EU will Google an die Leine nehmen
Google hat eine zu beherrschende Marktstellung in Europa - das finden viele EU-Parlamentarier und stimmten deswegen heute für eine Resolution, mit der der US-Konzern aufgefordert werden soll, seine Suchmaschine neutral zu betreiben. Kritiker warnen vor übermäßigen Eingriffen in das Internet.
Wer irgendetwas im Internet finden will - der googelt. Das US-Unternehmen hat in der EU einen Marktanteil von fast 85 Prozent. Wer dann noch nach einer Karte sucht, der bekommt als erstes Suchergebnis Google Maps angezeigt, den Kartendienst des Unternehmens. Daran stört sich der spanische Liberale Ramon Tremosa:
"Google bevorzugt seine eigenen Dienste und sorgt so dafür, dass Konkurrenten weniger besucht werden."
Es geht also zum Beispiel darum, dass die Google-Suchmaschine als erstes auf das eigene Angebot umleitet. Tremosa hat deswegen zusammen mit dem deutschen Christdemokraten Andreas Schwab eine Resolution zu Verbraucherrechten im Internet in Europa initiiert. Die Mehrheit der Abgeordneten im Europaparlament hat heute Mittag dafür gestimmt.
Es geht in der Resolution zwar auch um andere digitale Themen, etwa eine Reform des Urheberrechts, die Umsetzung der europäischen Cloud-Computing-Strategie und der Kampf gegen Cyberkriminalität. Für das größte Aufsehen sorgt aber die Forderung nach einem "unbundling", einer Entflechtung der Suchmaschinen von den anderen kommerziellen Angeboten des Unternehmens.
Dass die Marktmacht von Google groß ist, darüber sind sich die meisten EU-Abgeordneten einig. Evelyne Gebhardt von den Sozialdemokraten spricht sogar von einer Verfälschung des Wettbewerbs im Internet, mit den Folgen, dass "sehr viele Start-ups, Dienstleister und andere keine Chance haben, einen wirklichen Zugang zu den Bürgerinnen und Bürgern zu bekommen, weil eine Marktbeherrschung durch einzelne Suchmaschinen da ist. Und das sollten wir wirklich im Klartext sagen."
Im Klartext der Resolution steht zwar nichts von Google - aufgrund der riesigen Marktanteile des Unternehmens ist aber allen klar, gegen wen sich die vorgeschlagenen Maßnahmen am meisten richten.
"Wir sind gegen Monopole"
In den USA hat der Vorstoß aus dem EU-Parlament bereits für Reaktionen gesorgt. Einige hochrangige Mitglieder aus dem US-Kongress haben einen Brief an EU-Parlamentspräsident Martin Schulz geschickt. Sie seien alarmiert, wegen - so wörtlich - "Vorschlägen, die sich gegen US-Technologiefirmen zu richten scheinen, Marktbarrieren schaffen und Innovationen behindern."
Dem widerspricht Mitinitiator Tremosa:
"Wir sind nicht gegen Google oder irgendwelche anderen US-Firmen. Wir sind gegen Monopole. Wir wollen eine faire und neutrale Internet-Suche im Interesse der Verbraucher."
Nicht alle Parlamentarier sind sich darüber einig, was aus der Resolution folgen soll. Der polnische Christdemokrat Michał Boni warnt vor übermäßigen Eingriffen in das Internet:
"Monopolisten fördern keinen gesunden Markt. Aber wir sollten nicht nach einem Sündenbock suchen, um unsere eigenen Schwächen zu erklären."
Google kann sich beim Europäischen Gerichtshof wehren
Die EU-Kommission ermittelt bereits seit mehreren Jahren gegen Google. Dabei hat der US-Internetriese zwar auch Zugeständnisse gemacht. Aber vielen reichen die nicht aus. Zum Beispiel wenn es darum geht, wo die eigenen Dienste unter den Suchergebnissen platziert werden, so Evelyne Gebhardt von den Sozialdemokraten:
"Die Europäische Kommission untersucht, sie untersucht, sie untersucht und untersucht immer noch. Seit Jahren. Und ich denke, es ist an der Zeit, dass die Europäische Kommission auch mal mit Ergebnissen kommt, in diesem Bereich."
Das soll jetzt auch ein Ziel der Resolution sein: Den Druck auf die Kommission und die zuständige Wettbewerbskommissarin Margarethe Vestager erhöhen. Mehr kann das EU-Parlament auch gar nicht tun. Gesetzgebungsverfahren oder Regulierungsmaßnahmen kann nur die Kommission in Gang bringen. Und selbst wenn die Kommission tätig würde, könnte sich Google dagegen beim Europäischen Gerichtshof wehren.