Andrea Röpke und Andreas Speit: " Völkische Landnahme. Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos"
Ch. Links Verlag, 2019
208 Seiten, 18,00 Euro
Der Titel ist derzeit nicht lieferbar.
Verleger Links sieht Angriff auf die freie Meinungsäußerung
06:33 Minuten
Das Buch "Völkische Landnahme" dokumentiert, wie rechte Ökos sich in ländlichen Regionen niederlassen. Einige gehen juristisch gegen den Verlag vor. Man wolle nicht, dass andere etwas über das Agieren im Verdeckten erfahren, sagt Christoph Links.
Christian Rabhansl: Es klingt ja erst mal ziemlich harmlos, fast romantisch sogar oder zumindest ziemlich naturverbunden, wenn Menschen alte Gutshöfe in der Heide pflegen oder alte Bauernhöfe in Sachsen erhalten oder vielleicht sogar Landschlösser oder so ein Rittergut in Sachsen-Anhalt, aber längst nicht alle, die einen auf Aussteiger machen, sind harmlose Hippies. Da haben sich nämlich inzwischen rechte Ökos dazwischengemischt. Die extreme Rechte, die siedelt sich richtig gezielt in ländlichen Regionen an, um dort völkische Großfamilien zu gründen. Das könnte man eine nationale Graswurzelarbeit nennen, oder so nennen das zumindest Andrea Röpke und Andreas Speit.
Die beiden sind seit Jahren investigativ in der rechtsextremen Szene unterwegs, die kennen sich da aus, und die haben ein Buch zusammen darüber geschrieben über dieses Phänomen, und das heißt "Völkische Landnahme", und davon haben sie uns auch hier im Deutschlandfunk Kultur erzählt. Das Interview können Sie nachhören auf Deutschlandfunkkultur.de. "Völkische Landnahme" ist im Sommer im Christoph-Links-Verlag erschienen. Mit dem Herausgeber Christoph Links spreche ich jetzt. Ihr Verlag, das ist der Grund für unser Gespräch, wird für dieses Buch mit Abmahnungen überzogen. Wer will Ihnen da was untersagen?
Links: Na ja, es sind inzwischen fünf Personen, die finden, dass über sie in der Öffentlichkeit nicht berichtet werden soll. Sie berufen sich da auf ihre Privatheit, auf die informationelle Selbstbestimmung, aber es geht ja genau darum, auch die Namen zu nennen der Personen, die als Aktivisten im ländlichen Raum tätig sind, und wir haben nur die ausgewählt, die auch selbst schon in die Öffentlichkeit gegangen sind. Also wir zerren da niemanden ungerechtfertigt ans Licht, aber die Empörung ist jetzt groß. Man will nicht, dass andere über das Agieren da im Verdeckten etwas erfahren. Nun soll uns verboten werden, diese Menschen zu nennen.
Rabhansl: Das ist aber nun tatsächlich so, dass falls Persönlichkeitsrechte verletzt wären, es egal ist, ob das Demokraten oder Rechtsextreme sind, dann ist das auch deren gutes Recht, dass das unterbleibt.
Links: Absolut.
Fehler werden dem Verlag nicht vorgeworfen
Rabhansl: Das deutsche PEN-Zentrum, das nennt diese Abmahnungen gegen Ihren Verlag trotzdem als ein Beispiel für Versuche, "die Meinungsfreiheit in Deutschland einzuschränken und Autoren durch juristischen Druck zur Selbstzensur zu bewegen". Gehen Sie auch so weit?
Links: Ja, ich denke, da ist was dran. Denn es werden klare Meinungsäußerungen, die nach gültiger Rechtsprechung auch als Meinung gewertet werden, wenn die Autoren jemanden als zugehörig zur völkischen Szene bezeichnen oder als rechtsextrem, dann sind das nicht aus der Luft gegriffene Schmähungen, sondern mit Tatsachen untersetzte Bewertungen, und die gehören normalerweise zur Meinungsfreiheit. Und wenn gegen die jetzt juristisch vorgegangen wird, dann hat das ganz offensichtlich die Absicht, die Ängste auf der anderen Seite zu schüren, dass man am besten nicht mehr über sie berichtet und abzuschrecken und auch mit Schadensersatz und anderen Kosten zu drohen. Es werden uns keine Fehler vorgeworfen im Sinne falscher Tatsachenbehauptung, sondern es geht darum, dass unsere Wertungen unterbleiben sollen. Das greift in die Meinungsfreiheit, und dagegen wehren wir uns.
Rabhansl: Die Kanzlei, die Ihnen eine ganze Reihe von Abmahnungen geschickt hat, das ist nicht irgendeine, das ist die Kanzlei des Medienanwalts Ralf Höcker, und Ralf Höcker ist Pressesprecher der sogenannten Werteunion. Das ist diese stramm rechte Splittergruppe innerhalb der CDU/CSU. Und vor allem ist Ralf Höcker einer, der recht rabiat vorgeht. Die Stiftung Warentest zum Beispiel bescheinigt ihm, dass er sich auch unfairer Methoden bediene: "Ralf Höcker hält es für seinen Job, Journalisten zu beeinflussen, indem er sie bedroht". Wie sind denn Ihre Erfahrungen bislang mit dieser Kanzlei?
Links: Die sind genau in dieser Richtung. Höcker hat ja in einem Interview der "Neuen Züricher Zeitung" das auch letzte Woche selbst so benannt. Er sieht seine Aufgabe darin, Journalisten zu bedrohen, damit sie nicht über das Ziel hinausschießen, wie er meint. Und die Art und Weise, wie wir im Stakkato-Stil einen Tag nach dem anderen abgemahnt wurden und unverschämt kurze Stellungnahmefristen gesetzt bekommen haben, oft nur von einem Tag zum anderen, wo man dann ein halbes Dutzend Klagepunkte erwidern soll, das sind unübliche Vorgehensweisen, zumal bei einem Buch. Es geht ja hier nicht um eine Tageszeitung. Es ist üblich, dass man drei bis fünf Tage der anderen Seite Erklärungsfrist gibt. Das macht Höcker nicht, und das ist ein rabiates Vorgehen, wie ich es nicht gewohnt bin, denn wir haben 25 Jahre Erfahrung mit kritischen Sachbüchern und ergo auch mit Auseinandersetzungen, aber so ist uns noch nie begegnet worden.
Der juristische Streit könnte sich lange hinziehen
Rabhansl: Jetzt wehren Sie sich also juristisch dagegen. Trotzdem, ich habe jetzt vorhin mal geguckt, wenn ich versuche, das Buch zu kaufen, dann steht überall: nicht lieferbar. Hat das was damit zu tun?
Links: Das hat damit zu tun, dass die erste Auflage vergriffen ist, auch dank der positiven Resonanz in den Medien, und wir haben jetzt die Frage beim Nachdruck, wie gehen wir damit um. Die juristischen Auseinandersetzungen können sich ein halbes Jahr oder länger hinziehen. Warten wir so lange oder bringen wir es in veränderter Form heraus. Wir haben uns jetzt entschlossen, es zu aktualisieren an der Stelle, wo es um die Unterwanderungsstrategien im ländlichen Raum geht. Das belegen wir jetzt in einem neuen Kapitel an anderen Beispielen und wollen die juristischen Auseinandersetzungen abwarten, um dann bei der nächsten Auflage, die es hoffentlich wieder geben wird, dann auch all die Dinge wieder zu benennen, die im Moment noch streitgegenständlich sind, wie unsere Juristen das nennen.
Rabhansl: Dann kann man die zweite Auflage ja schon bald vorbestellen von diesem Buch.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandfunk Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.