Abenteuer für Jung und Alt

Von Bernhard Doppler |
Wohl kaum ein anderes deutsches Opernhaus nimmt die Kinderoper so ernst wie die Komische Oper Berlin. Kinderoper ist hier große Oper, nicht - wie sonst so oft - ein pädagogisches Begleitprogramm, das auf Studiobühnen oder im Foyer abgewickelt wird.
Ein großes Orchester unter Patrick Lange, ein aufwändiges Bühnenbild, bei dem nun ein beeindruckender, undurchdringlicher Blätterwald (Frank Philipp Schlößmann) auf die Bühne gehoben wird - Regie führt der Intendant Andreas Homoki selbst, und renommierte Kräfte des Ensembles machen mit (Jens Larsen, Susanne Oertel, Christoph Späth).

Die Musik des neuen Auftragswerkes an Frank Schwemmer, die Abenteueroper "Robin Hood", ist durchaus der Musiksprache neuerer Musik verpflichtet, oft auch die Gesten großer spätromantischer Oper zitierend, doch weniger an vordergründiger musikpädagogischer Verwertbarkeit interessiert. Man "kindertümelt" also nie, dennoch fehlt nicht der spielfreudige Kinderchor der Komischen Oper, der allen neueren Kindermusiktheater-Produktionen der Komischen Oper Struktur und Gewicht verliehen hat.

Allerdings ist diesmal - in der Dramaturgie des Librettos von Michael Frowin - seine Funktion fast verzichtbar: Der Kinderchor spielt in Schwemmers Abenteueroper Berliner Kinder, die zusammen mit dem Held der Geschichte Daniel durch ein Robin-Hood Computerspiel in die mittelalterliche Welt Robin Hoods gesaugt wurden, als sie beim Spielen auf eine falsche Taste auf ihrem Laptop gedrückt hatten. Der Versuchung, die Welt der Computerspiele gegenüber der Welt der Oper kulturpessimistisch madig zu machen, ist das Libretto dabei nicht erlegen, zumal anstelle des Programmheftes in der Komischen Oper ein PC-Spiel an die jugendlichen Opernbesucher verkauft wird. Dennoch scheinen viele Möglichkeiten, die der Stoff durch diesen Rahmen und die damit möglichen Aktualisierung der Robin-Hood-Geschichte bietet, in der banalen, auf bestenfalls bieder kabarettistische Pointen hinauslaufende Handlung verschenkt. Robin Hood ist auch kaum ein "Umverteiler von oben", der den Reichen nimmt und den Armen gibt; er bleibt eine oberflächliche Spielfigur – lediglich an dem Unterschied zwischen der Beinkleidung in Mittelalter und Neuzeit (Strumpfhosen und Jean) interessiert.

Nicht ganz eindeutig ist auch, wie weit die Figuren Fabelfiguren oder Menschen sind, da nur bei einigen, wie beim Sheriff von Nottingham als Schwein, deutliche Tierattribute zu sehen sind, diese aber oft, wie bei den Wachen, fehlen. Kindern, die meist von der Disney-Verfilmung geprägt sind, scheint diese Uneindeutigkeit zu missfallen. Warum keine Nashörner und Elefanten bei den Wachen? Und wieso ist Little John kein Bär? Mag "Robin Hood" auch – vielleicht noch nicht völlig ausgereift – nicht ganz an die früheren Erfolge anschließen, eine große, unterhaltsame und ziemlich lange Opernaufführung ist den Zuschauern in der Komischen Oper sicher.

Frank Schwemmer: Robin Hood. Abenteueroper
Komische Oper Berlin