Ich habe nicht gesehen, dass China irgendetwas Wichtiges mitgeteilt oder von sich selbst preisgegeben hat. Das war für mich das Überraschende dieser Spiele: dass sie ganz offensichtlich nicht auf Außenwirkung bedacht waren. Wir haben nichts über China selbst erfahren.
Abschlussfeier der olympischen Winterspiele Peking
Die Abschlussfeier der Olympischen Winterspiele sei reine Illustration gewesen, sagt der Philosoph Gunter Gebauer. © imago-images / Xinhua / Lan Hongguang
Technisch brillant, inhaltlich leer
10:49 Minuten
![Bei der Abschlussfeier der Olympischen Winterspiele in Peking wird über dem Stadion durch ein Feuerwerk der Schriftzug "One World" hergestellt. Bei der Abschlussfeier der Olympischen Winterspiele in Peking wird über dem Stadion durch ein Feuerwerk der Schriftzug "One World" hergestellt.](https://bilder.deutschlandfunk.de/63/85/1b/90/63851b90-afd0-4891-a008-500eabfdc2fa/abschlussfeier-olympische-spiele-peking-100-1920x1080.jpg)
Konzentriert und kontrolliert gingen die Olympischen Winterspiele in Peking vonstatten. Bei der Abschlussfeier am Sonntag habe sich China inhaltlich bedeckt gehalten und man habe nichts über das Land erfahren, sagt der Sportsoziologe Gunter Gebauer.
Moderne Olympische Spiele sind längst nicht mehr nur sportliche Wettkämpfe. Die Gastgeberländer nutzen die Gelegenheit oft zur Selbstinszenierung und zur Demonstration der eigenen politischen und wirtschaftlichen Potenz. Genau weil die chinesische Regierung alles getan habe, um das Politische auszublenden, sei das Ganze dann sehr politisch geworden, sagt der Philosoph und Sportsoziologe Gunter Gebauer.
Verkitschter Beethoven
Von der Abschlussfeier am Sonntag zeigt sich Gebauer enttäuscht, obwohl Technik und Umsetzung brillant gewesen seien.
Stattdessen gab es "Freude, schöner Götterfunken" aus Beethovens Neunter Symphonie "in Endlosschleife und in einer furchtbaren Version gespielt, runtergekitscht wie Warenhausmusik", sagt Gebauer. Mit der Aussage der Neunten Symphonie habe das nichts zu tun gehabt.
"Beethoven hat damit eine Botschaft der Befreiung, im Sinne der Aufklärung, in die Welt gebracht. Deswegen wird das ja immer wieder gespielt bei entsprechenden politischen Gelegenheiten. Das hat hier nicht hingehauen."
Machtverlust des IOC-Präsidenten
Der Filmregisseur Zhang Yimou ist für die Inszenierung der Eröffnung und der Abschlussfeier zuständig gewesen, genauso wie bei den Olympischen Spielen in Peking 2008. Von Yimous Kunst und seinen starken filmischen Aussagen habe er hier nichts gesehen, sondern "nur Illustration", sagt Gebauer.
In Peking sei klargeworden, dass das IOC seine Macht über die Spiele an die Veranstalter abgegeben habe. "Das passiert sonst nicht. Normalerweise tritt das IOC herrisch auf und stellt Forderungen, davor fürchten sich alle Veranstalter."
Hier habe sich IOC-Präsident Thomas Bach sogar so klein gemacht, dass er in seiner Eröffnungsansprache Staatschef Xi Jinping wörtlich zitiert habe. Das IOC befand sich in der Rolle eines Dienenden, genauso wie 2014 in Sotschi, sagt Gebauer.
(rja)