Abseits der kommerziellen Kunstszene
Das New Yorker Goethe-Institut hat an diesem Wochenende seine Kunstdepandance mit neuem Konzept eröffnet. Das "Ludlow 38" in der Lower East Side von Manhattan wird jetzt immer ein Jahr lang von einem deutschen Gastkurator bespielt.
Nur noch ein paar Monate bleiben dem Schriftsteller und Programmdirektor des New Yorker Goethe-Instituts Stephan Wackwitz, bevor er im Sommer die Stadt verlässt und ans Goethe-Institut Tiflis in Georgien wechselt. Und weil Stillstand nicht zum Vokabular eines engagierten Programmmachers gehört, hat er ein Format, das er selbst vor drei Jahren begonnen hat, kurz vorm Abschied noch einmal konsequent verändert. Drei Jahre lang hatte der kleine Raum für zeitgenössische Kunst, das "Ludlow 38" – deutsche Kunstvereine präsentiert. Doch drei Jahre können in New York sehr lang sein – für Stephan Wackwitz zu lang:
"Wir hätten natürlich jetzt noch den vierten, fünften, sechsten, siebten und achten Kunstverein machen können, aber wir dachten, es ist vielleicht interessanter, auch für New Yorker interessanter, wenn man jetzt einfach junge Kuratoren holt, denen die Chance gibt, auch dem New Yorker Publikum die Chance gibt, was zu sehen, was die sich so einfallen lassen und vor allem war unsere Überlegung, dass es so was noch nicht gibt."
"Sowas" – meint einen Ort, an dem Künstler vorgestellt werden, die in der kommerziellen Kunstszene oder in den Sammlungen der Museen nicht oder kaum vertreten sind. "Ludlow 38" ist keine Verkaufsgalerie im klassischen Sinn – sondern soll ein Informations- und Experimentierort sein. Das jedenfalls wünscht sich Tobi Maier. Er war Kurator beim Frankfurter Kunstverein und hat gemeinsam mit Stefan Kalmár "Ludlow 38" betreut, als der Kunstraum noch von deutschen Kunstvereinen betrieben wurde. Jetzt ist er als Gastkurator erstmals allein verantwortlich:
"Wir haben auch schon in den letzten Jahren immer viele Künstler gezeigt, die historische Positionen darstellen, also aus Osteuropa, Lateinamerika, Künstler, die in den 40er Jahren geboren sind und hier in New York sehr unbekannt sind. Viele junge Künstler zeigen heute schon in kommerziellen Galerien in Chelsea oder sogar hier in der Lower East Side. Ich bin generell nicht dagegen, junge deutsche Künstler zu zeigen. Aber wir können darüber hinaus auch viel machen, ohne dass wir uns auf das Alter oder auf die Nationalität in unserem Kuratorischen zu begrenzen."
In seiner ersten Ausstellung präsentiert Tobi Maier im schmalen Ladenraum zwei Künstler, die beide mit Schrift und Sprache arbeiten: akustische und typografische Arbeiten konkreter Poesie des Deutschen Franz Mon und Computerkunst des Brasilianers Walter Cordeiro aus dem Jahr 1973. Der klassische nationale Ansatz, Kunst aus Deutschland zu zeigen funktioniert in Zeiten der Globalisierung ohnehin nicht mehr.
"Es ist bekannt, dass zum Beispiel in Berlin Kunst und Kultur gemacht wird von Leuten aller Herren Länder und auch so ein Terminus wie Kultur oder Kunst aus Deutschland im Grunde schon gar nicht mehr der Tatsache Rechnung trägt, dass die Kunst aus Deutschland zum Teil einfach von Israelis oder Brasilianern oder anderen Nationalitäten gemacht wird, und ich glaube, das ist eine Situation, mit der sich nationale Kulturinstitute wie das Goethe-Institut aktiv auseinandersetzen müssen und die Experimente, die wir hier mit Unterstützung unserer Zentralverwaltung machen durften, die sind Suchbewegungen mit dieser Situation irgendwie was anzufangen und neue institutionelle Lösungen zu finden und ich glaube dass die nationalen Kulturinstitute generell in eine Phase der Experimente eintreten werden."
"Ludlow 38" ist eine von bereits 100 Galerien, die sich in der rasant verändernden Lower East Side angesiedelt haben. Das Viertel im Süden Manhattans, früher ein No-Go-Area, ist längst ein Beispiel für real gewordene Gentrifizierung, ein Wachstumsort für schicke Designerhotels, teure Geschäfte und viele Bars und Restaurants. Im Wochentakt öffnen neue Galerien, wächst die Konkurrenz zum klassischen Galerienviertel in Chelsea. Aber noch sind die ursprünglichen Einwohner des Viertels im Straßenbild zu sehen. Und auch die will Tobi Maier erreichen. Mit verschiedenen Organisationen will er zusammenarbeiten und Verbindungen zur Nachbarschaft knüpfen. Also raus aus dem "White Cube" – und rein ins "echte" Leben – ein prinzipiell lobenswerter Ansatz:
"Ich arbeite an einem Projekt mit dem Chinese Museum of Mind and Workers, weil wir sind hier natürlich umringt von chinesischen Wanderarbeitern und es ist sehr schwierig für uns, die als Öffentlichkeit zu erreichen und das versuchen auch keine der asiatischen Kulturorganisationen hier viel zu machen."
Noch allerdings sind die Gäste der Ausstellungseröffnung eher Freunde und Bekannte der Veranstalter oder einfach Kunstinteressierte New Yorker Galeriebesucher … aber "Ludlow 38" ist ja, wie gesagt, ein Experimentierraum. Ein Ort, der seine Funktion noch sucht. Wenn also Tobi Maier demnächst Arbeiten eines polnischen Filmemachers oder einer rumänischen Künstlergruppe zeigt, dann schaut ja vielleicht der eine oder andere chinesische Wanderarbeiter auch vorbei.
"Wir hätten natürlich jetzt noch den vierten, fünften, sechsten, siebten und achten Kunstverein machen können, aber wir dachten, es ist vielleicht interessanter, auch für New Yorker interessanter, wenn man jetzt einfach junge Kuratoren holt, denen die Chance gibt, auch dem New Yorker Publikum die Chance gibt, was zu sehen, was die sich so einfallen lassen und vor allem war unsere Überlegung, dass es so was noch nicht gibt."
"Sowas" – meint einen Ort, an dem Künstler vorgestellt werden, die in der kommerziellen Kunstszene oder in den Sammlungen der Museen nicht oder kaum vertreten sind. "Ludlow 38" ist keine Verkaufsgalerie im klassischen Sinn – sondern soll ein Informations- und Experimentierort sein. Das jedenfalls wünscht sich Tobi Maier. Er war Kurator beim Frankfurter Kunstverein und hat gemeinsam mit Stefan Kalmár "Ludlow 38" betreut, als der Kunstraum noch von deutschen Kunstvereinen betrieben wurde. Jetzt ist er als Gastkurator erstmals allein verantwortlich:
"Wir haben auch schon in den letzten Jahren immer viele Künstler gezeigt, die historische Positionen darstellen, also aus Osteuropa, Lateinamerika, Künstler, die in den 40er Jahren geboren sind und hier in New York sehr unbekannt sind. Viele junge Künstler zeigen heute schon in kommerziellen Galerien in Chelsea oder sogar hier in der Lower East Side. Ich bin generell nicht dagegen, junge deutsche Künstler zu zeigen. Aber wir können darüber hinaus auch viel machen, ohne dass wir uns auf das Alter oder auf die Nationalität in unserem Kuratorischen zu begrenzen."
In seiner ersten Ausstellung präsentiert Tobi Maier im schmalen Ladenraum zwei Künstler, die beide mit Schrift und Sprache arbeiten: akustische und typografische Arbeiten konkreter Poesie des Deutschen Franz Mon und Computerkunst des Brasilianers Walter Cordeiro aus dem Jahr 1973. Der klassische nationale Ansatz, Kunst aus Deutschland zu zeigen funktioniert in Zeiten der Globalisierung ohnehin nicht mehr.
"Es ist bekannt, dass zum Beispiel in Berlin Kunst und Kultur gemacht wird von Leuten aller Herren Länder und auch so ein Terminus wie Kultur oder Kunst aus Deutschland im Grunde schon gar nicht mehr der Tatsache Rechnung trägt, dass die Kunst aus Deutschland zum Teil einfach von Israelis oder Brasilianern oder anderen Nationalitäten gemacht wird, und ich glaube, das ist eine Situation, mit der sich nationale Kulturinstitute wie das Goethe-Institut aktiv auseinandersetzen müssen und die Experimente, die wir hier mit Unterstützung unserer Zentralverwaltung machen durften, die sind Suchbewegungen mit dieser Situation irgendwie was anzufangen und neue institutionelle Lösungen zu finden und ich glaube dass die nationalen Kulturinstitute generell in eine Phase der Experimente eintreten werden."
"Ludlow 38" ist eine von bereits 100 Galerien, die sich in der rasant verändernden Lower East Side angesiedelt haben. Das Viertel im Süden Manhattans, früher ein No-Go-Area, ist längst ein Beispiel für real gewordene Gentrifizierung, ein Wachstumsort für schicke Designerhotels, teure Geschäfte und viele Bars und Restaurants. Im Wochentakt öffnen neue Galerien, wächst die Konkurrenz zum klassischen Galerienviertel in Chelsea. Aber noch sind die ursprünglichen Einwohner des Viertels im Straßenbild zu sehen. Und auch die will Tobi Maier erreichen. Mit verschiedenen Organisationen will er zusammenarbeiten und Verbindungen zur Nachbarschaft knüpfen. Also raus aus dem "White Cube" – und rein ins "echte" Leben – ein prinzipiell lobenswerter Ansatz:
"Ich arbeite an einem Projekt mit dem Chinese Museum of Mind and Workers, weil wir sind hier natürlich umringt von chinesischen Wanderarbeitern und es ist sehr schwierig für uns, die als Öffentlichkeit zu erreichen und das versuchen auch keine der asiatischen Kulturorganisationen hier viel zu machen."
Noch allerdings sind die Gäste der Ausstellungseröffnung eher Freunde und Bekannte der Veranstalter oder einfach Kunstinteressierte New Yorker Galeriebesucher … aber "Ludlow 38" ist ja, wie gesagt, ein Experimentierraum. Ein Ort, der seine Funktion noch sucht. Wenn also Tobi Maier demnächst Arbeiten eines polnischen Filmemachers oder einer rumänischen Künstlergruppe zeigt, dann schaut ja vielleicht der eine oder andere chinesische Wanderarbeiter auch vorbei.