Abrisspläne versus Bürgerforum

Altenburg: Blick auf den Marktplatz der einstigen Residenzstadt der Herzöge von Sachsen-Altenburg.
Altenburg: Blick auf den Marktplatz der einstigen Residenzstadt der Herzöge von Sachsen-Altenburg. © dpa
Von Blanka Weber |
Um die Altenburger Innenstadt ist ein Streit entbrannt. Alte Gebäude sollen einem modernen Komplex weichen. Das missfällt vielen Bürgern, die auf taube Ohren ihres Stadtparlamentes stoßen. Und so wird seit Monaten um eine Lösung gerungen: Abriss alter Gebäude oder nicht?
"Wir stehen mit dem Rücken zur Brüderkirche und blicken auf das Areal am Markt."

Johannes Schäfer ist Familienvater, Restaurator und einer der Gründer des Stadtforums Altenburg. Das setzt sich für den Erhalt der Altstadt ein. Er uns seine Mitstreiter halten die Abrisspläne der Stadt für eine Katastrophe. Der trapezförmige Marktplatz ist ein architektonisches Schmuckstück der Stadt. Das Ensemble mit Bürgerhäusern aus der Renaissance hat zwei Weltkriege und die DDR fast unbeschadet überstanden.

Nun will der Oberbürgermeister direkt am Markt eine Häusergruppe abreißen lassen:
Ein Eckhaus aus der Gründerzeit, das den Platz an der Westseite abschließt, soll dem Abrissbagger weichen. Ebenso ein schmuckes barockes Gebäude von 1753 mit einem denkmalgeschützten handgeschnitzten Holztreppenhaus im Inneren.
Ein modernes Areal ist geplant. Die Bedingung: Aus Alt muss Neu werden.
Zwei Drittel des zum Teil maroden Häuserbestandes an der westlichen Marktseite sind schon abgerissen. Der letzte Teil mit den beiden historischen Gebäuden soll nun folgen.

"Zu dem guten Drittel gehört ein barockes Einzeldenkmal, was in einem guten Zustand ist und in seiner barocken Anlage vollständig erhalten ist, vom Keller bis zum Dachstuhl."

Nebenan steht ein spätklassizistisches Gebäude, es schließt optisch den Markt ab. Eine kleine Straße führt vorbei, hinauf zur Brüderkirche.

Dort, wo jetzt die alten Gebäude sind, sollen bald 35 neue Wohnungen entstehen, im Untergeschoss ein Lebensmittelladen. Das barocke Einzeldenkmal soll als Kopie an der Fassade sichtbar werden, die barocken Elemente würden aufgemalt, so sehen es Pläne vor.

Die Bürger der Stadt schütteln den Kopf:

"Wir als Stadtforum haben festgestellt, dass es hier weder einen Architektenwettbewerb, noch eine Rahmenplanung, die festlegt, was ist sinnvoll hier zu bauen, was könnte dieses Quartier aufnehmen, wie sehen Synergieeffekte aus. Nebenan gibt es eine Brache, die eine städtebauliche Lücke, einen Missstand darstellt."

Der Vorwurf der Kritiker: Hinter verschlossener Türe wurden Pläne durchgesetzt, die nun einfach umgesetzt werden sollen, ohne Diskussion, ohne Kompromiss, ohne den Versuch, das Alte gut zu integrieren.

Auch die Touristiker sind ratlos. Ihnen hilft bislang beim Werben für die Stadt die historische Substanz. Etwas Einmaliges! - sagt Christine Büring von der städtischen Tourismus-Gesellschaft:

"Für die Touristiker ist dieser Ort das Einfallstor in die Altstadt, insofern ist unser Produkt maßgeblich in Gefahr, wir haben dann nämlich Neubau und keinen Altbau. Das Echte, das Authentische fehlt und eben auch der Wille zum Authentischen."

Mehr Mitsprache wünschen sich die Kritiker. Sie plädieren auch für eine Bebauung der Innenstadt, doch eben mit der historischen Substanz. Sie muss genutzt und vor allem erhalten werden – so ihr Plädoyer:

"Wir haben nachgewiesen, dass die Gebäude durchaus zu sanieren sind und wirtschaftlich zu betreiben sind. Es gibt einen Käufer aus Weimar, der das eine Denkmal sanieren und betreiben will."

Sogar die Landesdenkmalpflege hat den Kritikern zugestimmt. Doch – so befürchtet das Stadtforum – dies wird kaum helfen. Mit der Zustimmung der unteren Denkmalschutzbehörde wird gerechnet, der Abriss kann dann kaum noch aufgehalten werden.