Ackermanns Rückzug ist ein "schwerer Schlag"
Die Arbeit von Josef Ackermann als Chef der Deutschen Bank sei sehr erfolgreich, meint Ulrich Hocker. Umso mehr bedauert der Präsident der Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz, dass Ackermann nicht in den Aufsichtsrat des Geldinstituts wechselt.
Hanns Ostermann: Es ist fast immer so, wenn Führungskräfte stürzen: Die Karriere endet schnell und wenig rühmlich. Mit Josef Ackermann, dem Chef der Deutschen Bank, geht es steil bergab: Ich werde im kommenden Jahr nicht in den Aufsichtsrat wechseln, teilte er mit. Außerdem wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft München gegen den Schweizer ermittelt. Sie wirft ihm vor, als Zeuge im Prozess gegen seinen Amtsvorgänger Rolf Breuer die Unwahrheit gesagt zu haben. Über den verpatzten Abgang Ackermanns möchte ich mit dem Präsidenten der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, mit Ulrich Hocker sprechen. Guten Morgen, Herr Hocker!
Ulrich Hocker: Guten Morgen, Herr Ostermann!
Ostermann: Besteht da eigentlich ein Zusammenhang zwischen dem Verzicht auf den Aufsichtsratsposten und den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft?
Hocker: Ich glaube, man könnte höchstens von einem indirekten Zusammenhang sprechen, denn der Hauptgrund ist wohl der, dass Herr Ackermann nicht seine notwendigen 25 Prozent Aktionäre zusammenbekommen hat, die er braucht, um direkt vom Vorstand in den Aufsichtsrat zu wechseln. Es ist so: Er musste sich Aktionäre suchen, und da sucht er sich natürlich als Erstes mal die großen institutionellen Anleger in England und Amerika und fragt dort an, ob die für ihn waren, und meiner Erfahrung nach ist es doch so, dass gerade diese Anleger sehr vorsichtig reagieren, wenn es staatsanwaltliche Untersuchungen gegen die betreffende Person gibt. Also indirekt könnte es sich ausgewirkt haben.
Ostermann: Möglicherweise haben diese Großanleger also kalte Füße bekommen. Ist dann die Argumentation Ackermanns – die Aktionäre zu überzeugen, dazu fehle ihm die Zeit –, ist das aus Ihrer Sicht eine plausible Erklärung?
Hocker: Ich glaube, das ist erst mal eine Schutzbehauptung. Was da ganz dran richtig ist, wissen wir nicht. Vielleicht hat er es gar nicht versucht, vielleicht hat er auch nicht die Zeit, aber grundsätzlich gibt er zu, dass er nicht die 25 Prozent hat.
Ostermann: Herr Hocker, was bedeutet der Rückzug Ackermanns für die Deutsche Bank?
Hocker: Ich glaube, das ist ein schwerer Schlag für die Deutsche Bank. Sehen Sie, Herr Ackermann war ein erfolgreicher Führer der Deutschen Bank, hat die Bank, die einzige – jetzt kleingeschrieben – deutsche Bank, die die globale deutsche Industrie noch begleiten kann, durch alle Krisen geführt, und hat also nie einen Euro vom Staat Subvention bekommen. Er hat also immer erfolgreich gearbeitet, auch wenn man seine Arbeit im Bereich der Kommunikation letztendlich schon, da und dort schon ein bisschen tadeln kann.
Ostermann: Mit der Kommunikation meinen Sie das Victory-Zeichen vor einigen Jahren zum Beispiel?
Hocker: Ja, das Victory-Zeichen, das war immer ein Desaster, wenn er von seinen geschriebenen Texten abging und selbst Reden sprach, er wich ab und hat meistens mit Ihnen oder Ihren Kollegen letztendlich dann ein wenig Streit bekommen.
Ostermann: Sie haben Josef Ackermann eben ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt, aber muss man ihm nicht auch vorwerfen, eine Art Kasino-Kapitalismus hoffähig gemacht zu haben?
Hocker: Sie sprechen jetzt den Bereich Investmentbanking an.
Ostermann: Ja.
Hocker: Investmentbanking ist sicherlich ein hochattraktiver Bereich. Er war natürlich vom Kapitalmarkt auch getrieben, Sie müssen bedenken, auch andere große Banken haben immer auf die Deutsche Bank geschielt. Er musste letztendlich den Kurs der Aktie hochtreiben, und dazu musste er Erträge machen, und da bot sich das Investmentbanking an. Da sah er: Das konnte er, er konnte die Investmentbanker auch anleiten, er kommt ja daher, und hat sicherlich damit die Deutsche Bank in einen Bereich reingetrieben, der volatiler in den Erträgen ist, möchte ich mal sagen, aber sehr erfolgreich war.
Ostermann: Immerhin musste sich Ackermann jetzt von einem Ziel bereits verabschieden wegen der Finanzkrise, nämlich vom Rekordgewinn von etwa zehn Milliarden Euro vor Steuern, das hatte er vor den Aktionären angekündigt. Und es könnte noch schlimmer kommen: In den USA muss die Deutsche Bank mit zahlreichen Schadensersatzklagen für wenige Hypothekengeschäfte kämpfen. Wie bewerten das die Aktionäre?
Hocker: Sie sehen, der Kurs der Deutschen Bank hat ja längst nicht mehr die herrlichen Höhen, die er mal hatte. Die Aktionäre haben ja quasi durch Verkauf diese Sache schon bewertet. Aber man muss ihm zu Ehren sagen: Also diese Finanzmarktkrise in der Schärfe, die konnte nun keiner vorausahnen. Aber Sie sehen: Die Aktionäre haben reagiert.
Ostermann: Mit welchen Reaktionen rechnen Sie bei den Anlegern? Man kann doch davon ausgehen, dass Josef Ackermann jetzt so etwas wie eine lahme Ente ist, oder sehen Sie das anders?
Hocker: Meistens ist es so. Man hat es genau gesehen an seinem Vorgänger, der Herrn Ackermann zu früh vorgestellt hat und letztendlich dann weniger beachtet wurde. Herr Ackermann ist jetzt nach der Erklärung nicht mehr erster Ansprechpartner. Jetzt werden die großen Kunden, werden die großen Analysten natürlich auf die beiden Nachfolger schielen und mit denen ins Gespräch kommen.
Ostermann: Neuer Aufsichtsratschef wird Allianz-Finanzvorstand Paul Achleitner, er erhielt viel Vorschusslorbeeren – bei Ihnen auch?
Hocker: Ja. Als Erstes, muss ich sagen, wäre mir natürlich dieser … der Insider Ackermann sehr viel lieber gewesen, aber wenn er schon nicht kommt, dann muss man den Nächstbestmöglichen suchen, und das ist zweifelsohne Paul Achleitner, der eben, das darf man auch nicht vergessen, aus alter Zeit auch aus dem Investmentbanking kommt, und damit diese sicherlich gefährlichen Investmentbanker beaufsichtigen kann. Außerdem ist er weltweit auch so vernetzt, dass er ohne Weiteres diese Position ausfüllen kann.
Ostermann: Unter dem Strich: Welche Perspektive, vermuten Sie, hat die Deutsche Bank? Kommt sie aus dem Strudel so ein bisschen wieder raus?
Hocker: Die Deutsche Bank ist die stärkste deutsche Bank und hat Reserven, sie hat hervorragende Köpfe, sie muss hervorragend auch geführt werden durch die beiden Vorstandssprecher Jain und Fitschen, aber es ist jetzt auch wichtig, dass der Aufsichtsrat aus den Schlagzeilen kommt, wie er immer wieder war, und ich glaube, dafür ist Paul Achleitner geeignet.
Ostermann: Ulrich Hocker war das, der Präsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Herr Hocker, danke für das Gespräch!
Hocker: Herr Ostermann, ich danke Ihnen!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Ulrich Hocker: Guten Morgen, Herr Ostermann!
Ostermann: Besteht da eigentlich ein Zusammenhang zwischen dem Verzicht auf den Aufsichtsratsposten und den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft?
Hocker: Ich glaube, man könnte höchstens von einem indirekten Zusammenhang sprechen, denn der Hauptgrund ist wohl der, dass Herr Ackermann nicht seine notwendigen 25 Prozent Aktionäre zusammenbekommen hat, die er braucht, um direkt vom Vorstand in den Aufsichtsrat zu wechseln. Es ist so: Er musste sich Aktionäre suchen, und da sucht er sich natürlich als Erstes mal die großen institutionellen Anleger in England und Amerika und fragt dort an, ob die für ihn waren, und meiner Erfahrung nach ist es doch so, dass gerade diese Anleger sehr vorsichtig reagieren, wenn es staatsanwaltliche Untersuchungen gegen die betreffende Person gibt. Also indirekt könnte es sich ausgewirkt haben.
Ostermann: Möglicherweise haben diese Großanleger also kalte Füße bekommen. Ist dann die Argumentation Ackermanns – die Aktionäre zu überzeugen, dazu fehle ihm die Zeit –, ist das aus Ihrer Sicht eine plausible Erklärung?
Hocker: Ich glaube, das ist erst mal eine Schutzbehauptung. Was da ganz dran richtig ist, wissen wir nicht. Vielleicht hat er es gar nicht versucht, vielleicht hat er auch nicht die Zeit, aber grundsätzlich gibt er zu, dass er nicht die 25 Prozent hat.
Ostermann: Herr Hocker, was bedeutet der Rückzug Ackermanns für die Deutsche Bank?
Hocker: Ich glaube, das ist ein schwerer Schlag für die Deutsche Bank. Sehen Sie, Herr Ackermann war ein erfolgreicher Führer der Deutschen Bank, hat die Bank, die einzige – jetzt kleingeschrieben – deutsche Bank, die die globale deutsche Industrie noch begleiten kann, durch alle Krisen geführt, und hat also nie einen Euro vom Staat Subvention bekommen. Er hat also immer erfolgreich gearbeitet, auch wenn man seine Arbeit im Bereich der Kommunikation letztendlich schon, da und dort schon ein bisschen tadeln kann.
Ostermann: Mit der Kommunikation meinen Sie das Victory-Zeichen vor einigen Jahren zum Beispiel?
Hocker: Ja, das Victory-Zeichen, das war immer ein Desaster, wenn er von seinen geschriebenen Texten abging und selbst Reden sprach, er wich ab und hat meistens mit Ihnen oder Ihren Kollegen letztendlich dann ein wenig Streit bekommen.
Ostermann: Sie haben Josef Ackermann eben ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt, aber muss man ihm nicht auch vorwerfen, eine Art Kasino-Kapitalismus hoffähig gemacht zu haben?
Hocker: Sie sprechen jetzt den Bereich Investmentbanking an.
Ostermann: Ja.
Hocker: Investmentbanking ist sicherlich ein hochattraktiver Bereich. Er war natürlich vom Kapitalmarkt auch getrieben, Sie müssen bedenken, auch andere große Banken haben immer auf die Deutsche Bank geschielt. Er musste letztendlich den Kurs der Aktie hochtreiben, und dazu musste er Erträge machen, und da bot sich das Investmentbanking an. Da sah er: Das konnte er, er konnte die Investmentbanker auch anleiten, er kommt ja daher, und hat sicherlich damit die Deutsche Bank in einen Bereich reingetrieben, der volatiler in den Erträgen ist, möchte ich mal sagen, aber sehr erfolgreich war.
Ostermann: Immerhin musste sich Ackermann jetzt von einem Ziel bereits verabschieden wegen der Finanzkrise, nämlich vom Rekordgewinn von etwa zehn Milliarden Euro vor Steuern, das hatte er vor den Aktionären angekündigt. Und es könnte noch schlimmer kommen: In den USA muss die Deutsche Bank mit zahlreichen Schadensersatzklagen für wenige Hypothekengeschäfte kämpfen. Wie bewerten das die Aktionäre?
Hocker: Sie sehen, der Kurs der Deutschen Bank hat ja längst nicht mehr die herrlichen Höhen, die er mal hatte. Die Aktionäre haben ja quasi durch Verkauf diese Sache schon bewertet. Aber man muss ihm zu Ehren sagen: Also diese Finanzmarktkrise in der Schärfe, die konnte nun keiner vorausahnen. Aber Sie sehen: Die Aktionäre haben reagiert.
Ostermann: Mit welchen Reaktionen rechnen Sie bei den Anlegern? Man kann doch davon ausgehen, dass Josef Ackermann jetzt so etwas wie eine lahme Ente ist, oder sehen Sie das anders?
Hocker: Meistens ist es so. Man hat es genau gesehen an seinem Vorgänger, der Herrn Ackermann zu früh vorgestellt hat und letztendlich dann weniger beachtet wurde. Herr Ackermann ist jetzt nach der Erklärung nicht mehr erster Ansprechpartner. Jetzt werden die großen Kunden, werden die großen Analysten natürlich auf die beiden Nachfolger schielen und mit denen ins Gespräch kommen.
Ostermann: Neuer Aufsichtsratschef wird Allianz-Finanzvorstand Paul Achleitner, er erhielt viel Vorschusslorbeeren – bei Ihnen auch?
Hocker: Ja. Als Erstes, muss ich sagen, wäre mir natürlich dieser … der Insider Ackermann sehr viel lieber gewesen, aber wenn er schon nicht kommt, dann muss man den Nächstbestmöglichen suchen, und das ist zweifelsohne Paul Achleitner, der eben, das darf man auch nicht vergessen, aus alter Zeit auch aus dem Investmentbanking kommt, und damit diese sicherlich gefährlichen Investmentbanker beaufsichtigen kann. Außerdem ist er weltweit auch so vernetzt, dass er ohne Weiteres diese Position ausfüllen kann.
Ostermann: Unter dem Strich: Welche Perspektive, vermuten Sie, hat die Deutsche Bank? Kommt sie aus dem Strudel so ein bisschen wieder raus?
Hocker: Die Deutsche Bank ist die stärkste deutsche Bank und hat Reserven, sie hat hervorragende Köpfe, sie muss hervorragend auch geführt werden durch die beiden Vorstandssprecher Jain und Fitschen, aber es ist jetzt auch wichtig, dass der Aufsichtsrat aus den Schlagzeilen kommt, wie er immer wieder war, und ich glaube, dafür ist Paul Achleitner geeignet.
Ostermann: Ulrich Hocker war das, der Präsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Herr Hocker, danke für das Gespräch!
Hocker: Herr Ostermann, ich danke Ihnen!
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