Abschied mit Paukenschlag
Vor fünf Jahren wurde die Bundesstiftung Baukultur in Potsdam gegründet. Die Stiftung nutzt das Jubiläum, um mit einer Ausstellung eine erste Bilanz zu ziehen. Gleichzeitig wechselt der Vorsitz. Ende April geht Michael Braum und es kommt der Berliner Architekt Reiner Nagel.
Nicht in jeder Haut möchte man stecken. Ein Horror, wenn zur Hochzeit der Bräutigam nicht erscheint. Fünf Jahre Bundesstiftung Baukultur, das sollte in Potsdam mit einer Ausstellung gefeiert werden. Die Eröffnung war gleichzeitig das Abschiedsfest für Michael Braum, den Vorsitzenden der Bundesstiftung Baukultur, der demnächst nach Heidelberg geht, um eine Bauausstellung auf den Weg zu bringen.
Aber Michael Braum war nicht gekommen. Er hinterließ eine verwirrte Schar an Mitarbeitern, Referenten und Gästen. Auch wenn die Grippe daran schuld sein sollte, es war ein gehöriger Paukenschlag: Die Bundesstiftung Baukultur steckt in der Krise. Architekt Volkwin Marg, Mitglied des Stiftungsbeirats, nennt Gründe, weshalb das so ist.
"Diese Stiftung ist initiiert worden und abgesegnet worden und mit bescheidenen, sehr bescheidenen Mitteln ausgestattet worden vom Bund. Das ist die eine Seite, auf der anderen Seite muss die Politik aber lernen, dass dieses eine unabhängige Stiftung ist und kein verlängerter Arm des Bundesbauministeriums, sonst könnte man ja gleich hier eine Ministeriums-abteilung einrichten."
In den vergangenen Jahren wurde von der Stiftung ein umfassendes Netzwerk aufgebaut. In der Ausstellung "5x5 Wege der Baukultur-vermittlung", sagt Pressesprecherin Nina Schwab, werden nun Ergebnisse gezeigt.
"Wir als Stiftung wollen einfach mit dieser Ausstellung Revue passieren lassen, was wir in fünf Jahren gemacht haben und natürlich auch die besseren Projekte, die innovativeren Projekte, wie zum Beispiel ein Internetdebattenportal oder unsere Netzwerkreihe ‚Wie weiter arbeiten?‘, die sich um Gewerbebauten kümmert, die hervorzuheben. Das wollen wir erst mal nur zeigen, das haben wir geschafft und auch die Frage aufwerfen, wie geht es weiter, und was konnten wir lernen aus den Projekten?"
Ein gutes Beispiel für Baukultur ist das eigene Haus in Potsdam. Eine umgebaute Husarenvilla ist Sitz der Stiftung, und die hohe Gestaltungsqualität könnte tatsächlich ein Vorbild für Umnutzung und nachhaltiges Bauen sein. Was erzählt ein Haus? Wie finden baukulturelle Themen ihren Weg in die Öffentlichkeit? In Potsdam werden Methoden und Herangehensweisen gezeigt, Internetauftritte, Kunstprojekte und Foren. Die verschiedenen Netzwerke sind das Herzstück der Stiftung.
In den vergangenen Jahren ist Michael Braum kreuz und quer durch die Republik gefahren, um für die Baukultur zu werben. Diesmal musste das Podium ohne ihn auskommen. Riklef Rambow, Professor für Architekturkommunikation am Karlsruher Institut für Technologie, und Architekturkritiker Gerhard Matzig mussten zu zweit über das Verhältnis der Architekten zu den Bürgern diskutiert. Eine über weite Strecken zerrüttete Beziehung: Architektenlyrik trifft auf Otto Normalverbraucher, der das Bauhaus vor allem als Fachmarkt für Haus und Garten kennt.
Oder Stuttgart 21: Wutbürger gehen auf die Straße, es wird über Bäume
und über viel Geld gestritten, aber das Thema Baukultur bleibt außen vor, obwohl der Stuttgarter Hauptbahnhof von Paul Bonatz die letzte bedeutende Kathedrale der Eisenbahn-Ära ist.
Nebenschauplatz, lautet der entschlossene Kommentar von Volkwin Marg. Worum es keinesfalls geht, ist die Larmoyanz von Architekten, die sich als Künstler nicht verstanden fühlen. Und dann verweist er auf die nicht selbst gehaltene Rede von Michael Braum.
"Heute ist verlesen worden das Testament des Vorstandsvorsitzenden dieser Stiftung, und da hat er sehr präzise und sehr kritisch gesagt, was erreicht werden soll und was so nicht erreicht werden kann."
Michael Braum spart nicht an Kritik: "Mir ist es nicht gelungen, in der Stiftung angemessene Arbeitsbedingungen zu schaffen", lässt er die Besucher wissen. Aber Baukultur sei eine Kampfansage an Banalität und Ignoranz.
Ab dem 1. Mai übernimmt der Architekt und Stadtplaner Reiner Nagel die Leitung der Stiftung. Ein erfahrener Stadtentwickler, der für Berlin Masterpläne entwickelt hat. Das könnte eine gute Voraussetzung sein, um im Dschungel der vielen Interessen für mehr Baukultur zu streiten. Aber auch hier wird es ohne einen standfesten Idealismus und feste Prinzipien nicht gehen.
Volkwin Marg: "Für die Zukunft heißt das, weg mit allen Bremsen einer bürokratischen und einer inhaltlichen Kontrolle, erst dann ist auch das Engagement gegenüber der Bauwirtschaft, gegenüber Bauherren, gegenüber Investoren, gegenüber Kommunen und gegenüber Architekten verständlich, also das ist ein Teil der Glaubwürdigkeit dieser Stiftung."
Wer für Baukultur streitet, kennt Don Quijote, den sinnreichen Junker, der gegen Windmühlen kämpft. Doch wer will das schon? Auch Heinrich von Kleists Michael Kohlhaas ist kein wirkliches Vorbild. Volkwin Marg wartet erst einmal ab. Er will sehen, wie sich die Bundesstiftung Baukultur in Zukunft entwickelt und ob es sich dann noch lohnt, erneut Kraft und Zeit zu investieren.
"Es geht um die Kultivierung des Bauens schlechthin, es geht um Verfahrens¬kultur, es geht um die Kultivierung des Sozialen, es geht darum, dass auch das Notwendige mehr ist, als nur die Organisation der technischen Notdurft, weil ihre Inszenierung dann ewig lange bleibt und nicht einfach vom Spielplan abgesetzt werden kann. Das bedarf eines kultivierten Dialoges, also auf all diesen Gebieten ist unendlich viel zu tun. Das ist die Aufgabe."
Aber Michael Braum war nicht gekommen. Er hinterließ eine verwirrte Schar an Mitarbeitern, Referenten und Gästen. Auch wenn die Grippe daran schuld sein sollte, es war ein gehöriger Paukenschlag: Die Bundesstiftung Baukultur steckt in der Krise. Architekt Volkwin Marg, Mitglied des Stiftungsbeirats, nennt Gründe, weshalb das so ist.
"Diese Stiftung ist initiiert worden und abgesegnet worden und mit bescheidenen, sehr bescheidenen Mitteln ausgestattet worden vom Bund. Das ist die eine Seite, auf der anderen Seite muss die Politik aber lernen, dass dieses eine unabhängige Stiftung ist und kein verlängerter Arm des Bundesbauministeriums, sonst könnte man ja gleich hier eine Ministeriums-abteilung einrichten."
In den vergangenen Jahren wurde von der Stiftung ein umfassendes Netzwerk aufgebaut. In der Ausstellung "5x5 Wege der Baukultur-vermittlung", sagt Pressesprecherin Nina Schwab, werden nun Ergebnisse gezeigt.
"Wir als Stiftung wollen einfach mit dieser Ausstellung Revue passieren lassen, was wir in fünf Jahren gemacht haben und natürlich auch die besseren Projekte, die innovativeren Projekte, wie zum Beispiel ein Internetdebattenportal oder unsere Netzwerkreihe ‚Wie weiter arbeiten?‘, die sich um Gewerbebauten kümmert, die hervorzuheben. Das wollen wir erst mal nur zeigen, das haben wir geschafft und auch die Frage aufwerfen, wie geht es weiter, und was konnten wir lernen aus den Projekten?"
Ein gutes Beispiel für Baukultur ist das eigene Haus in Potsdam. Eine umgebaute Husarenvilla ist Sitz der Stiftung, und die hohe Gestaltungsqualität könnte tatsächlich ein Vorbild für Umnutzung und nachhaltiges Bauen sein. Was erzählt ein Haus? Wie finden baukulturelle Themen ihren Weg in die Öffentlichkeit? In Potsdam werden Methoden und Herangehensweisen gezeigt, Internetauftritte, Kunstprojekte und Foren. Die verschiedenen Netzwerke sind das Herzstück der Stiftung.
In den vergangenen Jahren ist Michael Braum kreuz und quer durch die Republik gefahren, um für die Baukultur zu werben. Diesmal musste das Podium ohne ihn auskommen. Riklef Rambow, Professor für Architekturkommunikation am Karlsruher Institut für Technologie, und Architekturkritiker Gerhard Matzig mussten zu zweit über das Verhältnis der Architekten zu den Bürgern diskutiert. Eine über weite Strecken zerrüttete Beziehung: Architektenlyrik trifft auf Otto Normalverbraucher, der das Bauhaus vor allem als Fachmarkt für Haus und Garten kennt.
Oder Stuttgart 21: Wutbürger gehen auf die Straße, es wird über Bäume
und über viel Geld gestritten, aber das Thema Baukultur bleibt außen vor, obwohl der Stuttgarter Hauptbahnhof von Paul Bonatz die letzte bedeutende Kathedrale der Eisenbahn-Ära ist.
Nebenschauplatz, lautet der entschlossene Kommentar von Volkwin Marg. Worum es keinesfalls geht, ist die Larmoyanz von Architekten, die sich als Künstler nicht verstanden fühlen. Und dann verweist er auf die nicht selbst gehaltene Rede von Michael Braum.
"Heute ist verlesen worden das Testament des Vorstandsvorsitzenden dieser Stiftung, und da hat er sehr präzise und sehr kritisch gesagt, was erreicht werden soll und was so nicht erreicht werden kann."
Michael Braum spart nicht an Kritik: "Mir ist es nicht gelungen, in der Stiftung angemessene Arbeitsbedingungen zu schaffen", lässt er die Besucher wissen. Aber Baukultur sei eine Kampfansage an Banalität und Ignoranz.
Ab dem 1. Mai übernimmt der Architekt und Stadtplaner Reiner Nagel die Leitung der Stiftung. Ein erfahrener Stadtentwickler, der für Berlin Masterpläne entwickelt hat. Das könnte eine gute Voraussetzung sein, um im Dschungel der vielen Interessen für mehr Baukultur zu streiten. Aber auch hier wird es ohne einen standfesten Idealismus und feste Prinzipien nicht gehen.
Volkwin Marg: "Für die Zukunft heißt das, weg mit allen Bremsen einer bürokratischen und einer inhaltlichen Kontrolle, erst dann ist auch das Engagement gegenüber der Bauwirtschaft, gegenüber Bauherren, gegenüber Investoren, gegenüber Kommunen und gegenüber Architekten verständlich, also das ist ein Teil der Glaubwürdigkeit dieser Stiftung."
Wer für Baukultur streitet, kennt Don Quijote, den sinnreichen Junker, der gegen Windmühlen kämpft. Doch wer will das schon? Auch Heinrich von Kleists Michael Kohlhaas ist kein wirkliches Vorbild. Volkwin Marg wartet erst einmal ab. Er will sehen, wie sich die Bundesstiftung Baukultur in Zukunft entwickelt und ob es sich dann noch lohnt, erneut Kraft und Zeit zu investieren.
"Es geht um die Kultivierung des Bauens schlechthin, es geht um Verfahrens¬kultur, es geht um die Kultivierung des Sozialen, es geht darum, dass auch das Notwendige mehr ist, als nur die Organisation der technischen Notdurft, weil ihre Inszenierung dann ewig lange bleibt und nicht einfach vom Spielplan abgesetzt werden kann. Das bedarf eines kultivierten Dialoges, also auf all diesen Gebieten ist unendlich viel zu tun. Das ist die Aufgabe."