Achim Zons: "Beim Schrei des Falken"
C.H.Beck, München 2019
430 Seiten, 16,95 €
Blick in die Folterkeller von Assad
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Achim Zons steigt in seinem Politthriller "Beim Schrei des Falken" tief hinab in die syrischen Folterkeller. Das Buch ist eine drastische Anklage gegen die Verbrechen des Präsidenten Baschar al-Assad - und Zons macht einem das Wegsehen schwer.
Nicht jedem Thriller, der von einem Journalisten geschrieben wird und einen Journalisten als Hauptfigur hat, gelingt es, die Klippe eitler Selbstbeweihräucherung zu umschiffen. In dem Politthriller "Der Schrei des Falken" von Achim Zons gelingt das mühelos.
Auch in seinem zweiten Roman stellt Zons seinen Serienhelden, den Journalisten David Jakubowicz, mitten ins Dilemma journalistischer Berichterstattung. Ein Journalist erfährt von monströsen Verbrechen. Darf er in das Geschehen, das möglicherweise nur ihm verständlich ist, eingreifen? Oder muss er auch dann die strikte Neutralität des Berichterstatters wahren, wenn er Menschenleben retten könnte?
Unvorstellbare Qualen
David Jakubowicz, ehemals Asienkorrespondent der überregionalen Tageszeitung "DAZ", hinter der unschwer die Süddeutsche Zeitung zu erkennen ist, für die Achim Zons Jahre lang als leitender Redakteur tätig war, hat den Konflikt für sich längst entschieden. Im Gefängnis in Hongkong, wo er für eine Fahrerflucht einsaß, hatte er einen jungen syrischen Familienvater kennengelernt. Dieser sanfte, stille Mann musste unvorstellbare Qualen in den Folterkellern Bashir al Assads erdulden.
Nach seiner Haftentlassung sucht Jakubowicz die Familie seines syrischen Freundes in Damaskus auf, um ihr vom Schicksal ihres Verwandten zu berichten. Dort wird er Zeuge eines Attentats, bei dem der charismatische Führer der demokratischen syrischen Opposition in die Luft gesprengt wird.
Darf man einen Diktator töten?
Zu Beginn des Romans befindet sich Jakubowicz in einem Schweizer Spital, um seine Traumata zu bearbeiten. Dort wird er vom Bundesnachrichtendienst befragt. Nach und nach schält sich heraus, dass nicht nur Jakubowicz, sondern auch seine Vernehmerin Tilda Hansson eine eigene Agenda verfolgt. Im Kern stehen beide vor der Frage der Widerstandskämpfer vom 20. Juli: Darf man, muss man sogar den Diktator töten, wenn es keine andere Abhilfe gibt?
In seinem Pageturner bedient Achim Zons einige wenige Genreklischees, über die man aber leicht hinweglesen kann: Er stellt in seiner Handlung brennende moralische Fragen, denen die Politik dank eigener Verstrickung und sogenannter übergeordneter Interessen ausweicht, mit der gebotenen Härte des Thrillers – und beantwortet sie.
Dieses Buch muss man auch deshalb lesen, weil es eine unmissverständliche und drastische Anklage der Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist, die der Massenmörder Assad täglich begeht. Zons macht einem das Wegsehen schwer. Und das ist gut so.
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