Keine Niederlage für die Demokratie
Zwar haben die Richter den Verbotsantrag des Bundesrates abgelehnt. Als Triumph für die NPD aber taugt dieses Urteil nicht. Es zeichnet das deprimierende Bild einer in jeder Hinsicht erbärmlichen Partei.
Es wäre falsch, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts als erneutes Scheitern des Rechtsstaats im Kampf gegen Rassisten und rechtsextreme Feinde der Demokratie zu betrachten. Dieses Verfahren endete anders, besser als der erste Verbotsversuch.
2003 war das damalige Verfahren auf nicht einmal halber Strecke im Dickicht föderaler Verfassungsschutz-Zuständigkeiten gestrandet. Mit der NPD und den inhaltlichen Voraussetzungen für ihr Verbot hatten sich die Richter wegen der fatalen Fehler in den Verbotsanträgen damals gar nicht mehr beschäftigt.
Es war eine peinliche Niederlage für Bundestag, Bundesregierung und Bundesrat, die sich zum Gang nach Karlsruhe zusammengeschlossen hatte.
Heute ist das Gericht weiter gekommen. Zwar haben die Richter den Verbotsantrag des Bundesrates am Ende abgelehnt. Als Triumph für die NPD aber taugt dieses Urteil nicht. Es zeichnet das deprimierende Bild einer in jeder Hinsicht erbärmlichen Partei.
Die NPD ist verfassungsfeindlich und zutiefst rassistisch
Die NPD ist verfassungsfeindlich und zutiefst rassistisch. Das spricht das Bundesverfassungsgericht deutlich aus. Zugleich aber ist sie eine strukturell marode Organisation: finanziell am Ende, ohne eine breitere Mitgliederbasis und mittlerweile auch ohne die parlamentarischen Bastionen, die sie sich in den Landtagen von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern einmal erkämpft hatte.
Zu klein, zu unbedeutend als Ziel für einen Schlag mit dem "schärfsten und zweischneidigen Schwert" der Verfassung, wie die Karlsruher Richter das Parteienverbot nennen.
Seine eigentliche Bedeutung hat das Urteil, weil es dieses Schwert 60 Jahre nach seinem letzten Einsatz gegen die KPD noch einmal geschärft wurde. In einem der mit knapp 300 Seiten umfangreichsten Urteile seiner Geschichte aktualisiert das Gericht die Kriterien, nach denen Parteien auch im 21. Jahrhundert verboten werden können.
Anders als in den 1950er-Jahren reicht die pure, verfassungsfeindliche Gesinnung einer Partei dafür heute nicht mehr aus. Es muss die Möglichkeit hinzukommen, dass die Partei ihre Ziele auch in der demokratischen Lebenswirklichkeit umsetzen kann.
Ein Scheinriese im Scheingefecht
Gemessen daran hatte sich die NPD bereits bei der mündlichen Verhandlung im März letzten Jahres als Scheinriese entpuppt, der durch ein spektakuläres Scheingefecht besiegt werden sollte.
Die tatsächlichen Bedrohungen für Rechtsstaat, Demokratie und die offene Gesellschaft waren längst an anderen Stellen sichtbar, als Ministerpräsidenten und Landesinnenminister mit dem NPD-Verbotsverfahren Tatkraft und Entschlossenheit im Kampf gegen den Rechtsextremismus demonstrieren wollten.
Pegida-Bewegung und identitäre Vordenker haben sich seitdem zu neuartigen Sammelbecken im rechtsextremen Milieu entwickelt. Weite Teile einstiger NPD-Wähler sind bei den letzten Landtagswahlen zu AfD übergewechselt. Mit Parteiverboten wird man dieser gesellschaftlichen Dynamik nicht beikommen.