Abenteuer mit Grenzen

Von Martin Polansky |
Nachdem in den 80er-Jahren der größte Teil des Regenwalds in Costa Rica abgeholzt war, besann sich das Land auf seine Naturschätze. Die Natur wurde als Ressource anerkannt, die geschützt werden muss - und doch Geld einbringen soll.
Bootstour durch die Mangrovenwälder am Rande des Pazifiks im Nordwesten Costa Ricas. In dem kleinen Motorkahn sitzen ein halbes Dutzend Touristen, flussaufwärts geht es immer tiefer hinein in die Natur, Krokodile und Affen gucken. Als Bootsführer Michael endlich ein paar entdeckt, gibt er sich alle Mühe, die Affen für die Touristen zum Brüllen zu bringen:

Art und Carol sind aus Vancouver in Kanada waren schon mal vor 20 Jahren hier. Ökologisch bewusste Touristen, die keine Lust haben auf Bettenburgen in Hawaii oder Cancun. Sie wollen die Natur und das echte Mittelamerika sehen:

"Uns geht es um das Lokale, die Kultur. Sie achten hier auch sehr auf die Umwelt. Ein schöner Ort, wir genießen es."

"Als wir hier das erste Mal waren, gab es viel mehr wilde Tiere. Aber der Tourismus hat zugenommen. Wir haben damals jeden Morgen so viele Affen gesehen und massenhaft Papageien. Jetzt sind es nur noch ein paar. Aber 20 Jahre sind ja auch eine lange Zeit."

Urlaub an Rande des Nationalparks. Costa Rica gilt unter Freunden des Ökotourismus als eine der ersten Adressen. Zwei Millionen Besucher kommen jedes Jahr, die meisten aus Nordamerika und oft auch aus Deutschland. Die lange Flugreise, angetrieben vom Kerosin, nehmen die Naturfreunde in Kauf.

Dafür gibt es dann echte Lederschildkröten zu sehen. Im Nationalpark Las Baulas legen die Tiere in den Wintermonaten ihre Eier ab und schieben sich nachts über den Strand. Zuletzt sind nur noch 30 Schildkröten gekommen - früher waren es Hunderte. Gründe gibt es wohl mehrere: Schildkröten-Eier wurden geklaut, die Tiere verfangen sich in den Netzen der Hochseefischer, möglicherweise ist auch der Tourismus Schuld, vermutet Ranger Randal Ureña von der Nationalpark-Verwaltung. Trotzdem gibt es regelmäßig Führungen. Pro Schildkröte sind 15 Schaulustige zugelassen. Eine der wichtigen Einnahmequellen für den Nationalpark, sagt der Ranger:

"Wer hier eine Tour machen will, zahlt zum einen den Eintritt und dann Geld für die Führungen. Die können nur gemacht werden, wenn tatsächlich Schildkröten da sind. Der Eintritt kostet zwölf Dollar, die Führung noch mal bis zu fünfzehn. Alles in allem also gut 25 Dollar."

Costa Rica lebt von seiner Natur. Der Tourismus ist der wichtigste Wirtschaftszweig des Landes. Und je mehr Besucher kommen, desto besser für die Hotelbetreiber, Verkäufer und Anbieter von Tagestouren. Ein riskantes Geschäft: Wenn die Schildkröten irgendwann ganz wegbleiben und die Affen vor den Booten mit den Ökotouristen immer tiefer in die Wälder flüchten, wird das Land uninteressant für die Naturfreunde aus aller Welt. Gustavo Induni von der für die Nationalparks zuständigen Behörde sieht diesen Zwiespalt durchaus:

"Es gibt Hinweise, dass sich einige Projekte schwerwiegend auf die Umwelt auswirken. Im Augenblick beobachten wir etwa den Tourismus an der Küste des Nord-Pazifiks und die Folgen für die Korallenriffe dort. Manche Ökosysteme sind sehr zerbrechlich und der Tourismus macht sich schnell bemerkbar."
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