Abitur

Bundesländer proben zentralen Leistungsvergleich

"Deutsch, 8.00 bis 13.00 Uhr" steht mit Kreide geschrieben am 10.04.2013 im Wirtschaftsgymnasium der Humpis-Schule in Ravensburg (Baden-Württemberg) kurz vor Beginn der Abiturprüfung auf der Tafel.
Zentrale Aufgabenstellungen auch bei Deutsch-Prüfungen. © picture alliance / dpa / Felix Kästle
Von Alexander Budde · 06.05.2014
Ab 2017 soll es einen Pool für neu entwickelte, länderübergreifende Abituraufgaben geben. Sechs Bundesländer starten damit schon jetzt, darunter Niedersachsen mit 36.0000 Prüflingen. Auch ein Gymnasium in Wolfenbüttel macht mit.
Gelöste Stimmung im Schloss, das ihre Schule ist. Doch Ronja Schab hat an diesem Morgen keine Muße für die Idylle. Die Abiturientin hat seit vielen Wochen für ihre Abiturklausur im Kernfach Deutsch gebüffelt.
"Ich habe halt die Lektüre noch einmal gelesen, die Pflicht war. Die Themen sind ja so grob vorgegeben. Also, zum Beispiel Liebeslyrik. Kafka ist ein ganz großer Schwerpunkt. Ich bin jetzt nicht so der Fan von Kafka. Insofern wäre ich ganz froh, wenn es einen Vorschlag ohne Kafka gibt."
Um kafkaeske Wirrnis erst gar nicht aufkommen zu lassen hat sich Deutschlehrer Thorsten Griesbach selbst bei einer Fortbildung in die gemeinsamen Aufgabenfelder und Aufgabentypen einführen lassen. Mehrarbeit hat die länderübergreifende Abiturprüfung auch für seine Schüler gebracht.
"Weil hier bei uns dann noch zusätzlich ein weiteres Themenfeld eingeführt werden musste, was bei uns im Curriculum gar nicht vorgesehen ist. Aber in den andern Ländern. Sodass die Schüler in den Deutschkursen ein zusätzliches Themenfeld noch durcharbeiten mussten. Und da die Kollegen nicht wissen, wie die Aufgaben dann aussehen, ist das eben schon eine Herausforderung, weil man dann ja alles recht ausführlich durcharbeitet, um die Schüler bestens vorzubereiten."
Zentrales Abitur in ferner Zukunft
Expertengruppen in den beteiligten Bundesländern haben im Vorlauf Texte ausgesucht, Aufgaben entwickelt, Themenschwerpunkte abgestimmt, Schwierigkeitsgrade eingeschätzt und sogenannte "Kompetenzerwartungen“ für die Bewertung als Handreichung für die Fachlehrer formuliert.
Allenfalls zaghafte Schritte in die richtige Richtung seien das, schmunzelt Karl-Heinz Lunter. Der erfahrene Senior unterrichtet Mathematik und Physik am Gymnasium im Schloss. Er wirkt zudem als Fachberater für die Landesschulbehörde.
"Die Vision eines zentralen Abiturs bundesweit dürfte ohnehin noch eine für die ferne Zukunft sein!"
… dämpft Lunter die Erwartungen. Allein schon deshalb, weil die gemeinsamen Pool-Aufgaben nur einen kleinen Teil der Abiturnote ausmachen werden.
"Weil erstmal sämtliche Curricula eingedampft werden müssten - zu einem gemeinsamen. Und das ist schon ein Prozess, der unter Umständen problematisch ist. Aber ich bevorzuge doch die Variante, die vor Ort eine gewisse Flexibilität zulässt …"
… sagt der Schulpraktiker diplomatisch. In Niedersachsen machen sie seit 2006 so ihre Erfahrungen mit dem Zentralabitur. Probeklausuren im letzten Jahr gaben den Schülern einen Vorgeschmack darauf, wie die Prüfungsaufgaben aufgebaut sein werden. Durch die reformierte Reifeprüfung werde das Abitur nicht schwieriger, versichert Lunter. Das Niveau sei aber auch nicht eingebrochen. Dramatische Abweichungen zu den bisherigen Leistungen ihrer Schützlinge hätten die Kollegen nicht verzeichnet.
Gelassenheit Bayern gegenüber
"Die Musteraufgaben, die gegeben wurden an alle Bundesländer, haben hinreichend Information gegeben, was erwartet wird. Zur Überraschung vielleicht auch der Kollegen! Es geht auch da um mathematisches Verständnis - und nicht darum, irgendwelche unverstandenen Kalküle abzuarbeiten."
Ein feines Lächeln begleitet diesen Seitenhieb. Lunter begrüßt, dass die Experten sich auf die guten alten Tugenden berufen. Im sogenannten Hilfsmittel freien Teil der Mathematik-Prüfungen sind Formelsammlung und Taschenrechner tabu.
Yvette Bachmann aus dem Mathe Leistungskurs wird sich in einigen Wochen ausrechnen können, ob ihre Abiturnote für ein Wunschstudium reicht. Gemeinsame Prüfkriterien könnten der leidigen Diskussion um den Wert der Hochschulreife in einzelnen Bundesländern ein Ende bereiten. Dem anstehenden Leistungsvergleich mit ihren bayerischen Leidensgenossen sieht Bachmann geichwohl gelassen entgegen.
"Es bleibt ja mein Abi und meine Note! Ich werde mich jetzt auf mich selber konzentrieren. Und da nicht irgendwie im Wettkampf mit den anderen stehen."
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