ADAC

"Auf jeden Fall den Vereinsstatus erhalten"

ADAC-Autos stehen auf einem Parkplatz
Die Wirtschaftsbereiche des Automobilclubs bräuchten eine "richtige Geschäftsführung", sagt der Sprecher des ADAC-Beirats, Jürgen Heraeus. © Karl-Josef Hildenbrand dpa / picture-alliance
Jürgen Heraeus im Gespräch mit Hanns Ostermann |
Der Sprecher des ADAC-Beirats, Jürgen Heraeus, hält eine strikte Ausgliederung der wirtschaftlichen Aktivitäten des Autofahrerclubs für notwendig. Nur so könne der Vereinsstatus erhalten werden. Außerdem müsse die Arbeit des Vereins stärker durch Aufsichtsrat und Geschäftsführung kontrolliert werden.
Hanns Ostermann: "Zurück in die Spur", das ist das Motto der Hauptversicherungsvertrag der Hauptversammlung des ADAC in Saarbrücken. Deutschlands größter Verein steht mit dem Rücken zur Wand. Beim Autopreis "Gelber Engel wurde manipuliert, Rettungshubschrauber dienten privaten Zwecken, bei Pannenhelfern gab es fragwürdige Vergütungsmodelle. Um aus der vielleicht tiefsten Krise herauszukommen, wurde ein Beirat berufen. Der soll den Weg weisen, vor allem auch, um das tief erschütterte Vertrauen der Mitglieder zurückzugewinnen. Jürgen Heraeus ist der Sprecher dieses Gremiums. Ich wollte zunächst von ihm wissen – er ist auch übrigens Chef von Unicef Deutschland und Unternehmer – wie groß ist denn jetzt die Bereitschaft der ADAC-Führung, die Fehler wirklich zu korrigieren?
Jürgen Heraeus: Die Bereitschaft der ADAC-Führung muss man jetzt differenzieren. Die der Führung in München, vom Headquarter, die ist sehr groß. Die Bereitschaft der Gaue ist da, wobei man noch nicht so ganz weiß, ob die wissen, was das heißt, was alles auf sie zu kommt.
Ostermann: Was meinten Sie gerade mit Gauen?
Heraeus: Es ist ja kein Konzern, der ADAC, sondern das ADAC besteht aus zunächst mal 19 verschiedenen Einheiten, also der Zentrale in München und 18 Gaue, die nennen sich so. Also ein föderales System, und jeder weiß, also Südbayern und Nordrhein-Westfalen und Berlin und so weiter, sind eigene Vereine mit eigener Rechtspersönlichkeit, mit eigener Geschäftsführung, mit eigenen Präsidenten, die keine Weisung entgegennehmen müssen von der Zentrale in München. Also Herr Kaeser bei Siemens hat es sehr viel einfacher. Der trennt sich von zwei Vorstandsmitgliedern, und wer nicht spurt, der muss das Unternehmen verlassen. Das geht beim ADAC nicht.
Ostermann: Das ist ein Beispiel für die schwierige Aufgabe, die Sie derzeit zu stemmen haben. Auf ein anderes Problem macht Edda Müller von Transparency International aufmerksam. Sie sagte, ich habe immer noch nicht einen hundertprozentigen Überblick über die Finanzsituation des Vereins. Könnten Sie ihr da helfen?
Heraeus: Ja, das könnte ich, weil ich nun ein bisschen auch aus dem Fach komme. Hier gibt es zusätzliche Schwierigkeiten: Es gibt keine konsolidierte Bilanz, weil es ja kein Konzern ist, sondern es gibt ... es ist da auch kein einheitliches Rechnungswesen, das macht jeder Gau, jeder Verein nach einem ein bisschen anderen System, aber man kann natürlich die liquiden Mittel, die Investitionen in Finanzpapieren und so weiter addieren, und dann kommt man so auf Zahlen der Größenordnung, wie sie jetzt auch in der Zeitung genannt wurden.
Ostermann: Von welchen Summen war da die Rede? Ich habe sie im Augenblick nicht auf dem Schirm.
Heraeus: Da wird von 1,72 Milliarden gesprochen.
Ostermann: Sie verschaffen sich in dieser Anfangsphase natürlich zunächst einen Überblick, das ist ja völlig klar, und erst dann, wenn die Lage wirklich klar analysiert ist, dann können auch Konsequenzen gezogen werden. Aber bei diesen Problemen spielt der Vereinsstatus des ADAC eine wie große Rolle?
Heraeus: Ja, ich glaube, eine entscheidende. Soweit man das jetzt sehen kann von den Verantwortlichen, wollen sie auf jeden Fall den Vereinsstatus erhalten, das finde ich eigentlich auch gut und richtig, mit der Konsequenz, was muss ich separieren, was muss ich separat führen, damit der Kern des ADAC, so wie es ja auch früher war und wie es jetzt immer noch genehmigt ist, dass der Verein erhalten bleibt. Ich denke, das ist gut, und die zahlreichen wirtschaftlichen Interessen, die ja alle sehr erfolgreich, oder im Wesentlichen, glaube ich, erfolgreich gewesen sind und auch zu der Kapitalakkumulation geführt haben, die muss man separieren, die müssen separat geführt werden. Sie können auch nicht aus einem Ehrenamt geführt werden. Die müssen eine richtige Geschäftsführung oder Vorstand haben, müssen einen Aufsichtsrat haben, müssen Kontrolle haben, dass das nicht alles in sich selbst ist.
Ostermann: Der ADAC bangt ja um diesen Vereinsstatus. Der ADAC, in einem Bereich, der ja auch für das Vertrauen der Kunden gesorgt hat, der Autofahrer zum Beispiel. Das zuständige Registergericht berät nun schon seit Monaten diese Frage. Weil der Fall so kompliziert ist, oder weil man keine Zeit hat?
Heraeus: Nein. Ich sage mal, weil nicht nur der Fall kompliziert ist, sondern, wenn man hier zu Ergebnissen kommt, dass in toto der ADAC seinen Vereinsstatus verliert, dann kommt natürlich die Frage, was gibt es noch für große Vereine in Deutschland, die dann geprüft werden müssten nach denselben Regeln und dann möglicherweise ihren Vereinsstatus verlieren. Das ist ja nicht ohne Grund, ich meine, die Organisation des ADAC ist ja seit Jahrzehnten bekannt, und es gab immer ein Grummeln und Sagen, ist das eigentlich noch alles ein ideeller Verein? Und keiner hat sich da dran gemacht, auch die Politiker nicht, die jetzt manchmal groß tönen. Es hätte ja jeder gucken können. Das Registergericht hat es oft geprüft, und es ist immer genehmigt worden. Die haben auch Steuern bezahlt, sie haben auch keine Steuern hinterzogen und so weiter. Alles das hat rechtlich seinen Hintergrund. Ob das heute noch, bei der Größe, noch angemessen ist, das ist die Frage, und deswegen tut sich das Registergericht schwer.
Ostermann: Nehmen wir mal an, der ADAC verliert seinen Vereinsstatus. Sie haben die wirtschaftlichen Folgen für das Gesamtunternehmen eben schon angedeutet. Ich vermute jetzt einfach mal für mich als ADAC-Kunden bei einer Panne: Ich werde dann oder würde dann mehr zahlen? Oder sehe ich das falsch?
Heraeus: Mehr zahlen, ja, auf jeden Fall.
Ostermann: Weil es privatisiert werden müsste.
Heraeus: Ja, ja. Ja.
Ostermann: Es ist ein langer Prozess, den Sie begleiten, ein Prozess, der Kraft kostet. Wann könnte es erste Anzeichen geben, dass sich Ihre Tipps, Ihre Anregungen gelohnt haben.
Heraeus: Ich denke, bis zum Jahresende wird man wissen, in welche Richtung die ganze Sache gehen muss. Es muss dann Einigkeit erzielt werden von all den Beteiligten, und dann wird es noch eine Weile dauern, bis das umgesetzt wird. Es ist ja so, wissen Sie, Herr Ostermann, im Moment sind alle dafür – das ist bei jeder Reorganisation so. Wenn es dann aber an die Einzelpersonen geht, sagt man, ja Moment mal, das habe ich ja nun nicht gemeint, dass das jetzt meine Person betrifft. Das geht schon bei einem Umzug in einem Unternehmen oder bei Ihnen im Funk los, wenn einer seinen Arbeitsplatz von rechts nach links verlegen muss, findet er das gar nicht toll, obwohl er sagt, insgesamt müssen wir eigentlich mal hier was ändern.
Ostermann: Davon habe ich noch nie was gehört!
Heraeus: Nein, das denke ich mir!
Ostermann: Jürgen Heraeus war das, Unternehmer, Chef von Unicef Deutschland und Sprecher des ADAC-Clubbeirats. Danke und Ihnen eine hoffentlich auch ruhiges Wochenende.
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