Aberwitziges Kuriositätenkabinett
Der in der Schweiz lebende Bestseller-Autor Alex Capus porträtiert in seinem Buch "Himmelsstürmer" zwölf ungewöhnliche Menschen der Geschichte mit Schweizer Herkunft. Darunter sind die Gründerin des Wachsfigurenkabinetts Madame Tussaud oder der Revolutionär Jean-Paul Marat. Capus' Sprache ist dabei brandmodern und gleichzeitig zeitlos.
"Ich glaube fest daran, dass alle Menschen Brüder sind."
Zehn Bücher hat er geschrieben, und er wurde in zehn Sprachen übersetzt; das Magazin "Der Spiegel" verglich seine Sprache mit der des Philosophen Jean-Jacques Rousseau. Die Rede ist von dem 1961 in Frankreich geborenen und heute in der Schweiz lebenden Bestseller-Autor Alex Capus. Schon sein Debütroman 1997 "Munzinger Pascha" begeisterte die Kritiker, -und auch die Leser: Sein letzter Roman "Eine Frage der Zeit" verkaufte sich über 70.000 Mal in Deutschland. Neben seinen Romanen veröffentlicht Capus aber auch regelmäßig Erzählbände mit literarischen Portraits historischer Figuren. Seine neueste Geschichtensammlung heißt "Himmelsstürmer. 12 Portraits".
Den 12 historischen Personen gemeinsam ist, sie sind Schweizer Herkunft, zwei von ihnen sind berühmt geworden: Madame Tussaud, die Gründerin des Wachsfigurenkabinetts, und Jean-Paul Marat, das blutrünstige Monster der französischen Revolution. Die anderen Portraitierten sind eher Insidern bekannt, wie beispielsweise Fritz Zwicky, ein Astrophysiker und Student von Einstein, der während der Vorlesungen ständig Einstein anpöbelte und später die erste Rakete ins All schoss. Historisch vollkommen unbekannt ist eine Frau namens Regula Engel, die 21 Kinder bekam, und als ihr Mann, ein Söldner, starb, dessen Uniform anzog und die Familie als Soldat ernährte.
Allesamt waren sie extreme Menschen bzw. Menschen in extremen Situationen, Himmelstürmer im übertragenen Sinn, und in drei Fällen sogar im buchstäblichen, zwei Ballonfahrer und eben jener pöbelnde Astrophysiker Zwicky.
Capus´ Stil zeichnet sich durch eine enorme Leichtigkeit und Heiterkeit aus, - ein Stil, der in unserer heutigen Welt eher selten ist. Und tatsächlich erinnert Capus´ Stil an Schriftsteller vor 150, 250 Jahren: Jean Paul, Lawrence Sterne, Gottfried Keller, also an Autoren, die zeitlos geschrieben haben und deren Stil auch heute noch Bestand hat. Capus ist brandmodern und gleichzeitig zeitlos.
Der Stoff, aus dem Capus´ literarische Träume sind, ist stets die Realität, die oft verrückter ist als die Fantasie eines noch so genialen Schriftstellers es je sein könnte. Diese Grundmaxime nennen die südamerikanischen Autoren wie Márquez und Borges "magischen Realismus". Die Kunst besteht darin, die Wirklichkeit auf den Punkt zu bringen. Da beschreibt Capus den Erfinder des Zeppelins Samuel Pauli: "Zu seinem Unglück aber kamen seine Ideen immer zu früh, zu spät oder am falschen Ort. Und als er einmal tatsächlich Weltgeschichte schrieb, hat er es nicht bemerkt."
Oder Capus beschreibt die bildhübsche, nymphomanische und zum Islam übergetretene Reiseschriftstellerin Isabelle Eberhardt, die auf einem Pferd durch Nordafrika ritt und Männer "jagte": "Ihre Zähne verfaulten, denn auf Reisen hatte sie stets einen Revolver, aber nie eine Zahnbürste dabei."
Capus gilt als besessen, was Recherche und Authentizität betrifft. Für seinen vorletzten Roman ist er in den Pazifik gereist, für seinen letzten nach Afrika an den Tanganjika-See.
Man könnte ihn einen genialen Reiseschriftsteller nennen, - durch Zeit und Raum.
Für "Himmelsstürmer" hat Capus über 116 Quellen benutzt, meist Biographien, aber er ist auch selbst in Archive gegangen, in den USA wie in der Schweiz, und hat Taufscheine und Eheschließungsurkunden aufgespürt. In seinem Vorwort legt Capus eine historisch sensationelle Spur, der er dann aber perfiderweise in dem Buch nicht nachgeht: nämlich der, dass Kolumbus aus der Schweiz kam. Es sollte nicht verwundern, wenn einer der nächsten Capus-Romane ein Kolumbus-Roman sein wird.
Capus ist bekennender Humorist, Humanist und Moralist:
"Ich glaube fest daran, dass alle Menschen Brüder sind".
In den Fokus seines literarischen Schaffens stellt er stets Menschen, die entweder Unmögliches möglich gemacht haben, oder, wenn sie gescheitert sind, ihre menschliche Würde bewahrt haben. "Himmelsstürmer" zu lesen, macht einfach unglaublichen Spaß; man lacht, man schmunzelt, man glaubt´s oft nicht: ein aberwitziges Kuriositätenkabinett, spannend und lehrreich. Capus ist ein wirklich großer Schriftsteller.
Rezensiert von Lutz Bunk
Alex Capus: "Himmelsstürmer. Zwölf Portraits".
Knaus Verlag 2008
207 Seiten, 14.95 €.
Zehn Bücher hat er geschrieben, und er wurde in zehn Sprachen übersetzt; das Magazin "Der Spiegel" verglich seine Sprache mit der des Philosophen Jean-Jacques Rousseau. Die Rede ist von dem 1961 in Frankreich geborenen und heute in der Schweiz lebenden Bestseller-Autor Alex Capus. Schon sein Debütroman 1997 "Munzinger Pascha" begeisterte die Kritiker, -und auch die Leser: Sein letzter Roman "Eine Frage der Zeit" verkaufte sich über 70.000 Mal in Deutschland. Neben seinen Romanen veröffentlicht Capus aber auch regelmäßig Erzählbände mit literarischen Portraits historischer Figuren. Seine neueste Geschichtensammlung heißt "Himmelsstürmer. 12 Portraits".
Den 12 historischen Personen gemeinsam ist, sie sind Schweizer Herkunft, zwei von ihnen sind berühmt geworden: Madame Tussaud, die Gründerin des Wachsfigurenkabinetts, und Jean-Paul Marat, das blutrünstige Monster der französischen Revolution. Die anderen Portraitierten sind eher Insidern bekannt, wie beispielsweise Fritz Zwicky, ein Astrophysiker und Student von Einstein, der während der Vorlesungen ständig Einstein anpöbelte und später die erste Rakete ins All schoss. Historisch vollkommen unbekannt ist eine Frau namens Regula Engel, die 21 Kinder bekam, und als ihr Mann, ein Söldner, starb, dessen Uniform anzog und die Familie als Soldat ernährte.
Allesamt waren sie extreme Menschen bzw. Menschen in extremen Situationen, Himmelstürmer im übertragenen Sinn, und in drei Fällen sogar im buchstäblichen, zwei Ballonfahrer und eben jener pöbelnde Astrophysiker Zwicky.
Capus´ Stil zeichnet sich durch eine enorme Leichtigkeit und Heiterkeit aus, - ein Stil, der in unserer heutigen Welt eher selten ist. Und tatsächlich erinnert Capus´ Stil an Schriftsteller vor 150, 250 Jahren: Jean Paul, Lawrence Sterne, Gottfried Keller, also an Autoren, die zeitlos geschrieben haben und deren Stil auch heute noch Bestand hat. Capus ist brandmodern und gleichzeitig zeitlos.
Der Stoff, aus dem Capus´ literarische Träume sind, ist stets die Realität, die oft verrückter ist als die Fantasie eines noch so genialen Schriftstellers es je sein könnte. Diese Grundmaxime nennen die südamerikanischen Autoren wie Márquez und Borges "magischen Realismus". Die Kunst besteht darin, die Wirklichkeit auf den Punkt zu bringen. Da beschreibt Capus den Erfinder des Zeppelins Samuel Pauli: "Zu seinem Unglück aber kamen seine Ideen immer zu früh, zu spät oder am falschen Ort. Und als er einmal tatsächlich Weltgeschichte schrieb, hat er es nicht bemerkt."
Oder Capus beschreibt die bildhübsche, nymphomanische und zum Islam übergetretene Reiseschriftstellerin Isabelle Eberhardt, die auf einem Pferd durch Nordafrika ritt und Männer "jagte": "Ihre Zähne verfaulten, denn auf Reisen hatte sie stets einen Revolver, aber nie eine Zahnbürste dabei."
Capus gilt als besessen, was Recherche und Authentizität betrifft. Für seinen vorletzten Roman ist er in den Pazifik gereist, für seinen letzten nach Afrika an den Tanganjika-See.
Man könnte ihn einen genialen Reiseschriftsteller nennen, - durch Zeit und Raum.
Für "Himmelsstürmer" hat Capus über 116 Quellen benutzt, meist Biographien, aber er ist auch selbst in Archive gegangen, in den USA wie in der Schweiz, und hat Taufscheine und Eheschließungsurkunden aufgespürt. In seinem Vorwort legt Capus eine historisch sensationelle Spur, der er dann aber perfiderweise in dem Buch nicht nachgeht: nämlich der, dass Kolumbus aus der Schweiz kam. Es sollte nicht verwundern, wenn einer der nächsten Capus-Romane ein Kolumbus-Roman sein wird.
Capus ist bekennender Humorist, Humanist und Moralist:
"Ich glaube fest daran, dass alle Menschen Brüder sind".
In den Fokus seines literarischen Schaffens stellt er stets Menschen, die entweder Unmögliches möglich gemacht haben, oder, wenn sie gescheitert sind, ihre menschliche Würde bewahrt haben. "Himmelsstürmer" zu lesen, macht einfach unglaublichen Spaß; man lacht, man schmunzelt, man glaubt´s oft nicht: ein aberwitziges Kuriositätenkabinett, spannend und lehrreich. Capus ist ein wirklich großer Schriftsteller.
Rezensiert von Lutz Bunk
Alex Capus: "Himmelsstürmer. Zwölf Portraits".
Knaus Verlag 2008
207 Seiten, 14.95 €.