen, das heißt, viele Bürgermeister wollen ihre Stadt oder Stätte auf die Welterbeliste haben aus rein ökonomischen Gründen.”"

Ein Platz auf der Welterbeliste kommt einer Adelung gleich. Er bringt internationale Aufmerksamkeit, Prestige und - viele Gäste. Marie-Theres Albert:

""Nehmen Sie mal die Pyramiden in Ägypten, die teilweise geschlossen werden müssen, weil die Massen von Touristen Schweiß hinterlassen, weil die atmen. Die Nutzung als solches sorgt dafür, dass beispielsweise die Wandmalereien zerstört werden. Oder nehmen Sie die Verbotene Stadt in China. Die Chinesen legen inzwischen grüne Teppiche aus, weil der Steinboden, dieser unglaublich wertvolle Steinboden, abgetreten ist.”"

Wie ein Land mit dem Tourismus umgeht, kann die Unesco nicht vorschreiben. Sie kann beraten und ermahnen und mit einem Platz auf der "Roten Liste des gefährdeten Welterbes” drohen. Wenn das nicht hilft, kann sie den Status als Welterbe aberkennen. Das passierte bislang ein einziges Mal: 2009 wurde das Dresdner Elbtal wegen des Baus der Waldschlösschenbrücke von der Liste gestrichen.

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